Mannheim. „Schwindelfrei“ heißt das Festival, das wie kein anderes ins sommerliche Mannheim passt. Tanz, Performance, Theater - spartenübergreifend treffen sich hier internationale Akteurinnen und Akteure aus dem Bereich der Darstellenden Kunst zu einem Happening an den bekannten Orten der freien Kulturszene in Mannheim, um unterschiedliche, existenzielle Themen der unmittelbaren Gegenwart zu bearbeiten.
Die Themenstellung ist dabei offengehalten, wie der Kurator der neunten Auflage des erfolgreichen Festivals, Dirk Förster, bei einem Pressegespräch betonte. Folgerichtig lautet der Titel „Was treibt euch um?“ „Schwindelfrei“, der Name ist Programm.
Drei feste Residenzen und eine internationale Gastresidenz
Das Festival besteht aus drei festen Residenzen, in denen die Akteurinnen und Akteure über die ganze Festivalzeit hinweg an einem Projekt arbeiten. Darüber hinaus gibt es eine internationale Gastresidenz. Des Weiteren finden an den verschiedenen Orten Einzelauftritte bekannter Tänzerinnen und Tänzer statt.
Drei Projekte unter dreißig eingereichten wurden dieses Jahr durch ein offenes Verfahren ausgewählt. Diese sogenannten Residenzen arbeiten bereits seit dem 24. Juni an der Realisierung ihrer Ideen, die dann bei der Festivaleröffnung am Donnerstag, 11. Juli, der Öffentlichkeit vorgestellt und bis Sonntag, 14. Juli, in Betrieb sein werden.
Diese Projektideen stammen von Cedrik Bauer. Er setzt sich in „Stille Tänze“ mit nonverbalen Kommunikationsformen im Tanz auseinander. Die Ausdrucksform des tanzenden Körpers kann oft Grenzen überwinden, die der Sprache gesetzt sind. Daran forscht Cedric Bauer im Theater Felina-Areal.
Zum neunten Mal in Mannheim
- Das Festival wird am Donnerstag, 11. Juli, eröffnet und dauert bis Sonntag, 14. Juli.
- Die Residenzgruppen: Agentur für neue Utopien (Mannheim), Cedric Bauer (Mannheim), SoBo Productions (Mannheim).
- Spielorte: EinTanzHaus, Theaterhaus G7, Theater Felina-Areal, zeitraumexit. Galerie Marquis Mami Wata, Unterer Luisenpark.
- Die Ticketpreise sind gestaffelt. Der Grundpreis beträgt 5 Euro, gern dürfen aber alle, die sich mehr leisten können und wollen auch mehr zahlen.
- Weitere Informationen, den Spielplan sowie das vollständige Programm in Deutsch, Englisch und Leichter Sprache auf der Festivalwebsite
Die Agentur für Utopien thematisiert das Collini-Center als einstiges Leuchtturmprojekt der Stadtentwicklung in den Räumen von Zeitraumexit in der Hafenstraße. Auf das Collini-Center stießen die Akteure aufgrund dessen ursprünglich als utopisch angedachter Idee der lebenswerten Stadt, eine Idee, die heute kaum mehr nachvollziehbar ist, deren Weiterführung im Kontext unserer Zeit jedoch besonders dringlich erscheint.
SoBo Productions (EinTanzHaus) arbeitet in „Slava“ mit Tänzern am Thema „Konflikt“. Darja Reznikova (Ukraine) und Sade Mamedova (Russland) treibt die Frage nach der künstlerischen Zusammenarbeit ohne nationale Zuschreibungen um. Gemeinsam entwickeln sie ein multiperspektivisches zeitgenössisches Tanztheater, das sich mit Krieg, Propaganda und Populismus auseinandersetzt.
Die Internationale Austauschresidenz im Theaterhaus TIG 7. „ihopeiwill“ ist eine Kombination von Installation und Tanz. Hinter dem etwas sperrig klingenden Namen der Akteure „Threeiscompany & Jaro Vinarsky verbirgt sich ein aus der Slowakei und Rumänien stammendes Künstlerinnenkollektiv.
Weitere Veranstaltungen im EinTanzHaus, Zeitraumexit und Felina-Areal
Außer den festen Projekten gibt es weitere Veranstaltungen an einzelnen Tagen an den genannten Orten, so zur Eröffnung am Donnerstag, 11. Juli, im EinTanzHaus die Radical Cheerleading. Zufit Simon ist eine Performerin und Choreografin aus Israel. Sie arbeitet in Berlin, Braunschweig und München. Ihre Stücke wurden auf internationalen, renommierten Festivals aufgeführt.
Am Sonntag, 14. Juli, gibt es im EinTanzHaus noch ein weiteres Event, nämlich der Auftritt von Lisa Bless und Anand Dhanakoti, die beide in Heidelberg, Berlin und Hamburg arbeiten. In „Embers - today is yesterday and tomorrow in another place“ geht es um das Thema der Dekolonisierung der Welt und die Klimakatastrophe. Kreiiert wird hier eine Situation, in der sowohl die Dystopie als auch die Utopie ihren Platz haben.
Sergey Shabohnin & Igor Shugaleev aus Minsk und Warschau treten am Samstag, 13. Juli, im Zeitraumexit auf. Hier geht es um die Frage, wie politisch Kunst in den schweren Zeiten, die die Menschen heute in Osteuropa erleben sein muss und was Künstler tun können, um die Proteste der Bürgerinnen und Bürger dort zu unterstützen.
Tornado Watch ist ein Tanzkollektiv aus Prag und Ungarn, das an zwei Abenden (13. und 14. Juli) im Felina-Areal auftreten wird. Auch hier ist das große Thema die Klimakatastrophe und die Frage nach individueller Verantwortung und Respektlosigkeit gegenüber der Natur.
Neue Orte: Unterer Luisenpark und Galerie Maquis Mami Wata
Zwei weitere Projekte an Orten, die bisher nicht in den Dunstkreis von „Schwindelfrei“ einbezogen waren, warten mit interessanten Einblicken auf. So der Untere Luisenpark. Das Tanzstück „Under my Gaze“ ist ein kraftvolles, poetisches Quartett von drei Personen und einem von Wind und Sonne bewegten Luftobjekt. Diese sogenannte Aerocene-Skulptur verkörpert die Kräfte, die uns umgeben. Sie verbindet die erdgebundenen Tänzer und Tänzerinnen mit der Dynamik des Windes. Das Projekt wurde von der Berliner Choreografin, Performerin und Forscherin Renae Shadler speziell für diesen Ort im Park entwickelt.
In der Galerie Maquis Mami Wata ist eine Installation zu sehen, die aus einem früheren Projekt der Residenzen (2022) entwickelt wurde. Die damalige Performance Mensch-Maschine ist dabei das Leitthema, das ganz aktuell in die Zeit passt, in der der Mensch immer mehr von der Maschine beherrscht wird und seine Autonomie ihr gegenüber zunehmend verliert.
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