Kunst - Alexander Isakov verziert bei „Stand. Wand. Kunst“ die Fassade von H 4, 9

Farbenpracht an der Fassade: „Stadt.Wand.Kunst" in Mannheim ist um ein Gemälde reicher

Von 
Markus Mertens
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Will „bewusst nicht jedem vorschreiben“, was man in seinen Werken zu sehen hat: Alexander Isakov. © Christoph Blüthner

Mannheim. Wenn Pressesprecherin Johanna Hasse an diesem Vormittag klarstellt, mit dem neuen Mural von Alexander Isakov komme endlich wieder Leben in die Stadt, ist das gleich auf doppelte Weise sinnträchtig. Denn zum einen nutzen schiere Massen an Passanten die sonnige Witterung, um bei fallenden Inzidenzen und wachsender Freude durch die Quadrate zu bummeln –zum anderen bewundern sie dabei auch und gerade das neueste Großflächenmotiv des Projekts Stadt.Wand.Kunst, das einen knalligen Kontrast an einem Ort markiert, den Sören Gerhold als „bunten, frischen Fleck“ bezeichnet.

Im Gespräch mit dieser Redaktion zeigt sich der Chef der Alten Feuerwache und des Freiluftmuseumsformats stolz darauf, dass man es geschafft habe, mit Isakov einen jungen, mutigen Vertreter der abstrakten Kunst nach Mannheim zu holen. „In dieser Form habe ich solche Arbeiten noch nie gesehen – und sie passen wunderbar zu dieser Gegend.“

Da mag sich der 27-jährige Isakov sonst bereits in Mexiko, Uganda und Serbien, aber auch in Metropolen wie New York und Los Angeles verwirklicht haben: Am Kundenzentrum der GBG in H 4, 9 wirkt der farbliche Expressionismus des gebürtigen Hannoveraners wie ein erhellendes Moment in architektonischer Traurigkeit.

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Geometrische Formen und Linien

Auch für Isakov selbst waren die Tage in der Quadratestadt ein wahres Erlebnis. Wurde er in größeren Ländern und Städten mit seiner Arbeit kaum noch zur Kenntnis genommen, „sind die Jungs hier auf Gerüste geklettert, haben jede Sekunde meiner Arbeit aufgesogen und begeistert geschwärmt“.

Wenn der Straßenkünstler solche Sätze sagt, strahlt sein Gesicht fast so sehr wie der Enthusiasmus seiner Motive. Dass die in ihrer Mischung aus strengen, fast geometrischen Formen und weichen Linien nach wie vor auf Papier entstehen, um sich anschließend auf 15 mal 25 Metern zu verwirklichen, erscheint nur so lange ungewöhnlich, bis der Künstler seinen Hang zur Revolutionsarchitektur des 18. Jahrhunderts erwähnt.

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Denn was Vordenker ihrer Zeit wie Claude-Nicholas Ledoux oder Étienne-Louis Boullée von Kugelhäusern bis hin zu ovalen Flachpavillons ersannen, wurde zwar häufig nie gebaut, diente aber sehr wohl als Prototyp eines architektonischen Mutes, dessen sich auch Isakov fast schon spielerisch bedient.

Struktur der Quadrate zu erahnen

Wer sich sein Mannheimer Werk vor Augen führt, das aktuell noch keinen Titel trägt, mag dabei eine gelbe Quadratur, in der sich die Struktur der Innenstadt spiegelt, nicht weniger erkennen als ein buntes, gewölbtes Teilmotiv, das ebenso Vogel wie Wasserturm symbolisieren könnte – und genau deshalb so herrlich unbestimmt daherkommt. „Ich will bewusst nicht jedem vorschreiben, was er in meinen Arbeiten zu sehen hat. Wenn deine Fantasie anfängt, in Farben und Formen selbst etwas zu erkennen, habe ich meinen Anstoß dazu gegeben –und das ist das größte Geschenk“, wie der in Hannover geborene Künstler befindet und damit ein nachhaltiges Zeichen von Leichtigkeit setzen will: „Mir ist vollkommen klar, dass die Jungs hier im Kiez wahrscheinlich ganz andere Probleme haben, aber wenn ich einem mit meiner Kunst Freude schenken kann, war es die Erfahrung schon wert.“

Nun insgesamt 31 Werke über das ganze Stadtgebiet verteilt

  • Das Projekt Stadt.Wand.Kunst der Alten Feuerwache lädt seit 2013 regional und international renommierte Streetart-Künstler dazu ein, den urbanen Raum Mannheims mit eigenen Motiven zu gestalten.
  • Bislang sind 31 Motive über die ganze Stadt verteilt entstanden.
  • Das 31. Motiv, bisher noch ohne Titel, stammt vom Künstler Alexander Isakov und prangt am GBG-Kundenzentrum im Quadrat H4,9.
  • Isakov ist studierter Lichtdesigner und stark von Ornamentik, Architektur und farbigem Expressionismus geprägt.
  • Der in Hannover geborene Künstler mit russischen Wurzeln arbeitete seit 2013 unter anderem in Mexiko, Uganda, Serbien und den USA.
  • Um den Fortbestand des Projekts sicherzustellen, sucht die Feuerwache nach finanzieller Unterstützung: stadt-wand-kunst.de/spenden

Dass die Kunst und der Künstler mit jedem weiteren Werk wachsen, ist für Isakov zu einem gelebten Prinzip geworden, dem er sich voll und ganz hinzugeben versteht: „Es gab auch hier in Mannheim so viele Linien, an denen ich ganz am Anfang noch verzweifelt bin und die am dritten Tag doch irgendwie geklappt haben. Das ist eine Magie, die du nie ganz erklären kannst“, bringt es der 27-Jährige auf den Punkt.

Farbenprächtiges Werk

Wie stimmungsvoll orientalische Wärme und ukrainische Folklore im farbenprächtigen Bad aus Orange und Grün, Dreiecken und Kreisen, Utopie und Realismus kulminieren, schärft den Blick auf eine Häuserfront, die Aufmerksamkeit verheißt, aber nicht erzwingt. Dass sie mit genau dieser Freiheit entstehen konnte, weiß denn auch der Urheber entsprechend zu adeln: „Dieses Team, diese Spielräume, diese Qualität – Stadt.Wand.Kunst ist das am besten kuratierte Streetart-Festival in Deutschland!“

Freier Autor

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