Mannheim. „Ihr könnt sagen, Ihr habt sie hier in Mannheim zuerst gehört”, rief Söhne-Mannheims-Sänger Rolf Stahlhofen bei einem weihnachtlichen Benefizkonzert 2019 im Rosengarten dem begeisterten Publikum zu. Gemeint war Adina, bei diesem Gastauftritt 21 Jahre alt und relativ frisch nach Heidelberg gezogen, um ihr Doppelstudium Jura/Philosophie zu beenden. Aber eigentlich ist klar: Die begabte Sängerin will Profimusikerin werden.
Rund elf Wochen später legte das Corona-Virus die Welt weitgehend still. Mit besonders heftigen Auswirkungen auf die Kultur. Speziell junge Karrieren wurden rapide ausgebremst. Es gab bis heute für Newcomer wenig bis keine Möglichkeiten, sich über Live-Konzerte und Festivals ein Publikum zu erspielen. Das betraf auch die 1998 in Regensburg geborene Adina Mitschele. Aber auch bei ihr findet sich die vielbeschworene Resilienz von Kulturschaffenden, die vielerorts an Widerstände, knappe Mittel und kreatives Improvisieren gewöhnt sind.
Deshalb kommt es der 23-Jährigen gar nicht in den Sinn, über entgangene Chancen zu klagen. Sie hat die weitgehende musikalische Zwangspause eindrucksvoll genutzt: „Die Pandemie war für mich nicht nur schlecht. Aber es gab kaum Konzerte und auch jetzt ist sehr wenig planbar.“ Beschäftigung hatte sie mehr als genug: Die in Karlsruhe aufgewachsene Musikerin sitzt nicht nur an ihrer Bachelor-Arbeit in Philosophie und steht vor dem ersten Jura-Staatsexamen, sondern wurde auch in die 23. Generation des Bandpool-Förderprogramms der Popakademie aufgenommen, hat Ende 2020 neue Produzenten gefunden und sich musikalisch neu erfunden.
Den Stil der Songs, die sie für ihr neues Projekt ADINA zurzeit aufnimmt, charakterisiert sie selbst wie folgt: „Ich bin ganz klar auf dem Trip, dass ich Deutschpop mache, mit urbanen, elektronischen Einflüssen. Aber mit dem Schwerpunkt Pop.“
Urbaner Deutschpop
Ähnlich wie zum Beispiel die amtierende Deutschpop-Queen LEA hat sie technische Stimmoptimierung zwar null nötig, aber trotzdem bei der Produktion keine Scheu vor dem Einsatz der Autotune-Software: „Das ist ein Stilmittel, das aktuell viel in der Popmusik und im Hip-Hop verwendet wird. Wir haben gemerkt, dass es der Soundästhetik und der Stimme guttut.“ Was die Wahl-Heidelbergerin selbst gerne hört, klingt dabei stark durch: „Viel Billie Eilish und Marteria im deutschsprachigen Bereich. Auch die Post-Malone-Vibes finde ich sehr cool, ansonsten ist die Bandbreite relativ weit.“
Das auf modernem US-Pop und Hip-Hop fundierte Spektrum hört man neuem Material wie „Schwarzes Konfetti“ oder „Ok Danke Ciao“ deutlich an, während ein Song wie „Weiter“ gut ins aktuelle Deutschpop-Raster passt.
Die Texte haben ungewöhnlichen Tiefgang und wirken trotz der Zugänglichkeit der Musik reflektiert und persönlich. „Mir ist am wichtigsten, dass meine Musik sowohl textlich als auch vom Sound her Lebensgefühl transportiert. Dass man sie später mit speziellen Momenten verbindet, in denen man sie gehört hat. Oder dass sie ein Gefühl widerspiegeln, dass tief in dir drin ist, so dass du einen leichteren Zugang dazu bekommst.“
Sie selbst sei immer ein sehr verkopfter Mensch gewesen, der viel für die Zukunft gelebt habe. „Bis ich merkte, dass ganz viel Lebendigkeit und Schönheit im Moment liegt. Und nicht immer nur im Morgen. Das ist das Ziel, das möchte ich transportieren.“
Spendenkonto für Streaming-Event „KulturGut 2“
- Die Sängerin und Songwriterin Adina Mitschele wurde 1998 in Regensburg geboren. Sie wuchs ab 2001 in Karlsruhe auf, studierte zunächst in Freiburg und seit 2018 in Heidelberg Jura und Philosophie.
- Seit 2021 nimmt sie am Bandpool-Programm der Mannheimer Popakademie teil. Außerdem arbeitet sie im Studio an eigenen Songs.
- Wie im Vorjahr möchte diese Redaktion Kreative aus Mannheim und der Region in der Corona-Krise unterstützen. Mit der zweiten Auflage des KulturGut-Festivals rückt die jüngere Generation in den Fokus, deren Karriere durch die Pandemie ausgebremst wurde.
- Bisher stehen neben ADINA als Teilnehmende Alex Mayr, Listentojules, Paul Gerlinger und im Jazz-Bereich Gabriele Maurer (Gesang, Saxofon), Sängerin Jil Pappert, Bassistin Shana Moehrke sowie Pianist Philipp Weyand fest.
- Anfang Februar wird im Mannheimer Musik-Kabarett-Schatzkistl zum zweiten Mal ein Streaming-Festival aufgezeichnet. Die voraussichtlich 15 Teilnehmenden aus den Bereichen Pop, Jazz und Kleinkunst bekommen Pro Kopf (samt ihrer etwaigen Instrumental-Begleitung) eine Garantiegage von 100 Euro.
- Dazu kommen Spenden unserer Leserinnen und Leser, die bei der ersten Auflage alle Erwartungen übertroffen haben. Dadurch konnten im Vorjahr 26 Kreative mit jeweils 515 Euro und einem Mitschnitt für PR-Zwecke unterstützt werden.
- Gespendet werden kann ab sofort wie gewohnt an den Verein KulturNetz Mannheim Rhein-Neckar mit dem Betreff „KulturGut“.
- Die Bankverbindung: Sparkasse Rhein Neckar Nord, IBAN: DE51 6705 0505 0038 9769 82.
- Wenn es die Pandemielage zulässt, werden unter den Spenderinnen und Spendern bis zu fünfmal zwei Plätze im Schatzkistl verlost.
Zur Popmusik kam Adina vergleichsweise spät: „Ich habe zwar bereits mit vier klassische Violine gelernt und wollte das auch unbedingt.“ Deshalb sei sie lange gar nicht mit Popmusik konfrontiert worden - bis 2009 Michael Jackson starb. „Da hat uns eine Lehrerin ein bisschen was von ihm vorgespielt und bei mir ist ein richtiges kleines Fantum entstanden.“ Popmusik wurde wichtig, dieselbe Lehrerin meldete die Achtklässlerin bei Jugend Musiziert in der Sparte Popgesang an. Erfolge auf Landes- und Bundesebene machten früh klar, wie viel Potenzial in der ausdrucksstarken Stimme steckt, die oft das Gefühl vermittelt, sie brauche gar nicht ihre volle Kraft, um zu wirken.
Mit 15 Jahren stieß sie in Karlsruhe zu einem Pop-Musical-Projekt, wo sie auf etablierte Musiker traf. Damit fand der Start zwar gleich auf Profi-Level statt, aber Adina ist klar: „Dadurch habe ich natürlich auch einige Schritte übersprungen, die für die Entwicklung einer Musikerin wichtig sind.“ Zum Beispiel habe sie erst vor anderthalb Jahren ihren ersten eigenen Song geschrieben.
Im Gespräch bei Platten-Labels
Ende 2020 begegnete sie dann dem Produzenten Bene Maile (Oh Brother, Bukahara, Gregor Meyle, Imagine Dragons, L’Aupaire, „Sing mein Song“), mit dem sie den Sound für das Projekt ADINA kreierte. Wie man hört, gibt es dazu schon aussichtsreiche Gespräche mit Platten-Labels. Mehr als „Es geht voran“ möchte die Sängerin dazu nicht sagen. Aber sie formuliert ein Ziel, nämlich „Live auf die Größe von LEA zu kommen. Denn ich liebe es, live zu spielen.“ Das ist ambitioniert, aber nicht unrealistisch. Davon kann sich das Publikum beim Kulturgut-Festival überzeugen.
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