Comedy-Kritik

Mario Barth in Mannheim: Sein aktuelles Programm klingt nur divers

Der Berliner Komiker spielt in der ausverkauften SAP Arena „Männer sind Frauen, manchmal aber auch ... vielleicht!“ zum 20. Mal vor 10.000 Fans

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Jörg-Peter Klotz
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Der Berliner Komiker Mario Barth hat beim 21. Auftritt in der SAP Arena zum 20. Mal vor 10000 Fans gespielt und einen Sold-Out-Award bekommen. © Thomas Tröster

Mannheim. Mario Barth ist neuerdings divers. Irgendwie zumindest. Sein amtierendes Tour-T-Shirt ist Pink, in Textmarker-Intensität, und das aktuelle Programm heißt „Männer sind Frauen, manchmal aber auch ... vielleicht!“ Sehen wollen das in der auf den letzten Metern ausverkauften Mannheimer SAP Arena wieder einmal 10 000 Zuschauende. Was dem Berliner zum 20. Mal einen Sold-Out-Award einbringt – bei 21 Auftritten. Lange war der Komiker in Mannheim und vielen anderen Großstädten auf Doppel- und Dreifachauftritte abonniert und alleiniger Rekordhalter, was die Zahl der Auftritte im Unterhaltungsbereich in Mannheims größter Halle angeht. Inzwischen hat ihm Lokalmatador Bülent Ceylan mit 24 ausverkauften Shows den Rang abgelaufen.

Kein Gralshüter der Korrektheit

Nun mag Barth Pink tragen und den Programmtitel in grellorosa Leuchtbuchstaben in das wie immer opulente Bühnenbild integrieren. Ganz kompatibel zum Beispiel zur höchst kultursensiblen Programmgestaltung der Mannheimer Bundesgartenschau (Buga) dürfte die Zwei-Stunden-Show trotzdem nicht sein. Die startete zwar fast pünktlich, aber für viele, vor allem auswärtige Fans mit Hindernissen: Der Abfahrtverkehr von Buga und Maimarkt erschwert die Anfahrt zur Arena immens.

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Ob man in Mannheim Pink tragen dürfe? So leitet der Komiker den Abend ein. In Berlin könne man ja alles tragen. Man dürfe nur kein Bordell eröffnen, wenn man Layla heißt – höchstens Bärbel. Damit ist auf Anhieb klar: Zum Gralshüter der politischen Korrektheit ist Barth trotz Textmarker-Pink am Oberkörper nicht mutiert. Sehr zum Vergnügen seiner Fans, die tosend applaudieren. Für viele von Barths fast lustvoll populistischen Einlagen, die zumindest im Subtext klingen wie „Man wird ja wohl noch ,Layla’ singen, Fleisch essen und die Unterschiede zwischen Männern und Frauen ausschlachten dürfen.“

Darf man ja, sogar als 50 Jahre alter Mann vor 10 000 Menschen, die das bejubeln, und einem Millionenpublikum bei RTL. Die Live-Reaktionen sind heutzutage sogar deutlich eruptiver als bei seinen ersten Mannheimer Auftritten, die eher von einem Dauer-Giggeln begleitet wurden. Und bei denen manche Mann-Frau-Pointen einen ähnlichen Bart hatten wie verschimmelte Fips-Asmussen-Kassetten. Barth ist seitdem auch handwerklich besser geworden. Und er verkneift sich einige lange typische Eigenheiten, die ihn zum dankbaren Opfer für Parodien gemacht haben („Kennste? Kennste? Kennste“ fehlt und auch das Vorab-Begackern seiner nächsten Pointe kommt nur einmal vor).

Am Besten als handfester Berliner

Wenn er einfach den handfesten Berliner gibt, der trocken eskalierende Alltagssituationen zuspitzt, ist das oft sehr witzig, Etwa, als er bei der Geburt der Tochter seines besten Freundes wie die Jungfrau zur Vaterrolle kommt – und die daraus resultierende Unbill damit kontert, dass er dem armen Kind den Namen Bärbel-Mario verpasst. Auch das Treffen mit einem netten Proktologen (oder Urologen? Ihm doch egal) in der Luxus-Check-Up-Klinik und seinem rektal eingesetzten Ultraschallgerät schildert Barth, nun ja, so plastisch, dass viele brüllen vor Lachen.

Beim unvermeidlichen Mann-Frau-Dauerthema macht er immerhin wiederholt klar, dass die Damenwelt gar nicht so dämlich ist, wie es ihm ihr Verhalten nahelegt. Außer es geht um hyperkorrekte Sozialpädagoginnen wie Babsi. Die gebe allen Ernstes ein Übergabeprotokoll zum Hüten ihrer siebenjährigen Tochter aus. Deren Patenonkel aus eher unerfindlichen Gründen Barths Bühnenfigur ist. Die Vorgabe, wenn etwas geschaut werden müsse: Tierfilm, etwas mit Lerneffekt oder aus den 70ern, als die Welt noch in Ordnung war. Barths Wahl: „Der Weiße Hai“. Mit vorhersehbaren Folgen: Panik, etwa vor Duschwasser. „Ihr Männer seid alle gleich“, lautet hinterher Babsis Vorwurf. Was Barth durch eine Querrecherche beim Vater bestätigt wird, der mit „Rambo“ ähnliche Effekte erzielt hat. Barths Filmauswahl hat immerhin den gewünschten Lerneffekt: „Ins Meer rennt die Kleene nicht mehr.“

Wenn Babsi zu Besuch komme, werde er getriggert und fange automatisch an zu Grillen – „egal welchet Wetter ist.“ Für so etwas gibt es immer wieder tosenden Applaus, am lautesten bei Seitenhieben auf Klimakleber. Auch die für ihn überbehütete „Generation Feuchttuch“ bekommt mehrfach ihr Fett weg: „Feuchttücher“, raunzt er verächtlich, „das waren früher vollgespuckte Taschentücher von der Oma.“ Was dazu geführt hat, dass Barth alles vertrage und in Restaurant und Klinik bei Laktose, Gluten oder Nüssen fast Nachschlag verlange. „Ich könnte ooch Steine essen.“

Und ewig grüßen Männer und Frauen

In der kurzen Zugabe erklärt er, warum er das alles noch macht, obwohl er längst ausgesorgt haben müsste: „Weil mir der Job Spaß macht.“ Und weil viele Familien zu seinen Auftritten kämen: „Das sind die Momente, über die ihr später redet. Nicht über Netflix oder ein Xbox-Spiel.“ Sein Appell: „Geht mehr weg! Auch zu anderen.“ Und bevor er einen kleinen Ausblick auf sein nächstes Programm gibt, das gerade entstehe, macht er auch klar, dass sein Dauerthema in seinen Programmen immer zentral bleiben wird „so lange es Männer und Frauen gibt!“

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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