Heidelberg. "Ein Kompliment“, das populärste Lied der Sportfreunde Stiller, am Freitagabend voller Inbrunst mitgesungen von restlos begeisterten Fans in einem seit Monaten ausverkauften Saal – dieser Moment ist sicher einer der Höhepunkte in der noch jungen Geschichte des „neuen“ Heidelberger Karlstorbahnhofs (KTB). Das soziokulturelle Zentrum ist im Oktober 2022 vom Rande der Altstadt in den Heidelberger Süden gezogen. In eine für rund 20 Millionen Euro umgebaute Militär-Reithalle. Die anders als all die zu Kulturhäusern umfunktionierten Feuerwachen, Fabrikhallen, Bahn- und Schlachthöfe am Reißbrett alle Bedürfnisse des modernen Live-Betriebs berücksichtig. Also müsste der neue KTB einer Band auf Tournee ja nahezu ideale Voraussetzungen bieten. Oder?
Um diese Frage zu beantworten, treffen wir uns nach dem Konzert der Sportfreunde mit zwei Leuten, die viele Vergleichsmöglichkeiten haben: Flo Weber trommelt seit 1996 mit Sänger Peter Brugger. Er hat noch im Schwimmbad Musik Club gespielt, zweimal im alten Karlstorbahnhof. Zu den Hochzeiten des Trios sangen bei Rock am Ring Zehntausende die Hymnen der Münchner mit, nach der Fußball-WM 2006 feierten die Sporties am Brandenburger Tor mit der Nationalelf und Hunderttausenden. Genau so lange dabei ist der „vierte Sportfreund“ Marcus Liebscher, der Entdecker, Manager und Tourmanager der Band.
„Applaus, Applaus“ für das neue Haus
Von beiden gibt es „Applaus, Applaus“ für das neue Haus. Das Lob lässt sich vor allem auf den Nenner Großzügigkeit bringen. „Es war ganz, ganz toll hier heute angekommen zu sein. Keiner von uns hat damit gerechnet, dass es so gut ist, hier den ganzen Tag zu verbringen“, schwärmt Liebscher. Der Sportfreunde-Tross sei mit dem Nightliner-Schlafbus bereits um 8 Uhr morgens angekommen. Obwohl es rund um den Marlene-Dietrich-Platz kaum Cafés oder Anlaufstellen zum Bummeln gibt. „Das musste es auch nicht geben. Es ist eine sehr komfortable Umgebung“, sagt Liebscher. Nur Bassist Rüdiger „Rüde“ Linhof sei zum Laufen und mit dem Roller unterwegs gewesen.
"Fast wie Zuhause!"
Man habe sich total wohlgefühlt, „fast wie Zuhause!“ Dank Duschmöglichkeiten und „sensationellem Essen, gesund und hochwertig. Das Brot war halt ein Brot – knusprig“ Auch ein Verdienst von Timo Kumpf, der das Konzert mit dem KTB veranstaltet. Und der als Ex-Bassist von Get Well Soon die Bedürfnisse tourender Musikerinnen und Musiker aus eigener Erfahrung einschätzen kann. „Viele denken, beim Catering für Bands geht es um Quantität, dabei ist die Qualität wichtiger“, befindet Marcus Liebscher.
Beeindruckt zeigt sich der Manager, der unter anderem auch Christina Stürmer betreut, vom Kernstück des Hauses: „In einem relativ kleinen Saal, der theoretisch vielleicht 800, 900 Zuschauer fasst, so eine fette, tiefe Bühne zu haben, dass man so viel Technik an die Decke hängen kann – toll.“
Produktionsteam schwärmt
Flo Weber fand am alten Karlstorbahnhof die Lage toll. Der Saal ist ihm aber zu stadthallenartig. „Hier waren wir begeistert“, schwärmt der Drummer über den neuen KTB. „Es gibt viel Raum im Backstage-Bereich, was sehr von Vorteil ist, wenn man eine Mit-Band dabei hat und eine Crew. Das ist schön.“ Überall habe man viel Platz, hinter und auf der Bühne. Sie sei auch erstaunlich hoch, für einen nicht ganz so großen Raum. Das Produktionsteam habe total geschwärmt: „Die technischen Sachen, PA und Licht, waren toll.“ Auch dafür habe es viel Platz und wenig Hinderliches beim Verräumen gegeben.
Die Sportfreunde-Show ist wohl die bisher aufwendigste im neuen KTB. Auch atmosphärisch ist Flo Weber sehr angetan: „Der Raum hat uns von Anfang an angesprochen. Ich hatte Heidelberg nicht so euphorisch in Erinnerung. Es war ein blendender Abend für uns.“ Wie schon 2022 Mannheims Alte Feuerwache ein idealer Ort für eine Club-Tour, die den Sportfreunden nach fünf, sechs Jahren Bandpause auch dazu dient, sich als Trio endgültig wiederzufinden.
Hoffnung auf mehr Kapazität
Dass der Saal nur 713 Plätze fasst, findet Flo Weber schade. „Es wäre schön, man könnte die Kapazität noch erhöhen, wenn Feuerwehr und Ämter sehen, dass alles problemlos läuft.“ Das hofft auch KTB-Chefin Cora Malik: „Aber es wird wohl noch etwas Zeit brauchen.“
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