Ein "lichtes Wesen", ein "Lauscher auf das Ewige". Hermann Löns wurde schon zu Lebzeiten von seinem Verlag zum "bedeutendsten Dichter unseres Jahrhunderts" erhoben. Und auch wenn sein "Kollege" Kurt Tucholsky milde über den Jägerpoeten spottete - die Nachwelt stilisierte ihn zum Mythos. Heute, genau 150 Jahre nach seiner Geburt, sehen viele den Autor der "Mümmelmann"-Geschichten als eine Art Vorläufer von Greenpeace, als Naturforscher und -schützer, sogar als einen Kriegskritiker.
Nüchterner fiel das Urteil seiner zweiten Frau, Lisa Hausmann-Löns, aus. Sie bezeichnete Löns als "einen armen Kerl, der mit seinem Leben nicht fertig wurde und von einem Extrem ins andere fiel". Abgebrochenes Studium, Trinkerei, Ausschluss aus der schlagenden Verbindung - Löns gilt als Raubein und Saufbold, der keinem Streit aus dem Weg geht. Er schreibt, dichtet, seine lyrischen Ergüsse sind unterschiedlicher Qualität. Dann der Bruch mit dem Vater, dem er vorwirft, seine Erziehungsversuche auf dem "Grundsatz der Verneinung" aufgebaut zu haben.
Chefradakteur in Kaiserslautern
Aber da gibt es bei ihm von früh an ein besonders inniges Verhältnis zur Natur. Doch sein Faible für deren Hege und Pflege kann ihn nicht ernähren. Er landet schließlich beim Journalismus. Und er bringt es bei der "Pfälzischen Presse" in Kaiserslautern bis zum Chefredakteur, verliert aber wiederum wegen Alkohol und Unpünktlichkeit seine Stelle.
Als Glossenautor macht er sich beim "Hannoverschen Anzeiger" unter dem Pseudonym "Fritz von der Leine" einen Namen. "Ich führte ein ganz äußerliches Leben, das sich in der Hauptsache zwischen der Zeitung und der Jagd abspielte. Die Heide war meine beste Lehrmeisterin." Eine Ehe sorgt für ein wenig Ruhe. Erste Bücher erscheinen: "Da draußen vor dem Tore", "Das Tal der Lieder". Doch Löns Ehe scheitert, weil seine Frau Elisabet Erbeck kein Kind zur Welt bringen kann. Lisa Hausmann, die zweite Frau, arbeitet als Redaktionssekretärin, hat Jack London übersetzt und gilt als engagierte Frauenrechtlerin. Das Kind aus dieser Ehe ist behindert. Zur Ruhe kommt die Familie nicht.
Löns verliert erneut die Anstellung, erleidet einen Nervenzusammenbruch, schreibt aber weiter. Die meisten Bücher entstehen in kurzen Abständen - und erscheinen in hohen Auflagen. So der Bauernroman "Der letzte Hansbur", "Dahinten in der Heide", "Der Mümmelmann", "Was da kreucht und fleugt", "Aus Wald und Heide" und "Das zweite Gesicht". Aber auch die zweite Ehe steht nicht unter einem guten Stern. Löns, inzwischen 45, reist durch Europa - ständig auf der Suche nach neuen Abenteuern - und landet mit seiner dritten Lebensgefährtin, Ernestine Sassenberg, wieder in Hannover. Als im August 1914 der Krieg ausbricht, meldet er sich als Freiwilliger und fällt kurz darauf bei einem Sturmangriff auf Reims.
Die Nationalsozialisten lobten den "Heidedichter" als bodenständigen Dichter, als Vordenker der "Bewegung" und veranlassten seine "Heimholung ins Reich". Doch ob unter dem Grabstein in Walsrode in der Lüneburger Heide wirklich die Gebeine von Löns ruhen, ist nicht geklärt. Seine Fans hat dies nie irritiert. An Löns-Gedenktagen pilgern sie scharenweise zu seinem vermeintlichen Grab in der Heide, die er so malerisch wie sentimental bedichtet hat: "Und geht es zu Ende, so lasst mich allein/Mit mir selber auf einsamer Heide sein (. . .)". Die Gesamtauflage seiner Bücher wird heute auf rund zehn Millionen Ausgaben geschätzt.
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