Sie gelten schon seit Jahren als künstlerische Aushängeschilder der kommunistischen Republik – und stellten im Mannheimer Rosengarten einmal mehr unter Beweis, weshalb. Denn die Tänzer der Compagnie Ballet Revolución kommen nicht nur aus Kuba – sie verkörpern ihre Heimat in jeder denkbaren Ausgelassenheit.
In der Quadratestadt sind die Tänzer des Inselstaates nun wahrlich keine Unbekannten und nutzten auch schon ihre Chance, die Gäste des Winterfestivals im Mozartsaal von sich und ihrer Kunst einzunehmen. Das alles jedoch vor Corona und einer Zeit, die kulturell wenig berauschend war. Wenn man so möchte, kehrt genau dieser karibische Rausch mit Ballet Revolución auch nach Mannheim zurück.
Wirkungsvolle Kontraste
Wer das Kollektiv einmal erlebt hat, der weiß, dass die Choreographien im Verlauf dieses Abends vieles mit sich führen, aber gewiss keinen biederen Uniformismus. Stattdessen reihen sich modern geschneiderte Outfits zwischen hautengem Body und lateinamerikanischer Tango-Robe in eine melodische Mixtur, die die heißen Vibrationen kubanischer Folklore formvollendet mit Chart-Hits zwischen Rag’n’Bone Man („Human“) und Hozier („Take Me To Church“), aber auch zeitlosen Erfolgen der Musikgeschichte („Roxanne“) vereint.
Dass sämtliches Liedgut hier nicht nur von einer hervorragenden Band live gespielt und gesungen wird, sondern sogar Details in das Programm eingewoben sind, die etwa der Songzeile „You don’t have to put on the red light“ den roten Flitterrock elegant anbeistellen, zeugt von einem Sinn fürs Feine, der gleichermaßen verführt wie fasziniert.
Zumal die Kleinigkeiten von der Wucht des großen Ganzen immer wieder wirkungsvoll kontrastiert werden. Das liegt bei Ballet Revolución nicht zuletzt an der schieren Vielfalt des Gebotenen – und die zeigt sich nicht nur am musikalischen Variantenreichtum, sondern auch an den choreographischen Ideen.
Glänzen eben noch mehr als ein Dutzend Tänzer in wuchtiger Akrobatik und formvollendeter Körperbeherrschung, ist die Bühne schon Sekunden später zu einem andachtsvollen Pas de deux geräumt. Faszinierend gestaltet sich dabei vor allem, dass die Tänzer diesen Kraftakt eines Programms nicht nur – wie für Ballett-Compagnien quasi selbstverständlich – im Zauber des Einfachen erscheinen lassen, sondern ihr Programm mit so viel Enthusiasmus präsentieren, dass man ihnen den Stolz an jeder gedrehten Zehenspitze ablesen kann. Oder mit anderen Worten: Was die Tänzerinnen und Tänzer dieses außergewöhnlichen Kollektivs präsentieren, ist nicht weniger als kubanischer Expressionismus par excellence.
Nach einem Weihnachtsfest, das weder witterungstechnisch noch weltpolitisch wirklich freudigen Zusammenhalt vermittelt hätte, kommt diese gar zauberhafte Mischung dem Mannheimer Publikum geradezu gelegen. Die Zuschauer jedenfalls zeigen sich durch bloßen Beifall nicht nur zufrieden: Sie feiern ein getanztes Schauspiel, das sich jedes Jubels verdient gemacht hat.
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