Musiktheater

Mixtur aus Broadway und seriöser Klassik

Zwei Werke von Gian Carlo Menotti erklingen beim dramatischen Opernabend der Musikhochschule Mannheim im Kulturhaus Käfertal

Von 
Raimund Frings
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Szene aus Gian Carlo Menottis Oper „The Medium“, die von Studierenden der Musikhochschule Mannheim im Kulturhaus aufgeführt wurde. © Christine Schiefer

Was für ein überraschend intensiver Opernabend! Zwei zu Unrecht selten gespielte Kurzopern des italo-amerikanischen Komponisten Gian Carlo Menotti kommen im Kulturhaus Käfertal zur Aufführung. Die Vorlage: Eine brodelnde Mixtur aus Broadway, Filmmusik, Puccini-Anklängen und zeitgenössischer Musik aus den späten 40er Jahren. Die Performer: Studierende der Musikhochschule Mannheim, die mit ihren Dozenten diese Werke als dramatisches Programm auf die Bühne bringen.

Das sehr kurze komödiantische Stück „The Telephone“ thematisiert atemberaubend aktuell die Kommunikationsdefizite einer Partnerschaft, die sich wesentliche Inhalte ihrer Liebesbeziehung nur noch fernmündlich zu vermitteln weiß. In der tragischen Oper „The Medium“ geht es um eine Kleinfamilie, die mit vorgetäuschten spiritistischen Sitzungen ein einträgliches Geschäftsmodell betreibt. Beeindruckend wie Gian Carlo Menotti die soziale Fragilität des tiefen Glücksbedürfnisses der Menschen kurz nach den Weltkriegen musikalisch umsetzt.

Menottis Kompositionsstil in beiden Werken: Unerschöpfliche Kombinationen aus allen Elementen der Zeit, mit sehr viel amerikanischem Temperament, doch auch durchaus klassisch und seriös durchstrukturiert. Längere, genussvoll ausgeführte Melodiestrecken wechseln mit furiosem, kontrastreichen Instrumenteneinsatz besonders der Bläser. Die sich ausbreitende Sprachlosigkeit der Moderne kompensiert der Amerikaner besonders in der zweiten Oper „The Medium“ durch splitternde Akkordfolgen oder chromatisch zerfallende Sequenzen. Das Hochschulorchester unter der Leitung von Sebastian Camano und Jasper Lecon hat jederzeit Zugriff auf die anspruchsvolle Partitur.

Saubere Melodieführung

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Veröffentlicht
Von
Martin Vögele und Jörg-Peter Klotz
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Fünf Sängerinnen stehen beim verdienten Applaus auf der Bühne, allesamt mit Sopranstimmen, die bis fast in den Altbereich unterschiedlich koloriert werden. Mit reifer selbstbewusster Stimm- und Körperpräsenz überzeugt Slavica Bozic als Madame Flora und Leiterin der Séancen in „The Medium“. Leidenschaftlich und mit sauberer Melodieführung steht Katrin Gietl als Tochter Monica nicht nach.

Michelle Nicklis und Manon Juergens zeigen mit kleineren Partien ebenfalls ansprechendes Niveau. Annick Mörths heller, verspielter Sopranpart als Lucy in „The Telephone“ wird befördert von schauspielerisch ansprechender Beweglichkeit und kecker Gestik. Stijn Ritzen, eigentlich Tenor, mimt den im Dialog resignierenden Partner Ben stimmig. Christian Jahraus glänzt mit pantomimischen Fähigkeiten in „The Medium“ als Darsteller des sprachlosen Waisenkinds Toby. Volltönend, klar klingt der Bass von Ljubomir Milanovic.

Trotz dichter Dramaturgie und hoher musikalischer Varianz bleiben alle Singstimmen individuell konturiert, ein Verdienst der Inszenierung von Andreas Baesler. Cosima Sophia Osthoff als Musikalische Leiterin sichert wie gewohnt das Niveau der Hochschulproduktionen. Viel zum Erlebnis trägt auch das Bühnenbild von Ruth Groß bei. Das beide Opern rahmende Hotelzimmer ist zwischen Jugendstil und Moderne eingerichtet. Hinter den Gardinen schimmert Edward Hoppers Gemälde „City Roofs“ als Metapher für eine Zeit, in der die Ängste und Verlorenheit der Menschen in industrieller Umgebung greifbar wird.

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