Film

Film: Hannah Schweier hat in Mannheim "Cindy liebt mich nicht" gedreht - und bringt zwei gegensätzliche Typen in Fahrt Zwei Männer suchen Maria

Von 
Annika Wind
Lesedauer: 

Manchmal verhält sie sich einfach merkwürdig. Dann liegt Maria im Bett und hört Musik. Spricht und bewegt sich nicht. Stundenlang. In solchen Momenten ist ihm Maria am liebsten. Sie gibt ihm das Gefühl, nicht allein und doch frei zu sein, denkt sich Franz. Doch als sie plötzlich verschwindet, von einem auf den anderen Tag, hinterlässt sie eine Lücke in seinem Herzen. Franz begreift, dass er Maria liebt und beschließt, sie zu suchen. Am Ende findet er sie nicht, lernt aber einiges über sie, sich - und einen Nebenbuhler.

So begann der Roman "Cindy liebt mich nicht", den 2005 die Journalisten Jochen-Martin Gutsch und Juan Moreno schrieben. Beide hatten sich die Erzählparts von Marias Ex-Freunden Franz und David aufgeteilt. Entstanden war eine nette kleine Geschichte über das Erwachsenwerden und die Liebe. Unterhaltsam und mit einigem Berliner Großstadtflair ausgestattet. Geblieben ist von diesen Komponenten nun in der Verfilmung des Buches einiges - aber längst nicht alles. Der Plot spielt jetzt in Mannheim, was wohl auch mit dem begrenzten Budget von Jung-Regisseurin Hannah Schweier zusammenhing - und der Unterstützung durch die Filmförderung Baden-Württemberg. Im Atelier des Mannheimer Malers Karl Schwarzenberg wird nun eine Studentenparty gefeiert. Die Kneipe, in der Franz kellnert, ist die Onkel-Otto-Bar, und Marias Eltern leben nicht in Brandenburg, sondern in der Pfalz.

Leben im Großstadtdschungel

Im Großen und Ganzen ist Schweiers Abschlussarbeit an der Filmakademie Baden-Württemberg allerdings irgendwie unverortet: Franz, Maria und David leben nicht in einer speziellen Stadt, sondern in einem unbestimmten Großstadtdschungel, in dem sie sich sträuben, einen festen Platz zu finden, genauso wie im Leben. Der Referendar David - überzeichnet gespielt von Peter David Weiss - leidet an seiner eigenen Spießigkeit. Und Franz (Clemens Schick), der Barkeeper, an seiner Unfähigkeit, sich dauerhaft zu binden. Im Buch war Maria eine eher mittelmäßige Frau. Im Film wird sie nun von Anne Schäfer einen Tick zu süß, zu schön, zu makellos gegeben. Im Buch waren Franz und David eher mittelmäßige Männer, die Schweier nun als äußerst gegensätzliche Typen in Szene setzt: David ist ein langweiliges Weichei, das dem Zuschauer erst einmal einige Zeit auf die Nerven geht, ehe seine Figur an Format gewinnt. Franz ein souveräner Macho und mit Clemens Schick die am besten besetzte Rolle des Films.

Es braucht eine Weile, bis Schweiers erster Langfilm an Fahrt gewinnt - im wahrsten Sinne des Wortes. Erst nach und entwickelt sich die Geschichte zu einem stimmungsvollen Roadmovie, in dem die Schlagersängerin Daliah Lavi zu späten Ehren kommt und ihre Musik auf langen Autofahrten ein Gefühl von Wehmut und Freiheit transportiert. Auf der Suche nach Maria reisen David und Franz quer durch Deutschland, machen allerlei Bekanntschaften (etwa mit den Nationaltheater-Schauspielern Edgar M. Böhlke und Ragna Pitoll in eher unbedeutenden Nebenrollen), in einer Psychiatrie Halt und kommen irgendwann in Dänemark an. "Cindy liebt mich nicht" zeigt schöne Momente, Situationskomik und eine gewisse Tiefgründigkeit, die schon in Marias merkwürdigem Verhalten begründet liegt. In letzter Konsequenz hätte man Hannah Schweier allerdings bei der Umsetzung mehr Mut gewünscht - manche Figuren sind zu überzeichnet, manche Dialoge zu gewollt.

Um den Finger gewickelt

In schönen Vor- und Rückblenden erzählt die junge Filmemacherin von einer Dreiecksgeschichte, in der Maria zwei Männer um den Finger gewickelt hat - und doch von beiden immer auf Distanz gehalten wurde. Der Spießer David bindet sich genauso ungern wie der Macho Franz. Als sich das beide eingestehen, ihre Melancholie und Selbstzweifel mit einem Mal offen teilen, ist das der Anfang ihrer Freundschaft. Schweiers Film erzählt in erster Linie vom immer währenden Wechselspiel zwischen Leidenschaft und Verpflichtungen, echten Gefühlen und kurzzeitigen Begehrlichkeiten. Von dem Eingeständnis, zu lieben - und sich auf einen Menschen festzulegen.

Freie Autorin

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen