Diskussion - Maja Göpel und Klaus Töpfer stellen sich im Nationaltheater einem debattierfreudigen Publikum

Kräftiger Beifall für klare Kante

Von 
Markus Mertens
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Es ist ein Fächeln, das im Schauspielhaus des Mannheimer Nationaltheaters das erste große Lachen entfesselt. Denn als ein voll besetztes Haus sich mit „Mannheimer Morgen“-Coupons schon kühle Luft verschafft, bevor Maja Göpel oder Klaus Töpfer bei der 6. Mannheimer Rede zum Thema Zukunft auch nur zum Mikrofon greifen, kann sich Hausherr Christian Holtzhauer einen ironischen Seitenhieb nicht verkneifen: „Wir wissen, warum wir heute über den Klimawandel sprechen.“ Was viel über einen Abend erzählt, an dem sich großer Humor und tiefer Ernst immer wieder begegnen – um sich über exakt zwei Stunden hinweg zu einer geradezu gelösten Atmosphäre zu verdichten.

Was durchaus keine Selbstverständlichkeit ist. Denn nicht nur der ehemalige Mannheimer Siemens-Manager Heinz-Günter Kämpgen hatte zu Anfang noch mit Spannung eine Diskussion erwartet, in der „konstruktiv und frei von politischer Couleur darüber gesprochen wird, wie man Zukunft trotz aller Gegensätze sinnvoll denken kann“.

Ein Anspruch, hinter dem die Referenten des Abends nicht zurückstehen sollten. Zum einen, weil der CDU-Politiker und UN-Direktor Töpfer nicht nur unter Beweis stellt, warum er als „der erste ernstzunehmende Umweltminister“ (Holtzhauer) verstanden wird, sondern fernab seines Kult gewordenen Sprungs in den Rhein auch verbale Beweglichkeit zeigt.

Starke Thesen

Den kleinen Versprecher des Moderators und Kulturchefs dieser Zeitung, Stefan M. Dettlinger, Töpfer sei von 1947 (statt 1987) bis 1994 Umweltminister gewesen, lächelt der Routinier augenzwinkernd weg – und legt mit eigenen, kraftvollen Thesen nach. Mit seinen Ausführungen über die steigende Alternativlosigkeit von politischem Handeln, die schon der britischen Premierministerin Margaret Thatcher einst den Beinamen „TINA“ („There Is No Alternative“; zu Deutsch: es gibt keine Alternative) einbrachte, punktet der Christdemokrat dabei nicht weniger wie mit seiner klaren Kante zu politischer Kommunikation: „Wenn ich meinen Fußball-Kumpels in Höxter mit großen Transformationen komme, sagen die: ‚Aber nicht mit mir!’“

Doch auch Maja Göpel, die dem Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU) der Bundesregierung als Generalsekretärin vorsteht, erntet immer wieder kräftigen Beifall. Für ihre Forderung nach einer träumerischen Fabelwelt der Erwachsenen, in der man dem großen Wandel mit kleinen, kreativen Schritten begegnen könne, wird die Wissenschaftlerin von den 600 Zuschauern im Mannheimer Schauspielhaus gefeiert (dazu kamen knapp 200 Besucher, die eine Videoübertragung im Foyer verfolgten). Ebenso für ihr Plädoyer, menschliche Qualitäten über die Kraft der Digitalisierung zu stellen.

Das sind Thesen, die ein debattierfreudiges Publikum bei der anschließenden Fragerunde, aber auch bei noch folgenden Gesprächen im Foyer kontrovers, aber hoch angeregt diskutiert. Der Ehrenvorsitzende der Mannheimer Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Rolf Dieter, etwa sieht den Abend als „absolute Bereicherung“ in Richtung eines ökologischeren Handelns, das sich nicht nur auf die Politik der Städte verlässt: „Wir brauchen Menschen, die in Zukunft nicht nur wollen, sondern auch tun.“ Ganz ähnlich sieht das auch Georg Nagler, der sich der Frage einer progressiven Zukunft als Rektor der Dualen Hochschule selbst jeden Tag ausgesetzt sieht: „Mich hat vor allem interessiert, mit welchem methodischen Instrumentarium man die Zukunft so gestalten kann, dass nicht die Angst, sondern der Optimismus siegt. Diese Energie hat man gespürt, aber es bleibt die Frage: Wäre eine Politik für den Menschen eine gegen Markt und Digitalisierung?“

Hörisch wünscht mehr Prägnanz

Fragen, die nicht nur Nagler unbeantwortet sieht. Auch der emeritierte Germanistik-Professor Jochen Hörisch sah neben „einigem an geübter Deklamation“ auch allzu weit gespannte Bögen, denen er „deutlich mehr Prägnanz“ gewünscht hätte. Was als Wunsch am Ende ja auch in eine bessere Zukunft vorausweist.

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Die fünf Vorredner

  • Die Mannheimer Reden sind eine gemeinsame Aktion des Nationaltheaters Mannheim und des Bildungs- und Gesundheitsunternehmens SRH Heidelberg. Diese Zeitung ist Medienpartner der Vortragsreihe.
  • Die bisherigen fünf Teilnehmer: Winfried Kretschmann (Ministerpräsident Baden-Württemberg/April 2017), Nico Hofmann (Filmproduzent/Januar 2018), Norbert Lammert (ehemaliger Bundestagspräsident/April 2018), Jutta Allmendinger (Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung/Juli 2018) sowie Aleida und Jan Assmann (Friedensträger des Deutschen Buchhandels/November 2018).

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