Es ist ein ungewohntes Setting für alle, die Gisbert zu Knyphausen zu schätzen wissen. Hinter dem Winzersohn aus dem Rheingau, dessen melancholischer Indie-Pop mit den tollen Texten eine verlässliche Fanbase hinter sich weiß, hat sich ein kleines Orchester aufgebaut. Links sitzt Kai Schumacher am Klavier. Der unkonventionelle und vielerorts gefeierte Pianist, der zu Knyphausen davon begeistert hat, die Lieder des österreichischen Komponisten Franz Schuberts musikalisch ins 21. Jahrhundert zu transferieren. „Lass irre Hunde heulen“ heißt das dazugehörige Live-Programm, das vor 150 Besuchern im Ludwigshafener BASF-Feierabendhaus künstlerisch hochwertig die Grenzen zwischen E- und U-Musik auslotet.
Erschreckend perfekte Ergänzung
„Wir wollten schauen, ob sich die Schwermut der alten Lieder mit der Schwermut meiner Lieder verträgt“, sagt zu Knyphausen. Das funktioniert sehr gut, weil sich Schuberts ausgewählte Stücke - auch wenn sie 200 Jahre alt sind - fast schon erschreckend perfekt mit dem Repertoire des deutschen Indie-Poeten ergänzen. Und Schumacher/zu Knyphausen nebst Mitstreitern ihnen einen musikalisch moderneren Anstrich verpassen, der das Ganze abwechslungsreich gestaltet. „Nähe des Geliebten“ klingt wie eine Pop-Calypso-Version, das drängende „Doppelgänger“ hat sogar einen echten Ausbruch Knyphausens am Ende im Angebot.
Eigenes Material streut der Wahl-Berliner nur dezent ein - und wenn, passt es zur nach innen gekehrten Gesamtstimmung des Abends. In der Mitte des Sets sorgt „Hier bin ich“ aus Kid-Kopphausen-Zeiten für lauten Applaus, in der Zugabe gerät „Dreh Dich nicht um“ nur mit Schumacher am Klavier zu einer absoluten Gänsehaut-Version. „Wenn wir all diese traurigen Lieder gespielt haben, sind wir nach dem Konzert immer ganz glücklich“, sagt zu Knyphausen. Man kann das gut nachvollziehen.
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