Mannheim. In der Mannheimer Neckarstadt-West direkt neben dem mächtigen Marchivum befindet sich die kleine Galerie Maquis Mami Wata. Sie versucht die Verbindung in den Stadtteil hinein, will Kunst aller Gattungen allen Menschen näher bringen. Wenn Stefan Wäldele, der die Galerie mit Hanna Zeller gegründet hat, vor dem Haus steht, wird er von allen Seiten gegrüßt, ihn kennen die Leute, die hier wohnen, und das freut ihn, wie er im Gespräch auch sagt.
Herr Wäldele, wie sind Sie denn auf Maquis Mami Wata gekommen?
Stefan Wäldele: Kunst soll verzaubern!
Aber was bedeutet der Name?
Wäldele: Straßenlokale im frankophonen Afrika werden oft Maquis genannt. Und zu Mami Wata gibt es einen kurzen Text von Henry John Drewal aus dem Katalog „Mami Wata: Arts for Water Spirits in Africa and It’s Diasporas“, den ich sehr gut finde. Darin wird Mami Wata als moderner Geist beschrieben, der hybride ist, Transaktionen und stete Innovation verkörpert. Sie tritt in unzähligen Formen auf. Als Meerjungfrau. Als Schlangenbeschwörerin. Ständig ruft sie wechselnde Verehrungspraktiken hervor. Sie hat auch so viele Namen und Assoziationen, dass es schwer ist, sie zu kategorisieren. Trotzdem ist sie immer als furchteinflößender und schöner Wassergeist zu erkennen, der alles verwandelt. Also meine Kollegin und Künstlerin Hannah Zeller und ich waren uns mit dem Namen sofort einig.
Okay, das ist afrikanisch geprägt. Wie kommt’s?
Wäldele: „Impulse ohne Wertung“, würde die Malerin Sarah Kirsch sagen. Sie meinen afrikanisch geprägt wie „Les Demoiselles d’Avignon“ von Pablo Picasso? Die Kunsthistorikerin Susanne Kaeppele bezeichnet uns eher als ungewöhnliche Galerie. Passt.
Ich bin jetzt bei der vierten Frage und weiß immer noch nicht, warum ihre Galerie Maquis Mami Wata heißt … gehört das zum Konzept?
Wäldele: Ich bin Mami Wata vor zwei Jahren begegnet. Hier in Mannheim. Dort, wo der Neckar in den Rhein mündet. Ein magischer Ort. Sie kam aus dem Wasser und verzauberte mich. Als ich wieder zu Sinnen kam, wusste ich, die Galerie wird ihren Namen tragen.
Galerist Stefan Wäldele
- Der Künstler: Stefan Wäldele ist Galerist und Künstler. Er wurde 1985 in Baden-Baden geboren, studierte von 2008 bis 2013 an der Außenstelle der Akademie der bildenden Künste Karlsruhe in Freiburg und absolvierte anschließend 2013 bis 2014 sein Meisterschülerjahr in Karlsruhe bei Leni Hoffmann.
- Die Galerie: Wäldeles Maquis Mami Wata ist in der Bürgermeister-Fuchs-Str. 6 in der Mannheimer Neckarstadt-West.
- Aktuelle Schau: Falk Kastells „Cleopatra – How far can I go?“ (läuft noch bis 11. Juni).
Sie lieben das Geheimnisvolle und Verschlüsselte. Aber mal konkret: Hilft Mami Wata auch dabei, Geld zu verdienen? Das ist doch sicherlich kein Hobby für Sie …
Wäldele: Ja, das tut sie. Aber ich verlange nichts von ihr. Mal konkret: Ich investiere sehr viel Zeit in das Projekt Maquis Mami Wata. Leider würde es sich nicht rentieren, könnte meine kleine Familie nicht davon leben. Es ist viel Arbeit, die nicht immer Spaß macht. Das Kulturamt Mannheim unterstützt uns finanziell bei den meisten Ausstellungen. Das finde ich großartig! Sponsoren haben wir noch keine.
Sie sind also nicht der Meinung, wie viele Künstler in der Stadt, dass Mannheim zu wenig für die Bildende Kunst tut?
Wäldele: Es ist grundsätzlich immer zu wenig. Günstige Wohn- und Arbeitsräume wären doch schon mal klasse! Die Stadt braucht dringend mehr Künstler und Künstlerinnen. Das ist mein Eindruck. Wie soll sonst Mannheim zu dem neuen internationalen Hotspot für junge Außenseiter werden?
Sie wollen, dass Mannheim ein Hot-Spot der Kunst wird?
Wäldele: Ja, das wäre phänomenal.
Wie denn das?
Wäldele: Die Kunst muss Mannheim erobern. Es eilt!
Und müssen Künstler eigentlich zwangsläufig Außenseiter sein? Es wäre doch auch schön, sie wären mitten in der Gesellschaft …
Wäldele: Die Gesellschaft produziert Außenseiterinnen und Außenseiter. Witzig, oder? Ja, ein sehr schöner Gedanke. Für mich sind Künstlerinnen und Künstler immer das Zentrum der Gesellschaft. Es ist wie Zeitung lesen. „Glücklich ist die Stadt, in der die Kinder auf den Straßen spielen.“ Ich habe vergessen, von wem das ist.
Mitten in der Gesellschaft sind Menschen, die Dienst an der Gesellschaft tun, die wirken und Dinge voranbringen. Das tun Sie mit Kunst. Aber was konkret möchten Sie bewirken?
Wäldele: Es freut mich, wenn ich bei mir im Viertel in der Neckarstadt-West beim Bäcker höre, wie Leute von einer Ausstellung sprechen, die im Maquis Mami Wata stattgefunden hat.
Das reicht Ihnen?
Wäldele: Ja.
Sie haben überhaupt keine Weltverbesserungsintentionen? Es reicht Ihnen, wenn man beim Bäcker über Sie spricht? Ich kann das kaum glauben …
Wäldele: Es spricht sich rum. Das gefällt mir! Ich möchte Kunst zugänglich machen und in den Alltag der Mannheimerinnen und Mannheimer integrieren. Vielleicht schauen sich eines Tages alle Ausstellungen an und sprechen nur noch über Kunst. Wie abgefahren wäre das! Mein Beitrag wäre somit geleistet. Wir haben die Möglichkeit und Freiheit, die Zukunft mitzugestalten. Das ist eine große Chance und Verantwortung.
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