Sprache - Mannheimer IDS-Forscher zur Neuen Rechten

Kampf gegen politische Korrektheit

Von 
Michaela Hütig
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Der Sprachwissenschaftler Henning Lobin wirft der sogenannten Neuen Rechten vor, die deutsche Sprache für ihre Zwecke zu missbrauchen. Mit ihrem Kampf etwa gegen „politische Korrektheit“ oder geschlechtergerechte Sprache versuche diese politische Strömung gezielt, das gemäßigte Bürgertum und kulturaffine Schichten zu gewinnen, sagt der Direktor des Mannheimer Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache. „Eine neurechte Agenda wird durch Sprachpolitik wie mit einem trojanischen Pferd weit in die Mitte der Gesellschaft hineingeführt“, erklärte er.

„Kulturelle Identität“ als Stütze

Die Neue Rechte stützt sich dabei nach Angaben des Germanisten vor allem auf den Begriff einer „kulturellen Identität“. Daher sei das „öffentliche Reden über Sprache nicht einfach nur ein Reden über Sprache“, so Lobin. „Das scheinbar weltfremde Feuilleton-Thema ist zum Schlachtfeld für Schaukämpfe geworden, in denen viel umfassendere politische Ziele ausgefochten werden.“

Denn den Akteuren gehe es nicht lediglich um die Sprache als solche, sondern um das, was durch sie ausgedrückt werde, erklärte der Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Mannheim. So verberge sich hinter der Forderung, Deutsch als Landessprache im Grundgesetz zu verankern, die Vorstellung kultureller Dominanz, und die Ablehnung einer „Gendersprache“ stehe für eine traditionelle Vorstellung von Familie und Gesellschaft allgemein.

Verrohung und Verstöße

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Der von der Neuen Rechten geschürte Sprachkampf sei in Wahrheit der eigentliche Angriff auf die deutsche Sprache, betonte Lobin. Denn bewusste Verstöße gegen vorgebliche Regeln „politischer Korrektheit“ führten oft direkt zu einer Verrohung der Sprache. Keine andere in Parlamenten vertretene Partei verknüpfe ihre Programmatik so eng mit Sprachpolitik wie die AfD.

Der 56-jährige Direktor des Mannheimer Instituts sprach von einer „sehr problematischen Entwicklung“. Denn eine identitäre Aufladung und Politisierung von Sprache verhindere den notwendigen, nüchternen Diskurs über diese etwa in der Bildung oder mit Blick auf Minderheiten. „Das Deutsche gehört nicht der Nation oder einzelnen Gruppen, sondern Erst-, Zweit- und Fremdsprachlern in ihrer ganzen Vielfalt“, unterstrich Lobin. „Sie alle hauchen der Sprache wortwörtlich Leben ein und bewirken ihre ständige Anpassung an eine sich wandelnde Gesellschaft.“ ( epd

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