Kunst - Der Mannheimer Maler Walter Stallwitz ist tot / Lebensthema war der Mensch und sein Umfeld / Berühmt für Konterfeis von Willy Brandt oder Günter Grass

Der Mannheimer Maler Walter Stallwitz ist tot

Von 
Dr. Susanne Kaeppele
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Walter Stallwitz 2009 in seinem Atelier in der Sternwarte. © Manfred Rinderspacher

Mannheim.

Der große Mannheimer Künstler ist heute Nacht im Alter von 92 Jahren verstorben. Er war schon länger schwach und musste zuletzt seine Wohnung am Herzogenriedpark verlassen.

Eine klassische Nachkriegsbiografie: 1929 in Mannheim geboren, sollte der junge Walter Stallwitz noch in den letzten Kriegstagen eingezogen werden, was seine Eltern verhindern konnten. Mit einer Lehre als Maler und Tüncher sollte er zum klammen Familieneinkommen beitragen. Aber er brach die Lehre ab und studierte lieber mit 17 Jahren an der Freien Akademie Mannheim (1946 bis 1950) bei Paul Berger-Bergner, Carl Trummer und Cherlé (eigentlich Franz Albert Schumacher), der am ehesten den philosophischen Interessen seines Studenten nachkam. Wie viele seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen ging er an die Sommerakademie in Salzburg von Oskar Kokoschka, von dem er auch eine zeittypische Anerkennung seiner Kunst erfuhr: Der berühmtere Künstler bescheinigte ihm, dass er „künstlerisch zu Hoffnungen berechtigt (sei), falls er nicht verhungert im prosperierenden Deutschland“.

Türen der Sickinger-Schule

Aber so schlimm kam es nicht, Stallwitz hatte etliche Ausstellungen und Stipendien in diesen Jahren, wurde etwa von der Michael-Karolyi-Stiftung in Vence (Frankreich) unterstützt. Er hatte relativ schnell Erfolg und konnte mehrfach in der Kunsthalle Mannheim ausstellen, zuerst 1970 unter Heinz Fuchs, aber auch im Kunstverein, in Göttingen oder Pforzheim und er erhielt auch etliche Preise.

Aber für Stallwitz waren auch die Kunst-am-Bau-Projekte in Mannheim interessant, er entwarf etwa 1963 für die Sickinger-Grundschule (inzwischen abgerissen) in T 4/T 5 Klassenzimmertüren im sogenannten Resopalunterdruckverfahren. Dazu wird Zeichnung und Malerei auf beharztem Papier erstellt, das Papier wird sodann in diese Kunststoffmasse gepresst und das hält dann ewig, „wie eine Fliege in Bernstein“, so der Künstler.

Walter Stallwitz

  • Walter Stallwitz wurde am 28. April 1929 in Mannheim geboren. Er studierte von 1946 bis 1950 an der Freien Akademie bei Paul Berger-Bergner, Cherlé (Franz Albert Schumacher) und Carl Trummer. Seit 1958 unterhielt er sein Atelier in der Alten Sternwarte am Eisstadion.
  • Stipendien und Preise: 1957 Kunstpreis der Jugend von Baden-Württemberg, 1957 Stipendium der Michael-Karolyi-Gedächtnisstiftung in Vence (Frankreich), 1978 Bronzemedaille der polnischen UNESCO-Kommission für bildende Künste, 1980 Medaille des polnischen Kulturministeriums. 1993 erhielt er das Bundesverdienstkreuz, das er ein Jahr später zurückgab.
  • Viele Ausstellungen, darunter im Kunstverein Mannheim und Kunstverein Pforzheim, in der Kunsthalle Darmstadt, mehrfach in der Kunsthalle Mannheim.

Aber sein Lebensthema wurde der Mensch und sein Umfeld, die Soziologie und die Psychologie in Verbindung mit Kunst. Stallwitz hat immer viel gelesen, diskutiert und nachgedacht. „Der ausgesparte Mensch“, wie eine Ausstellung der Kunsthalle einmal betitelt war, besagt das genau, aber Stallwitz geht es um die Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit jedes einzelnen Menschen. So wurden Porträts seine große Leidenschaft, er machte sich schon in den 1970er Jahren einen Namen mit den Konterfeis von Willy Brandt, Günter Grass, Heinz Fuchs oder Robert Häusser. Das Festhalten auf der Bildfläche mit Tupfen, Taches (Flecken), das ständige Experimentieren, bis der Bildgegenstand wirklich erfasst ist und auf der Bildfläche erscheint.

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Aber künstlerisch wichtig waren ihm auch seine Schlingen- und Schattenbilder, die immer auch von der Entfremdung des Menschen in seiner Welt sprechen. Auch seine Kandelaber-Bilder, die verschwimmen in ihrer großartigen Farbigkeit bei gleichzeitigem Verschwinden der sichtbaren Formen im tiefen Raum. Seine philosophische Grundhaltung war zutiefst pessimistisch, was den Menschen und seine Umwelt angeht, aber die Malerei hat ihn immer gerettet, das reine Schauen, denn er hätte immer nur sitzen und schauen können, auf den Menschen überall auf der Welt. Und dass er leidenschaftlich gern Tischtennis gespielt hat, wissen die Freunde und Eingeweihte ...

Zuletzt hat er viele Gemälde der Sternwarte angefertigt, Fensterbilder, die großartige Farbräume erschaffen, ein Flirren und Glitzern erzeugen, und immer wieder ganz irreale Räume, in denen der Betrachtende sich verliert.

Dieses sein Atelier in der Sternwarte ist noch erhalten und die Künstlernachlässe Mannheim, die seinen Nachlass verwalten werden, wollen dafür sorgen, dass es erhalten bleibt, auch als Zeitzeugnis eines großen kritischen Geistes und großen Mannheimer Künstlers.

Freie Autorin Freiberufliche KunsthisitorikerinSchwerpunkte: Aktuelle, zeitgenössische Kunst, Videokunst, Fotografie,Klass. Moderne, Renaissance

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