Kino

Indiana Jones - nur echt mit Hut und Peitsche

Harrison Ford mimt wohl ein letztes Mal den abenteuerlustigen Archäologen Indiana Jones. Im fünften Teil der Film-Reihe ("Rad des Schicksals") geht der Held einmal mehr in bester Blockbuster-Manier auf Jagd nach fiesen NS-Schergen.

Von 
Gebhard Hölzl
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Deutschlandpremiere im Zoo-Palast in Berlin (v.l.): Mads Mikkelsen, Harrison Ford, Thomas Kretschmann und Phoebe Waller-Bridge. © Hannes Albert/dpa

Berlin. Große Premierensause war am 23. Juni in Berliner Zoo-Palast angesagt. Roger Crotti, seines Zeichens Country Manager der The Walt Disney Company, begrüßte am Roten Teppich die Stars Harrison Ford, Phoebe Waller-Bridge, Mads Mikkelsen und Thomas Kretschmann. Gefeiert wurde der mit Spannung erwartete fünfte Teil der ikonischen „Indiana Jones“-Saga.

Die heimische (Film-)Prominenz gab sich die Ehre, darunter Otto Waalkes, Karoline Herfurth, Jördis Triebel, Thomas Heinze, Samuel Finzi und Jörg Hartmann.

Besonders herzlich empfangen, von den zahlreichen Fans frenetisch beklatscht, wurde der inzwischen 80-jährige Ford, jüngst auf den Filmfestspielen in Cannes für sein Lebenswerk mit der Golden Palme ausgezeichnet. Ein (angeblich) letztes Mal ist er in die Rolle des legendären Abenteurer-Archäologen, Spitzname „Indy“, geschlüpft.

Digital bestens verjüngt zunächst, streckenweise gedoubelt von Anthony Ingruber. Zurück in den Zweiten Weltkrieg geht’s in der rund 25-minutigen Eröffnungssequenz. Jones und sein britischer Kollege Basil Shaw (Toby Jones) haben sich in ein von den Nationalsozialisten okkupiertes Schloss eingeschlichen.

Reise durch die Zeit

Hier lagern die Deutschen, angeführt vom sadistischen Oberst Weber - markig, bewusst stereotyp vom einschlägig vorbelasteten Kretschmann („Das Boot“) angelegt -, gestohlene Kunstwerke und andere Schätze. Die legendäre Longinius-Lanze, die Jesus am Kreuz in den Leib gebohrt wurde, entpuppt sich als Fälschung, dafür befindet sich ein wesentlich wertvolleres Artefakt im Besitz des vor Ort weilenden NS-Physikers Dr. Völler (Mikkelsen): Eine Hälfte des „Rad des Schicksals“, ein von Archimedes entwickelter Mechanismus, mit dem sich durch die Zeit reisen und somit der Lauf der Historie verändern lässt. . .

Bewährtes Schnitzeljagd-Muster

Sofort werden (wohlige) Erinnerungen an „Jäger des verlorenen Schatzes“ wach, mit dem Steven Spielberg 1981 die Hit-Franchise ins Leben rief. Ganz diesem Blockbuster verpflichtet hat Regisseur James Mangold („Le Mans 66 - Gegen jede Chance“) - gemeinsam mit Jez und John-Henry Butterworth sowie David Koepp fürs Drehbuch verantwortlich - sein Sequel inszeniert. Offensichtlich hat man aus dem (relativen) Flop von „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ (2008) gelernt und aufs Schnitzeljagd-Erfolgsmuster zurückgegriffen - mit Spielberg und George Lucas als ausführende Produzenten, Phedon Papamichael („Walk the Line“) hinter der Kamera und John Williams als Komponist.

Harrison Ford steht auf dem roten Teppich bei der Deutschlandpremiere des Films «Indiana Jones und das Rad des Schicksals» im Zoo Palast in Berlin. +++ dpa-Bildfunk +++ © Hannes P Albert

Best of Zugaction ist angesagt, dazu Nahkampf, Motorradstunts, eine Auto- bzw. Motorradjagd mit abschließendem Sprung von hoher Brücke. Platsch! Prust! Kennt man zur Genüge. Gefällt trotzdem. Später werden noch „Indys“, bürgerlich Dr. Henry Walton Jones, Hut und Peitsche ins Spiel gebracht, dessen Schlangenphobie mittels Zwei-Meter-Aale aufgegriffen, Reiserouten auf alten Landkarten via wanderndem roten Strich erläutert.

Klassisches Cliffhanger-Kino

Nach dem Opener darf man kurz verschnaufen - rund zwei Leinwandstunden stehen noch an. Schnitt ins Jahr 1969. Müde rollt sich Old-Indy nun mit nacktem, sichtlich gealtertem Oberkörper aus dem New Yorker Bett, geweckt durch laute Beatles-Klänge seiner groovigen Hippie-Nachbarn. Auf den Straßen werden die Apollo-11-Astronauten nach ihrer Rückkehr vom Mond mit einer Konfetti-Parade gefeiert.

Dass es hier zu einer wüsten, bleihaltigen Hatz kommt - wie bald darauf in klapperigen, knatternden Autorikschas, durch die Altstadtgassen von Marrakesch - versteht sich von selbst. Da stehen dem wackeren Haudegen bei seiner Jagd um den Globus schon seine neuen Sidekicks zur Seite: Die Amazone Helena (Phoebe Waller-Bridge), spitzzüngige, schlagkräftige und hochintelligente Tochter des zwischenzeitlich verstorbenen Professor Shaw, und der habwüchsige, naseweise Taschendieb Teddy (Ethann Isidore).

Klassisches, atemloses Serial- und Cliffhanger-Kino bekommt man geboten. Die Zeichen stehen auf Tempo und Thrill, Logiker sind fehl am Platz. Fabelhaft sind Kostüm- und Produktionsdesign, genial - und formschön - Waller-Bridge („Fleabag“), die Ford in so mancher Szene die Schau stiehlt. John Rhys-Davies schaut als altbekannter Maghrebiner Sallah für eine Stippvisite vorbei, Antonio Banderas gibt kurz und wortkarg einen tauchenden Fischer, Mikkelsen ist als dick bebrillter Schurke deutlich unterfordert. Und dass am Schluss wirklich alles gut ist, dafür sorgt Karen Allen. Die darf als „Indys“ Beinahe-Exfrau Marion ihren „Alter schützt vor Torheit nicht“-Weltenbummler wieder in die Arme schließen. So funktioniert Eskapismus.

Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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