Mannheim. Was für ein Song-Doppel: „Souvlaki Space Station“ und „Sugar For The Pill“ spielt die britische Shoegaze-Band Slowdive direkt nacheinander, als sie zum Abschluss des 13. Maifeld Derbys im Palastzelt auf dem Mannheimer Maimarktgelände auftritt. Das vorgenannte Stück stammt vom zweiten Album aus dem Jahr 1993, das andere ist ein vergleichsweise junges Werk, das 2017 erschien, nachdem die Gruppe aus einem bald 20-jährigen Bandschlaf erwacht war.

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Zwischen diesen beiden Polen vollzieht sich all das, was die aus Wave-, Noise-Rock- und Elektronik-Impulsen geformte Musik der Band so unentrinnbar suggestiv sein lässt: Hier intermittierend ausgesandte Klangwellen, die wie auf einer interstellaren Reise Sonnenwinde und Magnetfelder passieren, dabei konventionelle Pop-Strukturen zusehends hinter sich lassen. Dort traumverloren konzises Songwriting, das unwirklich und schimmernd durch melancholische Schwerelosigkeit treibt. Was Neil Halstead und Rachel Goswell an Gesang, Gitarre und Keyboard, Nick Chaplin am Bass, Christian Savill an der Gitarre und Simon Scott am Schlagzeug hier 80 großartige Minuten lang praktizieren, ist streng genommen mehr Hypnosekunst als reines Musikmachen.
Subjektiv gesehen ist dieser dritte und letzte vielleicht sogar der stärkste Tag des Indie-Musikfestivals. Schließlich geht heuer auf dem Fünf-Bühnen-Areal am Reitstadion, wo insgesamt fast 70 Acts auftreten, mit der Londoner Formation Dry Cleaning eine der spannendsten aktuellen Post-Punk-Bands an den Start. Die Fünf spielen ihren wunderbar widerspenstig-lakonischen Stücke auf der Open-Air-Bühne - wobei sich nach langer Regentrübheit doch tatsächlich ein Sonnenfenster öffnet. Und Sängerin Florence Shaw müsste für ihre unfassbar lässige Deklamation die Coolness-Krone des Festivals verliehen werden. Starker Auftritt.
Altin Gün bringt türkischen Psychedelic-Rock nach Mannheim
An selber Stelle ist auch die niederländisch-türkische Psychedelic-Folk-Rock-Band Alt?n Gün zu erleben, die, das dürfte sich längst herumgesprochen haben, eine kleine Sensation ist. Die 2016 gegründete Gruppe verquickt traditionelle türkische Musik und Rock der 60er und 70er Jahre mit Synthiepop-Elementen - und klingt dabei so frisch und lichtdurchflutet, wie man sich das nur wünschen kann. Und Alt?n Güns dritter Langspieler „Yol“, aus dem auch hier erquicklich zitiert wird, war eines der aufregendsten Alben des Jahres 2021. Indes sei eingeräumt, dass wir schmerzlich bedauern, dass Sängerin Merve Dasdemir seit vergangenem Jahr nicht mehr Teil der Band ist; Baglama- und Keyboard-Spieler Erdinç Ecevit Y?ld?z führt seitdem - freilich hoch kompetent - allein das Mikrofon.
Die US-amerikanische Singer-Songwriterin Chelsea Wolfe und ihre Live-Band loten dagegen dezidiert die düsteren Seiten der Popmusik aus und lassen mithin im Palastzelt das Song-Pendel zwischen Dark Wave und Gothic Rock, zwischen Electro-Sturm und Doom-Metal-Drang ausschwingen. Das ist durchaus fesselnd, gleichwohl gestattet man sich einen Abstecher zur ebenfalls in den USA beheimateten Gruppe Mannequin Pussy, die parallel dazu auf der Arena-Bühne mit ihrem rotzig-punkigen Indie-Rock einen feinen Kurzeindruck hinterlässt.
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