Pop

Kreischende Fans und viel Nostalgie

Die Backstreet Boys sind nach drei Jahren zurück in der SAP Arena in Mannheim. Das überwiegend weibliche Publikum feiert sie frenetisch

Von 
Tanja Capuana
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Gealtert, aber immer noch so agil wie in den 1990er Jahren: Brian Littrell, Nick Carter, Kevin Richardson, Alexander James „A.J.“ McLean und Howie Dorough. © Thomas Tröster

Manchmal zieht man eine alte, bequeme Hose einem neuen, aber ungewohnten Beinkleid vor. Ähnlich verhält es sich bei den Backstreet Boys (BSB). Präsentiert die Band relativ frisches Material, wie etwa den mitreißenden R’n’B-Song „Passionate“, ist das ganz okay. Aber sobald Nick Carter, Kevin Richardson, Brian Littrell, Alexander James „A.J.“ McLean und Howie Dorough Hits aus den 1990er Jahren singen, zeigt sich das überwiegend weibliche Publikum am Montag in der ausverkauften SAP-Arena von seiner frenetischen Seite. Die Fans kreischen ohrenbetäubend, tanzen und singen aus voller Kehle mit. Nach dem digitalen Intro, das die Titel sämtlicher BSB-Alben über den Bildschirm flimmern lässt, werden die Bandmitglieder im Video in Szene gesetzt. Und schon geht’s los mit „Everyone“ und „I wanna be with you“.

Zwei Konzerte in Mannheim

„Wie geht’s?“, möchte Littrell in fast akzentfreiem Deutsch wissen. „Willkommen zur Backstreet Boys DNA World Tour, vielen Dank, dass Ihr heute Abend gekommen seid.“ Er stimmt die Ballade „Nobody Else“ an. Gleich zwei Konzerte geben die US-Amerikaner im Rahmen ihrer „DNA World Tour“ in Mannheim. Mehr als drei Jahre ist es her, als die die smarten Sänger das letzte Mal in der Quadratestadt zu Gast waren. Die Zeit ist nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen. Immerhin ist mit Carter das jüngste Mitglied bereits 42 Jahre alt, während Richardson 51 Lenze zählt. Doch bei ihrem Auftritt beweisen sie, dass sie sich noch immer stolz als „Boys“ bezeichnen dürfen, die versprechen, ihrer Liebsten niemals das Herz zu brechen.

Das spitzbübische Grinsen, mit dem Carter einst zum Mädchenschwarm wurde, hat er immer noch drauf. Sie bewegen sich noch immer so agil und geschmeidig zu ihren Choreografien, wie in ihren 20ern und 30ern. Die Nostalgie und das damit verbundene Gefühl, wieder jünger zu sein, ist wohl auch das, was viele der rund 11 000 Zuschauerinnen und Zuschauern besonders genießen. Zudem verspricht Littrell den treuen Fans: „Wenn Ihr uns schon mehrere Male gesehen habt, sorge ich dafür, dass ihr euch heute Abend wie zehn, zwölf oder dreizehn fühlt, okay?“.

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Das Konzept der Gruppe, vor allem die Klassiker auf die Bühne zu bringen und geschickt einzelne, neue Ohrwürmer einzustreuen, funktioniert. Wenn das Quintett die Schmusesongs „I want it that way“ oder „Quit playing games“ spielen, die nicht nur hierzulande Platz eins der Charts erreichten, fühlt man sich ein bisschen wie ein Teenager. Doch vor allem temporeiche Titel wie „Get Down“ und „The Call“ lassen die guten alten Zeiten wieder aufleben. Wenn A.J. McLean sich bei „We’ve got it goin’ on“ lasziv in den Schritt greift, wird es noch einen Tick lauter. Ihrem Hit „Everybody (Backstreet’s Back)“ verpassen sie eine ordentliche Portion Dancebeats, was das Original zeitgemäßer klingen lässt.

Im Hintergrund zeigt eine Computerleinwand, passend zum jeweiligen Lied, immer wieder Clips. Zu sehen sind etwa Landschaften, Grafiken oder Personen, während eine zweite Leinwand weiter vorne vor allem das Konzert in Echtzeit einfängt. Die Bühne mit den drei Ebenen sowie einem Hubpodest, bleibt in den rund zwei Stunden minimalistisch.

Wohlige Erinnerungen

Die Sänger setzen den Fokus auf ihre charakteristischen Stimmen, synchronen Tanzeinlagen sowie wohldosierte visuelle Effekte. Zu den wenigen Utensilien gehören die illuminierten Mikrofonständer und zwei Umkleideboxen. In diesen Containern ziehen sich Richardson und McLean in einer witzigen Szene auf der Bühne um. Damals hätten die Fans ihnen Slips zugeworfen, sagt der 44-Jährige und grinst. „Nun revanchieren wir uns.“ Sie katapultieren ihre Boxershorts gezielt in die jubelnde Menge.

Im Laufe des Abends sind die Künstler immer wieder einzeln auf der Bühne; Momente, die sie meist für Dankesworte nutzen. Für Pep sorgen auch häufige Outfitwechsel. Mal präsentieren sich die Sänger in edler schwarzer Kluft, dann im lässigen Streetstyle sowie zum Finale hin ganz in Weiß, eine Hommage an ihren Hit „I want it that way“.

Emotionen kommen auch nicht zu kurz. So läuft bei dem gefühlvollen „No place“ das offizielle Video, in dem sie zusammen mit ihren Familien zu sehen sind. Außerdem schwelgen sie in Erinnerungen an ihren ersten Trip nach Deutschland; sie amüsieren sich über ihre damaligen Frisuren, Brusthaar-Waxing und aufgemalte Kinnbärte. Nach den Zugaben „Don’t Go Breaking My Heart“ und „Larger than Life“ rieseln Papierschlangen auf die Zuschauer herab. Das Ende kommt schlagartig – und ohne Abschiedsworte. Fast wie Geister entschwinden die Boys. Zurück bleiben wohlige Erinnerungen.

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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