Der neue Film

„Drachenzähmen leicht gemacht“: Fantasy-Saga als Realfilm

Dean DeBlois lässt seinem Animationshit „Drachenzähmen leicht gemacht“ ein nahe am Original gehaltenes, gleichermaßen unterhaltsames Live-Action-Remake folgen.

Von 
Gebhard Hölzl
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Mason Thames als Hiccup mit dem Drachen Ohnezahn in „Drachenzähmen leicht gemacht“. Der Film kommt am 12. Juni 2025 in die deutschen Kinos. © Universal Pictures/dpa

Von erfolgreichen Spielfilmen Remakes zu inszenieren, hat Tradition – was einmal gut läuft, funktioniert in der Regel auch beim zweiten Mal. Und das nicht notwendigerweise im selben Format. Sprich, aus einem Realfilm kann durchaus ein Zeichentrickfilm werden und umgekehrt. Die Disney Studios sind auf diesem Gebiet Spezialisten, man denke nur an die beiden Varianten von „101 Dalmatiner“.

Die animierte Urfassung, hierzulande als „Pongo und Perdita“ (1961) ausgewertet, stammt von Wolfgang Reitherman, das Update von Stephen Herek, der 1996 Glenn Close als Cruella DeVil putzige Welpen jagen ließ, um aus deren Fell elegante Roben zu schneidern. Ähnlich legt man nun bei DreamWorks Animation, 2004 von Steven Spielberg mitbegründet, nach. Mit der Realverfilmung „Drachenzähmen leicht gemacht“, basierend auf der Romanreihe von Cressida Cowell und der erfolgreichen hauseigenen Animationsfilm-Trilogie.

Dean DeBlois heißt der kreative Kopf hinter der Franchise, die weltweit über 1,6 Milliarden Dollar einspielte. Das Drehbuch hat er gemeinsam mit der Buchautorin und dem einschlägig erfahrenen William Davies („Flutsch und weg“) verfasst. Erneut mit von der Partie – diesmal nicht nur als Synchronsprecher zu hören – ist Muskelmann Gerard Butler in seiner Rolle als Wikinger-Chef Haudrauf der Stoische. Er hat auf der rauen, sturmumtosten Felseninsel Berk das Sagen.

Beschaulich geht’s hier zu. „Mit schöner Aussicht“, wie Hicks (Mason Thames) – im Original origineller: Hiccup, sprich Schluckauf–, Sohn von Haudrauf, als Erzähler weiß. Zumindest meistens. Denn es gibt da ein Problem: Seit Jahrhunderten fallen Drachen zwecks Nahrungsaufnahme über das kleine Dorf her. Hicks Mama war eines ihrer Opfer. Wie jetzt ein Schaf bei einer nächtlichen Attacke. Die Männer greifen zu den Waffen und setzen sich zur Wehr. Ein furioser Auftakt. Äxte werden geschwungen, Pfeile abgeschossen, derweil die Drachen Feuer speien, ihre Reißzähne fletschen, die Krallen ausfahren.

Nur Hicks hält sich zurück, verspottet von seinen Kumpels, giftig angeschaut von der hübschen Astrid (Nico Parker), in die er heimlich verliebt ist. Ein verspotteter Außenseiter ist er, Lehrling beim Waffenschmied Grobian der Rülpser (Nick Frost). Bis er zufällig einen verletzten, sagenumwobenen Nachtschatten-Drachen findet. Ohnezahn tauft er ihn, pflegt ihn gesund und fertigt ihm eine Prothese, damit er wieder fliegen kann. Der Beginn einer Freundschaft, die es ihm ermöglicht, sich auf dem Rücken des Fabelwesens in die Lüfte zu erheben. Ihre Verbindung enthüllt nicht nur die wahre Natur der feindlichen Kreaturen, sie stellt obendrein die Wertordnung der Wikinger infrage …

Vorsicht, Drachen!

Der Drachentöter (Regie: Matthew Robbins/USA 1981):

Ein Zauberer und sein Lehrling besiegen im 6. Jahrhundert einen Drachen, der Jungfrauen verschlingt. Spannender Fantasyfilm, zurückhaltend in Sachen Gewalt.

Drachenzähmen leicht gemacht (Regie: Dean DeBlois & Chris Sanders/USA 2010):

Im Auftaktabenteuer zur Erfolgsfranchise schließt ein junger Wikinger Freundschaft mit einem feuerspeienden Drachen. Liebevoll comuteranimierter 3D-Film mit pointiertem Dialogwitz.

Dragonheart (Regie: Rob Cohen/USA 1996):

Ein desillusionierter Drachentöter (Dennis Quaid) und der letzte lebende Drache tun sich zusammen, um einen Tyrannen zu stürzen. Gelungene Mischung aus Fantasy- und Ritterfilm.

Elliott – Das Schmunzelmonster (Regie: Don Chaffey/USA 1977):

Ein Drache, der sich unsichtbar machen kann, hilft einem Waisenjungen, eine neue Familie zu finden. Unaufgeregter Spaß für Kinder mit netten Trickaufnahmen.

Mulan (Regie: Tony Bancroft & Barry Cook/USA 1998):

Die junge Titelheldin rettet, unterstützt vom quirligen Minidrachen Mushu, im alten China die gesamte Nation. Animierter Hit aus dem Hause Disney.

Die unendliche Geschichte (Regie: Wolfgang Petersen/BRD 1983):

Aufwendige Verfilmung der ersten Hälfte von Michael Endes Bestseller. Im modernen Märchen ist der Glücksdrache Fuchur neben dem Bücherwurm Bastian Balthasar Bux eine zentrale Figur. geh

Eine virtuose Neuinterpretation, die sich eng an den Auftaktfilm der Serie hält. Eine Mischung aus Abenteuer- und Fantasy-Film mit eingebetteter Coming-of-Age-Story. Modernste CGI-Effekt-Technologie gilt es zu bestaunen, jede Menge turbulente, streckenweise lustige Live-Action und selbst am (Teenager-)Herzschmerz fehlt es nicht. Zig verschiedene Drachen, einige mit mehreren Köpfen und solche, die an die „Jurassic Park“-Saurier erinnern, kommen zum Einsatz.

Film gibt Anstöße zum Nachdenken über ein friedliches Miteinander

Die Wikinger – Vergleiche mit „Wicki und die starken Männer“ sind erlaubt – pflegen einen rauen Umgangston, tragen Helme mit mächtigen Hörnern und pflügen mit Langschiffen durch die sturmumtoste See. Bestechend die Sequenz, in der die Nachwuchswikinger, darunter Hicks und Astrid, in einer in die Felswand gehauene Arena darum kämpfen, der/die beste ihres Jahrgangs zu sein.

Mit Hicks als logischem Gewinner, meistert er doch die Herausforderung, die verschieden Drachen in deren Behausung zurückzudrängen, mit Herz und Hirn statt Muskelkraft. „Gladiator“ lässt augenzwinkernd grüßen – zeitgemäß und politisch korrekt in pazifistischer Form aufbereitet. Wie das Werk generell ein friedliches Miteinander propagiert, auf die Gleichstellung der Geschlechter setzt und im Ensemble unterschiedliche Ethnien eint. Im Vordergrund aber steht die Unterhaltung.

Im County Antrim in Nordirland – bekannt als Schauplatz der Hitserie „Game of Thrones“ – wurde unter anderem gedreht. Schroffe, bizarre Felsformationen und saftig grüne Wiesen fängt „Matrix“-Kameramann Bill Pope pittoresk ein, trefflich untermalt von John Powells („Solo: A Star Wars Story“) dramatischer Musik. Mit Spaß sind die Darsteller – besonders der muskelbepackte Butler („300“) als gutmütiger, stimmgewaltiger Rabauke – bei der Sache; die Chemie zwischen dem knuffigen Thames („For All Mankind“) und dem selbstbewussten Frisurwunder Parker („The Last of Us“) stimmt. Spritzig-witziges, gut zwei Stunden langes Entertainment für Groß und Klein. Nur für Vorschulkinder wohl etwas zu gruselig.

Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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