Der Deutsche Buchpreis 2022 ist am Montagabend unter großem Jubel des Publikums im Frankfurter Römer an Kim de l’Horizon für den Roman „Blutbuch“ verliehen worden. Die Ehrung ist mit 25 000 Euro dotiert. Kim de l’Horizon wurde in der Schweiz geboren und sieht sich weder eindeutig als Mann noch als Frau. Dieses Thema prägt auch den Roman, der bei DuMont erschienen ist.
Buchpreisgewinner „Blutbuch“ als Debütroman
Kim de l’Horizon (geboren 1992 in Ostermundigen bei Bern als Dominik Holzer) ist das Pseudonym einer nichtbinären schweizerischen Person, die unter einem Anagramm ihres Geburtsnamens Lyrik, Prosa und Theaterstücke verfasst. In der Spielzeit 2021/22 übernahm de l’Horizon die Hausautorenschaft an den Bühnen Bern.
Kim de l’Horizon wuchs in Ostermundigen auf und besuchte in Winterthur das Gymnasium. In Zürich studierte de l’Horizon ab 2012 Germanistik, Film- und Theaterwissenschaften. Dazu kam 2020 ein Studium für literarisches Schreiben am Literaturinstitut Biel. Nach dem Bachelorabschluss belegte de l’Horizon den Masterstudiengang Transdisziplinarität an der Züricher Hochschule der Künste.
Der Debütroman „Blutbuch“ (Dumont, 336 Seiten, 24 Euro) gewann bereits den Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung
„Mit einer enormen kreativen Energie sucht die non-binäre Erzählfigur in Kim de l’Horizons Roman ,Blutbuch’ nach einer eigenen Sprache“, urteilte die Buchpreis-Jury um den Heidelberger „FAZ“-Redakteur Jan Wiele. „Welche Narrative gibt es für einen Körper, der sich den herkömmlichen Vorstellungen von Geschlecht entzieht?“ Die Romanform sei in steter Bewegung: „Jeder Sprachversuch, von der plastischen Szene bis zum essayartigen Memoir, entfaltet eine Dringlichkeit und literarische Innovationskraft, von der sich die Jury provozieren und begeistern ließ.“
„Wow!“, sagte Kim de l’Horizon erst mal und improvisierte nach einer emotionalen Danksagung an seine Mutter: Zunächst sang Kim den London-Grammar-Hit „Nightcall“ und rasierte sich dann mit den Worten „Dieser Preis ist nicht nur für mich“die Haare ab: „Ich denke, die Jury hat dieses Buch auch ausgewählt, um ein Zeichen zu setzen – gegen den Hass, für die Liebe. Für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden.“ Dieser Preis sei offensichtlich auch für die Frauen im Iran, „auf die wir alle bewundernd schauen“.
Weitere Nominierte
Die fünf weiteren Nominierten – Fatma Aydemir (für den am Nationaltheater dramatisierten Roman „Dschinns“), Kristine Bilkau („Nebenan“), Daniela Dröscher („Lügen über meine Mutter“), Jan Faktor („Trottel“) und der frühere Heidelberger Eckhart Nickel („Spitzweg“) – erhalten jeweils 2500 Euro. jpk/dpa
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