Kunstausstellung

Frankfurter Museum für Moderne Kunst zeigt ausländische Künstler der 60er bis 80er-Jahre

Das Frankfurter Museum für Moderne Kunst versammelt Werke von 29 Künstlerinnen und Künstlern, die in den 60er- bis 80er-Jahren aus aller Welt nach Deutschland kamen. Viele flüchteten vor der politischen Situation in der Heimat

Von 
Christian Huther
Lesedauer: 

Frankfurt. Die ersten Migranten waren Adam und Eva, als sie aus dem Paradies vertrieben wurden, meint Serpil Yeter. Für die türkische Künstlerin zieht sich ein roter Faden von der Bibel bis heute. Sie kam 1980 nach West-Berlin und malte Menschen aus dem neuen Umfeld, alte Frauen am Fenster oder Arbeiter in der Bahn. Mehrfach schilderte sie auch häusliche Szenen mit der Familie, die beim damaligen Radioprogramm für Ausländer beisammen saß, wie es früher in deutschen Stuben üblich war.

Viele unterschiedliche Gründe für die Flucht

Einige ihrer Bilder sind jetzt im Frankfurter Museum für Moderne Kunst (MMK) versammelt, neben Werken von 29 weiteren Künstlerinnen und Künstlern, die in den 60er- bis 80er-Jahren aus aller Welt nach Deutschland kamen. Viele flüchteten vor der politischen Situation in der Heimat, andere verdingten sich als Gastarbeiter oder erhielten ein Stipendium. Doch Deutschland war damals noch geteilt in BRD und DDR.

Mehr zum Thema

Kunst

So werden Caspar David Friedrichs Bildwelten in Berlin gezeigt

Veröffentlicht
Von
Thomas Groß
Mehr erfahren
Pop

Karat: Ehrliche Rockmusik mit deutschen Texten im Capitol

Veröffentlicht
Von
Helmut Orpel
Mehr erfahren

„There is no there there”, so der Ausstellungstitel, meint nach Gertrude Stein, dass in der Heimat nichts bleibt, wie es war. Die von MMK-Chefin Susanne Pfeffer und Gastkurator Gürsoy Dogtas konzipierte Schau stellt Künstler vor, die in die BRD und DDR gingen. „Das waren sehr verschiedene Systeme“, sagt Dogtas, „aber die Künstler in West und Ost hatten ähnliche Fragen“.

Allerdings haben viele Zugezogene „bis heute keinen Einlass in die Kunstgeschichte gefunden“ merkt Pfeffer an, obwohl einige an Akademien lehrten. Immerhin sind zehn Frauen neben 20 Männern vertreten. Freilich sind die meisten Künstler unbekannt oder vergessen, da sie kaum ausgestellt werden oder zurück in die Heimat gingen. Aber beim Rundgang wird klar, dass sich dennoch längst die Kulturen vermischt haben.

Von einem Paradies, das der westdeutsche Kunstbetrieb bis in die 70er bot, sprechen gleich mehrere Künstler. Der aus dem damaligen Jugoslawien übersiedelte Dokumentarfilmer Zelimir Zilnik war begeistert von der Freiheit beim Drehen und zählt in „Hausordnung“ (1975) alle Regeln für Gastarbeiter auf. Die waren seinerzeit stark vom Arbeitgeber abhängig, da die Firmen für Unterkünfte der Angeworbenen sorgen mussten. Doch der immer kritischer fragende Zilnik musste im „Deutschen Herbst“ 1977 gehen, als die RAF den Staat zu mehr Kontrollen zwang.

So geht es in der Schau um viele Themen. Einige Künstler kreisen um ihre Emigration, andere erinnern sich an ferne Landschaften und Menschen. Wieder andere reiben sich an der politischen Situation in der Heimat oder der Wahlheimat. Nuria Quevedo indes, 1952 als Kind mit der Familie von Spanien nach Ost-Berlin geflüchtet, sagt heute über ihr Bild von 1971 mit entwurzelten Migranten: „Ich habe sie gesehen, jene Ritter der traurigen Gestalt, Schiffbrüchige der Geschichte“.

Aber es sind auch positive Momente zu sehen, etwa im Film „Oyoyo“ (1980) der indischen Regisseurin Chetna Vora. Sie lässt die Studenten eines internationalen Wohnheimes in Ost-Berlin erzählen, wie sie sich verständigen, sich näherkommen und so aus dem tristen Haus einen vertrauten Ort machen.

Info: MMK, Frankfurt, bis 29. September: www.mmk.art

Freier Autor Als freier Kulturjournalist im Großraum Frankfurt unterwegs; Schwerpunkte sind bildende Kunst und Architektur. Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke