Musikhochschule

Mannheimer Akademie des Tanzes brilliert am Staatstheater Karlsruhe

Von großer Oper bis zu intimem zeitgenössischem Solo reicht der von Agnès Noltenius weit gespannte Bogen des Mannheimer Ausbildungsreigen der Akademie des Tanzes. In Karlsruhe gab es viel Applaus für deren neues Programm

Von 
Ralf-Carl Langhals
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Bestens vorbereitet zeigen sich Mannheims Ballettstudentinnen in William Forsythes legendärer Choreographie „In the Middle, Somewhat Elevated“. © Danilo Floreani

Mannheim/Karlsruhe. Er hat nur scheinbar etwas Programmatisches „Der Auftritt der Feen“ mit dem die Akademie des Tanzes der Mannheimer Hochschule für Musik und Darstellende Kunst ihr neues Programm eröffnet. Alle diese teils sehr jungen Menschen kommen mit dieser zarten, reinen Märchenwelt ästhetisch und fußwerklich ebenso gut zurecht wie mit der Musikalität Tschaikowskis. Die perfekte klassische Illusion von Leichtigkeit und ätherischer Schönheit, die über die Bühne des Kleinen Hauses des Badischen Staatstheater Karlsruhe schwebt, nimmt man den Jugendlichen sozusagen altersgemäß besonders leicht ab. Und natürlich zeigt der von Rosemary Helliwell nach Marius Petipa perfekt eingerichtete und adaptierte Ausschnitt aus dem Prolog des Märchenballetts „Dornröschen“ auch Feen, Elfen, Fliederfee (pointiert und fein: Natusha Tonouchi) und Kavaliere zuhauf. Ein großes Ensemblestück, das in jede klassische Ausbildung gehört und sitzt wie die Trikots, Tututs und geschnürte Ballettschuhe.

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Dass die Studierenden mehrerer Klassen - vom Vorstudium bis zur Master-Studiengang - in Mannheim noch mehr zu bieten haben, zeigt sich schnell. Mit „Sogno Trascendentale“ kommt mit dem fulminanten, rhythmisch vertrackten Auftritt Anna Lanes nicht nur ein pantomimisch wie gestisch forderndes Solo und eine AdT-Absolventin auf die Bühne. Mit Teresa Curotti zeichnet auch ein hauseigenes Gewächs für die Choreographie verantwortlich.

Körperwunder und Begabungen

Das gilt auch für den nächsten Beitrag, „Teil 4“ zu Quirin Brunhubers gleichnamiger Komposition. Charlotte Fenn hat für Master-Student Lars Gramlich ein kurzes Solo choreographiert, das auch eine Visitenkarte der gegenseitigen Hochbegabung ist. Er kommt liegend auf die Bühne geschossen, faltet sich dort mit der aufflammenden Energie eines Hexenmeisters klein, um als tänzerisches wie geometrisches Körperwunder in der nächsten Sekunde zwei Meter groß zu wirken.

In die Pause wird man mit einem „Wow“ und brausendem Applaus entlassen, zu Recht: Akademieleiterin Agnès Noltenius, einst selbst Solistin bei William Forsythe, hat mit sechs Damen und drei Herren seine berühmte Klassik-Absage „In the Middle, Somewhat Elevated“ aus dem Jahr 1987 einstudiert. Zum Schlagwerk von Thom Willems brilliert das Ensemble mit messerscharfen Zirkelbewegungen und aus der Armarbeit gewonnen Impulsen, mit denen die Tanzenden zu sich kühl ausbalacierenden Wippen werden.

Einen starken, aber nicht minder beeindruckenden Kontrast setzt Alexander Kalibachuk darauf klassenübergreifend mit seinen Schülern, die mit den (zumindest musikalisch) weltberühmten „Polowetzer Tänzen“ aus Borodins Oper „Fürst Igor“ Taiga und Tundra - und somit den Laden rocken. Von Volkstanz zu sprechen, verbietet sich fast bei dieser prallen Szene, ist sie doch eine komplette Mini-Show - jeder Opern- und Musicalbühne würdig.

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jab
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Es ist eben jene Vielseitigkeit, mit der die seit dem 18. Jahrhundert aktive Mannheimer Institution immer wieder zu überzeugen weiß. Dass ihre Absolventen von Klassik, bis Tanztheater, von Neoklassik bis Musical oder opernhafter Balletteinlage möglichst viele Bewegungssprachen sprechen können müssen, um professionell auf den Bühnen der Weltbestehen zu können, ist Ziel der Ausbildung. Kammertänzerin Birgit Keil hat als ehemalige AdT-Leiterin und Ballettdirektorin des Badischen Staatstheaters den Austausch mit Karlsruhe verdienstvoll angeregt und gepflegt. Agnès Noltenius hat ihn erweitert, präpariert ihre Absolventen für den breiten Markt und scheut sich auch nicht vor Kooperationen mit der lokalen Freien Szene.

So steht am Ende der Premiere des neuen Programms auch eine veritable Uraufführung. Jon Ole Olstad, Tänzer des Nederlands Dans Theater, hat sie mit beeindruckend neuem Material choreographiert. Sie trägt den schönen Titel „Einklang“, also einen, der den ganzen Abend beschreibt. Jetzt muss er nur noch, aber unbedingt auch nach Mannheim kommen …

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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