Kolumne #mahlzeit

Eine kleine Liebeserklärung an meine Leserinnen und Leser

Kolumnist Stefan M. Dettlinger freut sich über viele spannende Einblicke in die Welt der Leserinnen und Leser. Von kritischen Stimmen bis hin zu humorvollen Gedichten - der Austausch ist lebhaft und vielseitig

Von 
Stefan M. Dettlinger
Lesedauer: 
© kako

Ich liebe meine Leser und Leserinnen. Ehrlich. Also die meisten. Ich kann das sagen. Sie schreiben mir immer rührende Sachen.

Da ist zum Beispiel die, die will, dass ich lieber (an dieser Stelle) überlesen als (bei der Bahn) überfahren werde (und also nicht zur DB wechsle, sondern meine Existenz als Avatar in dieser Kolumne weiterführe). Danke. Da ist die, die mich demnächst unter Freunden mit meinem Satz „Vom Haben haben wir eben nicht mehr Sein, nur mehr Haben“ zitieren will. Danke. Da ist die, die meiner Freundin Caro ein ganzes und schönes Gedicht in drei Strophen über die Widersprüchlichkeiten ihres Veganer-Daseins gewidmet und gereimt hat. Danke. Und da ist der, der sich als Aufklärer gibt und über die Essgewohnheiten Caros schreibt, die sich vegane Wurst in den Mund schaufele: „Könnten Sie ihr bei Gelegenheit sagen, dass es die (vegane Wurst, d. Red.) nicht gibt. Die uns in Sachen Genuss wohl überlegenen Gallier-Nachkommen haben das dankenswerterweise bereits klargestellt. Denn Frankreich hat als erstes EU-Land die Bezeichnung vegetarische/vegane Wurst (oder dergleichen) verboten.“ Richtig so!

Herrlich. Den Gruß und die Info habe ich längst an Caro weitergegeben, die einen Gruß mit Dank und Kusshand zurückschickt an meinen treuen Leser, Herrn Sch… nein, den Namen verrate ich hier natürlich nicht. Aus Gründen des Persönlichkeitsrechts und des Postgeheimnisses. Herr Sch … ist schließlich Jurist.

Ja, ich liebe meine Leser und Leserinnen, die mich Woche für Woche darin bestärken, dass, was ich tue, nicht ganz irrelevant ist. Ich bekomme intelligente Anregungen, Dankesschreiben, Kritik und auch echt viel Lustiges, und wenn man mich mal beschimpft, dann beschimpft man mich nur und will mich nicht gleich samt meiner Bagage Alya, Bela und Caro lynchen oder anderweitig um die Ecke bringen.

Ich bin wirklich froh, dass diese alte Form der „Social Media“ so unfallfrei funktioniert: Ich schreibe und unterzeichne mit Namen, die anderen antworten ebenso. Wir respektieren uns, auch wenn wir nicht einer Meinung sind. Nur so funktioniert friedliches Miteinander. Ich finde das gar nicht so schwer, weiß aber, dass es schwer sein kann, und denke an all die Leute im Nahen Osten, die sich hassen, an die Russen und Ukrainer, die sich hassen, an die SV-Waldhöfer und Betzenberger, die sich hassen, an Gott und den Teufel, die sich … nein, die hassen sich eben nicht, so denke ich, sie respektieren sich.

Es ist wie bei bei meinen Freunden Alya, Bela und Caro. Wir sind verschieden. Aber wir achten uns und unsere Meinungen.

„Hallo“, höre ich plötzlich einen Wortpfeil durch den Wust all der Gedanken schnellen, die in mir herumschwirren. Es ist Caro. „Ach du, der Leser von neulich, Herr Sch…,“ setze ich an. „Es ist mir egal, was du erzählst, sag’ mir, wo Bela ist.“ Sie ist aufgeregt. „Was ist denn…“ „Sag mir, wo Bela ist“, wiederholt sie mit der, nun ja, ihr eigenen Impertinenz, „der hat was über mich gepostet. Dafür bringe ich ihn um!“ Ich liebe Caro! Sie ist so friedlich. Aber ich liebe sie nicht so sehr wie meine Leser und …

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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