Digitale Werke - Frankfurts Museum Angewandte Kunst will die neue Technologie erklären

Kunst-NFTs – was ist das?

Von 
Christian Huther
Lesedauer: 
Digitalkunst: „Window Still Life 077“, mp4 von John Karel (jjjjjohn). © jjjjjohn

Seit zwei Jahren herrscht ein neuer Hype auf dem Kunstmarkt, angestoßen durch den intensiven digitalen Konsum während der Corona-Zeit. Im Internet bleibt zwar alles kopierbar, aber daneben lässt sich von jedem analogen Kunstwerk ein digitales Unikat namens NFT erzeugen. Dabei handelt es sich um „Non-fungible token“, nicht austauschbare Zertifikate, die den Besitzer, den Preis und den Kauf dokumentieren, zudem die NFT-Datei als digitales Original ausweisen.

Mit der Technik hofften die Künstler, wieder mehr Kontrolle über ihre Bilder im Internet zu bekommen. Aber es kam anders: Ein Boom um wenige Bilder mit extremen Preisen setzte ein. Das teuerste brachte 91,8 Millionen Dollar ein, besteht aber aus 312 000 Teilen. Wer mehrere Teile von Paks Bild „The Merge“ besitzt, läuft so Gefahr, dass sie sich selbst zerstören und daraus ein neues, größeres Werk entsteht.

Damit ist Spekulation nicht mehr lukrativ. Kein Wunder, dass sich vor allem unbekannte Künstler für die Technik begeistern, die noch ohne Galerien auskommt. Zudem verdienen Künstler auch am Weiterverkauf der Werke mit. Freilich trennt sich das NFT-Geschäft in zwei sehr unterschiedliche Teile. Die großen Geschäfte laufen über Auktionshäuser und Galerien. Rund zehn Prozent der Käufer und Verkäufer von NFTs generieren 90 Prozent des Umsatzes.

Digitale Zauberformel

  • NFTs gelten als neue Zauberformel der digitalen Welt. Doch die verschlüsselten Dateien können nicht nur von Kunstwerken erzeugt werden, sondern auch von Musik- und Theaterstücken, von Computerspielen und sogar von Fußball-Sammelkarten. Eine rare Ronaldo-Karte brachte vor einem Jahr 102 000 US-Dollar ein, eine 1976 uraufgeführte Performance von Robert Wilson und Philipp Glass ging kürzlich für 77 000 Euro weg.
  • Ausstellung: Museum Angewandte Kunst, Schaumainkai 17 in Frankfurt, bis 24. Juli. Di, Do und Fr 12-18, Mi. 12-20, Sa.-So. 10-18 Uhr; der Eintritt ist frei.
  • Internet: www.museumangewandtekunst.de, www.unblockgaudi.xyz

Spielerischer Zugang

Dagegen kosten, wie die F.A.Z. berichtet, 75 Prozent der NFTs nur 15 US-Dollar; lediglich ein Prozent der verkauften digitalen Dateien bewegt sich in einer Höhe von mehr als 1,5 Millionen US-Dollar. Derzeit läuft noch vieles über kleine Plattformen wie teia.art, fxhash.xyz oder objkt.com; vor dem Kaufen ist nur der Tausch von Kryptowährung nötig. Aber da gegenwärtig die Preise für analoge und digitale Kunst ähnlich hoch sind, hoffen Galerien und Auktionshäuser künftig auch auf gute Geschäfte.

Diese neue Technik greift jetzt das Frankfurter Museum Angewandte Kunst auf. Im Eingangsbereich ist eine Art Wohnecke eingerichtet; etliche Monitore bieten einen Einblick in die schöne neue Welt. „Unblock Gaudi. Digitale Kunst via Blockchain“ heißt die Schau, die auf den Spaß ohne blockierte Websites anspielt. Die Bilder wechseln fast täglich, insgesamt werden 3000 Werke von 1300 Künstlern gezeigt. Zwei Wochen lang können Nutzer abstimmen, welche Bilder zu sehen sind. Vieles ist basisdemokratisch; wer rassistische oder sexistische Inhalte verbreitet, fliegt raus. Von den wenigen gesehenen Werken – vom analog gemalten und dann eingescannten Bild bis zum mit Künstlicher Intelligenz generierten Werk – lässt sich kaum auf das Ganze schließen. Gute Kunst ist nicht immer darunter, aus einer mittelmäßigen analogen Pinselei wird noch lange keine gute Datei.

Doch wichtiger als die Schau ist das Begleitprogramm, das die Technologie für alle verständlich machen will. Sechs Vorträge und Podiumsdiskussionen thematisieren, was eine Blockchain ist und was es mit NFTs auf sich hat, wie Kryptowährungen funktionieren und wie Künstler ihre Werke digital anbieten. Später folgen zwei Workshops für Jugendliche in Deutsch und Englisch, die einen spielerischen Zugang zur Blockchain-Technologie versuchen. Allerdings finden nur zwei Vorträge und Diskussionen in Deutsch und vier in Englisch statt. Wenn die Technik einem breiten Publikum erklärt werden soll, müssen aber auch die Sprachhürden niedrig sein.

Aber was ist nun eine Blockchain? Eine dezentrale Verkettung von Datensätzen, die nur durch den Zusammenschluss einer Gruppe von Computernutzern funktioniert. Zwar wird ein Betreiber für die physische Sicherung der Daten benötigt, aber alle wichtigen Informationen liegen auf den Rechnern der Nutzer.

Juristisch heikel

Bisher ist das vor Hackern relativ sicher, weil jeder Block einige Kennzeichen des vorigen Blocks enthält. Folglich benötigt man die Daten von allen Blöcken, um die entsprechenden Seiten aufzurufen; auch kann kein einzelnes Element isoliert verändert werden. Freilich ist die Unterscheidung zwischen einer NFT-Datei als digitalem Original und allen anderen Dateien als Kopien juristisch heikel, da NFTs nicht durch eine Autorität, sondern nur durch eine Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer gesichert sind. Die Auktionshäuser wussten schon, warum sie das bei den großen Transaktionen erhaltene Kryptogeld rasch in echtes Geld umtauschten.

Freier Autor Als freier Kulturjournalist im Großraum Frankfurt unterwegs; Schwerpunkte sind bildende Kunst und Architektur. Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen