Pop - Die Get Well Soon Big Band glänzt im BASF-Feierabendhaus mit einem Spektrum zwischen orchestraler Wucht, kammermusikalischer Finesse und Indie-Rock

Das wunderbare Horrorkabinett des Dr. Gropper

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Beeindruckende Show: die Get Well Soon Big Band um Konstantin Gropper. © Ri

Dieses Intro muss man schon Ouvertüre nennen. Die Get Well Soon (GWS) Big Band startet mit kammermusikalischer Finesse in ihr kleines Bisschen „Horror“-Show im BASF-Feierabendhaus in Ludwigshafen. Dann übernimmt Verena Gropper im ersten Lied „Future Ruins Pt. 2“ einfühlsam die Verse, die auf der aktuellen GWS-Platte „The Horror“ die tunesische Sängerin Ghalia Benali singt. Schnell geht es Richtung Indie-Rock – und zurück zur orchestralen Opulenz. Konstantin Gropper, Kopf des Mannheimer Bandprojekts, gibt dabei den tanzenden Dirigenten und Frontmann in Personalunion – mehr musikalische Vielfalt ist im deutschen Pop selten zu bestaunen. Ein mit zunehmender Spielzeit immer beeindruckenderes, lustvolles Live-Musikspektakel.

Dabei geht es um inhaltlich Ängste und darum, wie sie unsere Welt auf allen Ebenen beeinflussen: Mit der Zeile „Horror makes the World go round“ aus dem Titelsong der aktuellen Platte bringt Gropper dieses zentrale Thema im zweiten Lied mit seinem warm schimmernden Bariton auf den Punkt. Das wird in vielen musikalischen Facetten mit einer Grandezza erzählt, die an Hollywood-Filmmusik aus der Ära Frank Sinatras oder Fred Astaires erinnert.

Die Kern-Band um das Gropper-Geschwisterpaar, Gitarrist Maximilian Schenkel, Bassist Timo Kumpf, Keyboarder Marcus Wuest und Schlagzeuger Paul Kenny wurde für diese Tournee um vier Bläser, drei Streicher der Berlin Strings und den kanadischen Sänger Sam Vance-Law als ersten Geiger erweitert. Diese kammermusikalisch aufgestellte Big Band hat mit den Swing-Combos nur die Namenschilder vor den Plätzen der Musiker gemein. Hier sind es weiße Fahnen mit Schreckensmotiven. Was wie nebenbei an die Schauerbilder mittelalterlicher Moritatensänger erinnert – die Show ist bis ins kleinste Detail stimmig.

Bisher bestes Tourkonzept

Was deutlich mehr Resonanz verdient gehabt hätte. Gropper begrüßt die Zuschauer im nicht mal halb gefüllten Saal dann auch mit der Einsicht in das Unabänderliche: „Ich freue mich, dass überhaupt jemand gekommen ist angesichts der Nachrichten über die verkehrstechnische Isolation Ludwigshafens. Uns hat die BASF wenigstens mit dem Heli eingeflogen“, witzelt der 37-Jährige. Dabei ist der kühle Prunk des Feierabendhauses wie gemacht für das wunderbare feinsinnige Horrorkabinett des Dr. Gropper.

Mit am beeindruckendsten: Wie er und seine Schwester gerade symbiotisch agieren, wenn es um zweistimmigen Gesang geht, etwa in „Martyrs“. Verena Groppers kongeniale Rolle wird oft unterschätzt, die Multiinstrumentalistin bringt sogar eine Melodika in Einklang mit den Streichern. Dass auch Momente mit ganz kleiner Form – Gesang und Gitarre – und krachender Indie-Rock, bis Groppers Finger bluten, gelingen, rundet das bisher beste GWS-Tourkonzept ab. Applaus im Stehen!

BASF

Horrorshow im Feierabendhaus

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