Ausstellung - Unter dem Motto "30 Silberlinge - Kunst & Geld" präsentiert der Mannheimer Kunstverein Werke aus der Sammlung von Stefan Haupt

Moneten als schmackhaftes Menü für die Betrachter

Von 
Christel Heybrock
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Gefräßiges Sparschwein: Nikolaus Eberstallers "Marie Cochon".

© RI

Kunstsammler sind ja meist schrecklich betuchte, äußerst versierte und ernste, um nicht zu sagen humorlose Leute, zumindest was ihr Sammelgebiet betrifft. Meist sind sie fixiert auf eine Epoche, einen Stil, einen Künstler - aber auf Geld? Auf die Idee musste mal einer kommen: Kunst zu sammeln, die sich mit dem Thema Geld befasst. Ist Geld überhaupt inspirierend für Künstler, abgesehen davon, dass sie gerne mehr hätten?

Der Berliner Urheberrechtsanwalt Stefan Haupt beweist, dass rund ums Geld ein ganzer Urwald an Ideen, Geistesblitzen und aufmüpfigen Gesinnungen wuchert. Aus seiner mehrere hundert Werke umfassenden Kollektion sind im Mannheimer Kunstverein nun rund siebzig zu Gast, und da muss man schon ein bisschen umdenken: Es ist keine Parade der großen Namen, vielmehr reihen sich fast Unbekannte auf dem Niveau epochaler Persönlichkeiten ein. Und auch unter denen steht man schon mal ungläubig staunend: Was denn, Victor Bonato, dessen "Markenzeichen" die makellosen Spiegelverzerrungen sind, hat Geldkoffer mit geschredderten Banknoten gemacht, Aufschrift "Lohn der Arbeit"!?

Kreativität als Kapital

Auf eine ähnliche Idee ist Ingrid Pitzer mit einem "Geldkuchen" aus geschredderten Banknoten gekommen. Die Berliner Künstlerin widmet sich dem Thema Geld fast ausschließlich, auch mit dem Flammenwerfer. Welche Beziehung Joseph Beuys zu Banknoten hatte, gehört zum Standardwissen, seine Geldscheine mit der Handschrift "Kunst = Kapital" erinnern in der Schau daran, dass Ideen das eigentliche Kapital einer Gesellschaft sind.

Aber wem fällt es schon ein, Banknoten zu Schneckenhäusern, Sushirollen, Pillendosen oder Teebeuteln zu dröseln? Auch der New Yorker Bildhauer und Konzeptkünstler Barton Lidice Benes (1942-2012) ist hier (wie Ingrid Pitzer) fast unbekannt, zu Unrecht. Und wer ist dieser Wolfgang Nieblich, der wie auf einem Kaufhausklo einen Münzteller auf einen Hocker stellte, Pappschild "Die Kasse ist im Moment nicht besetzt"? Auch der ist in Berlin bekannter als als hier in der Region, schade!

Anarchischer Witz

Mit anderen Worten: Man kann in der Ausstellung auf Schritt und Tritt Entdeckungen machen, aber auch einfach den anarchischen Witz von Vollrad Kutschers "Filiale" (mit Säulchen aus Pfennigmünzen) oder von Daniel Spoerris "Wortfalle" genießen. Klaus Staeck darf nicht fehlen, Timm Ulrichs, Ottmar Hörl ("Schwarzgeld"-Portemonnaie), Laurence Weiner, Stefan Wewerka...

Ein Hingucker das präparierte, mit Geldscheinen ausgestopfte Hausschwein im Metallcontainer von Nikolaus Eberstaller ("Marie Cochon"). Eine hintersinnige Gemeinheit die mit Säure verätzten 50-Euro-Scheine des Berliner Trios Uwe Jonas/Peter Kees/Hans Winkler: "Wir machen mehr aus Ihrem Geld" - als Kunstobjekte übersteigen sie den Ausgangswert. Geht es in der Finanzbranche etwa anders zu? Ein bisschen schon, denn selten schickt die Polizei gleich neun Fahnder in ein Großunternehmen, in eine Berliner Galerie aber durchaus...

Doch auch die Idee mit der Säure wird noch getoppt durch die Zählmaschine des Medienkünstler-Duos Christa Sommerer + Laurent Mignonneau. "The Value of Art Sheep's Head" besteht aus einem aufwändig gerahmten Schafsgesicht, einem Lichtsensor, Drucker und Papierrolle: Jeder Besucher, der sich dem Objekt nähert, wird gezählt, mit jedem steigt der Kunst- (oder Geld-?)wert.

Kultur regional

Witzig: Kunst zum Thema Geld in Mannheim

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Freie Autorin MM Kulturredaktion 1974-2001, Fachgebiet Bildende Kunst

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