Show-Kritik

Wie die Yamato-Trommler im Mannheimer Rosengarten archaische Energie verbreiten

Beim neuen Programm "Tenmei" zum Auftakt des in diesem Jahr noch reduzierten Winterfestivals von BB Promotion lässt sich das Publikum von der Wucht der Rhythmusartisten anstecken

Von 
Markus Mertens
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Das japanische Trommler-Kollektiv Yamato im Rosengarten. © Markus Mertens

Mannheim. Es gibt unter den Kulturliebhabern der Region diejenigen, die es an den Festtagen besinnlich mögen und bei andachtsvollem Chorgesang voll und ganz auf ihre Kosten kommen. Und dann gibt es diejenigen, die an diesem Abend im Mozartsaal des Mannheimer Rosengartens sitzen. Denn pünktlich zum Auftakt des Winterfestivals von BB Promotion in alter Traditionsspielstätte gab es für die Besucher des Abends nicht nur auf die Ohren - sondern das auch noch auf die stilvollste Art und Weise.

Denn es sind die Trommler von Yamato, die mit ihrer neuen Show „Tenmei“ nach dem sprichwörtlichen Schicksal der Corona-Auszeit wieder um die Welt ziehen - und dabei auch in Mannheim lehren, von welcher Kunstfertigkeit die Trommelschläge dieses Kollektivs wirklich sind. Aller Anfang im Mozartsaal ist daher ein leiser, ja, fast schon filigraner. Zu hingehauchten Flötenklängen tanzen die Protagonisten des Abends mit illuminierten Laternen samt kalligraphischen Schriftzeichen in einem rituellen Kreis. Zuerst ganz langsam, dann wie in einer choreographierten Trance, behutsam, dann immer ausgelassener.

Bis die Trommelstöcke schließlich in den Händen fliegen, die Beine durch die Lüfte wirbeln und endlich Form annimmt, was an japanischen Energien nur darauf wartet, in Richtung Publikum losgelassen zu werden.

Steigerung als Prinzip

Das freilich ist bei Yamato so Einiges. Häufig nach dem Prinzip des Steigerungseffektes aufgebaut, beginnen viele der perkussiven Suiten mit nur einem einzigen Instrument, das - fast wie ein einsames Tier - in weiter Einsamkeit nach Hilfe ruft, um nach wenigen Minuten Unterstützung von seiner Herde zu erfahren. Was dabei den ganzen Abend über fasziniert, ist, mit welch selbstverständlicher Perfektion jeder Trommler auf dieser Bühne seine Taiko beherrscht. Wer jedenfalls im Spiel der Gewalten nach Mängeln in Klangmacht, Synchronität oder Tempo sucht, tut dies vergeblich.

Stattdessen dürfen zunehmend eingenommene Gäste die archaische Wucht fühlen, ohne die dieses Kaleidoskop getrommelter Entschlossenheit niemals zustande käme. Körperbeherrschung, der Sinn für den anderen und das Fundament fernöstlicher Trommelkultur - all das verschmilzt hier zu einem akustisch-visuellen Erlebnis, das ungeteilt begeistert gefeiert wird. Das geht sogar so weit, dass das Publikum die wilden Schreie, die den harten Hieben auf die Felle zahlloser Instrumente vorausgehen, kurzerhand mit zu verlängern. Schnell entsteht so eine Gemeinschaft, die gemeinsam nicht nur einen Kult feiert, sondern fast so etwas wie Stolz dabei verspürt.

Einer der Haupttrommler, der an der 500 Kilogramm schweren Odaiko-Trommel die Kraftverhältnisse klarstellt, bringt es exakt zur Pause auf den Punkt, als er sagt: „To play drums like this is intense“ - „So zu trommeln wie wir, ist intensiv“. So intensiv, dass all die Magie, die dahinterliegt, greifbar werden durfte. Was kann es an Weihnachten Schöneres geben?

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