Protest

Lesung im Mannheimer Nationaltheater: „Mein Iran in einem Jahr ist ein freies Land“

Die Lesung „Die Unbeugsamen“ im Nationaltheater Mannheim wirft einen Blick auf die aktuellen Ereignisse im Iran und ruft zu Solidarität mit der Protestbewegung auf

Von 
Martin Vögele
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In der ganzen Welt gehen Frauen auf die Straßen, um gegen Irans Regierung zu demonstrieren, hier vor dem iranischen Konsulat in Istanbul. © Emrah Gurel/AP/dpa

Vielleicht müsse man nur dieses eine Video sehen, „von deiner Mutter an deinem Grab, um eine Ahnung zu bekommen, welche Kluft deine Ermordung in das Leben deiner Liebsten reißt“, zitiert Bahare Beverungen im Werkhaus-Foyer des Mannheimer Nationaltheaters einen Text der Schriftstellerin Ronya Othmann. „Welche Zerstörung Diktaturen, in diesem Fall die Islamische Republik, der Gottesstaat, Terrorstaat, Staat von Mördern und Verbrechern, im Leben Einzelner anrichten“, fährt sie fort.

„Für Jina“ heißt der in der „FAZ“ veröffentlichte Nachruf auf Jîna Mahsa Amini – jene junge Frau, die am 13. September von der iranischen „Sittenpolizei“ festgenommen worden war, weil sie gegen die Regeln zum Tragen des Hidschabs in der Öffentlichkeit verstoßen haben soll. Drei Tage später starb sie in einem Krankenhaus. Der Tod der 22-jährigen Kurdin löste eine landesweite Protestbewegung aus, Bilder von brennenden Kopftüchern, von Frauen, die sich öffentlich die Haare abschneiden, gingen um die Welt.

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Von
Stefanie Ball
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„Die Unbeugsamen. Über den Aufbruch im Iran“ lautet der Titel der von Regieassistentin Nazli Saremi und Schauspielerin Sarah Zastrau initiierten und eingerichteten Lesung, die der Opfer gedenken und zur Solidarität mit den Protestierenden aufrufen will.

Die Ensemblespielerinnen Annemarie Brüntjen und Jessica Higgins sowie Bahare Beverungen – die die erste Mannheimer Solidaritätsdemonstration organisierte – tragen Texte der Journalistin Golineh Atai („Iran – die Freiheit ist weiblich“), des Dramatikers Mehdi Moradpour („Türme des Schweigens“) und der Dramaturgin und Theatermacherin Matin Soofipour Omam („Wolken über Teheran“) vor, zitieren ebenso Stimmen von Theaterschaffenden und iranischstämmigen Menschen.

Diese einzelnen Stränge fügen sich zu einem schmerzlich eindrücklich geschnürten Geflecht, aus dem die Willkür und Gewalt eines Unrechtsstaates herausklingt, der seine Menschen unterdrückt, foltert, missachtet. Aber es glimmt auch Hoffnung auf: „Mein Iran in einem Jahr ist ein freies Land“, sagt eine Frau in einer Toneinspielung. „Und dafür brauchen die Menschen Unterstützung.“

Saremi und Zastrau zeigen bei der Lesung in Kooperation mit den Münchner Kammerspielen und Theater Basel (am 24. Oktober folgt eine Münchner Ausgabe) konkrete Spenden- und Hilfemöglichkeiten auf, etwa, sich mit der Forderung nach einem Abschiebestopp in den Iran an die eigenen Wahlkreis-Abgeordneten zu wenden. Und sie bringen – mit eigenem Beispiel vorangehend – eine gemeinsame Solidaritätsaktion auf den Weg: Sich eine Haarsträhne abschneiden, sie in ein Kuvert zu stecken „und wir kümmern uns dann darum, dass das in der iranischen Botschaft in Frankfurt ankommt“, so Saremi. Kurz nachdem der – großteils im Stehen gespendete – Beifall verklungen ist, greifen die ersten aus dem Publikum zur Schere.

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