Schauspiel

Berliner Ensemble zeigt "It's Britney Bitch" im Pfalzbau Ludwigshafen

Sina Martens schlüpft in die Rolle von Popikone Britney Spears - und auf der Bühne auch wieder aus ihr heraus. Die Karriere der Sängerin dient als Metapher dafür, dass auch in Deutschland noch vieles falsch läuft

Von 
Julius Paul Prior
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Sina Martens in ihrer Rolle als Britney Spears. © JR Berliner Ensemble

Ludwigshafen. „It’s Britney, Bitch!“ Aber nicht die Britney Spears mit perfektem Image in einer Welt ohne Probleme. Die Popikone steht in dem Stück „It’s Britney, Bitch!“ mit Sina Martens vom Berliner Ensemble für die Benachteiligung aller Frauen in der Gesellschaft. Im Pfalzbau in Ludwigshafen liefert die Schauspielerin unter Regie von Lena Brasch eine Vorstellung, die bis auf die Knochen geht.

„Ich habe gerade ein neues Telefon bekommen und habe viel zu sagen“, steigt die als Britney Spears gestylte Sina Martens ein. Es ist der Beginn der Aussage des Popstars vor der Richterin Brenda Penny, in ihrem Kampf, die Vormundschaft durch ihren Vater zu beenden. Emotional erzählt die Schauspielerin die Geschichte einer Person, deren Hilfeschreie offensichtlich waren, aber trotzdem überhört wurden.

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Auf die düsteren Einspieler der Komponistin Friederike Bernhardt singt Sina Martens die Texte von Britney Spears. Die Zeilen von „Toxic“ bekommen in dem langsamen Tempo eine völlig neue Bedeutung. Jetzt ist nicht mehr die Rede von der Sucht nach einem Mann und dessen Liebe, sondern die Wahrheit, die sich vor dem Hintergrund der Aussage des Popstars herauskristallisiert: die Sucht nach einer Droge. Bei „Baby One More Time“ ist der Hilferuf der Sängerin nun deutlicher als je zuvor: Ihre Einsamkeit bringt sie langsam um. Die Einsamkeit, die sie unter der Kontrolle ihres Vaters und ihrer Manager verspürt.

„Britney ist in uns allen“, erklärt nun Sina Martens. Die Grenzen zwischen ihrer Rolle als Britney Spears und ihr selbst verschwimmen immer wieder. Die Schauspielerin philosophiert über Frauenbilder, Drogen, Liebe und die Presse. Dabei sind ihre Aussagen weniger Überlegungen – die Texte von Lena Brasch, Laura Dabelstein, Miriam Davoudvandi und Fikri Anil Altintas stellen gesellschaftliche Normen in Frage.

„Horror-Karriere“ kein Einzelfall

„Wieso sterben weibliche Stars nicht an einer Überdosis?“, fragt die Schauspielerin, oder: „Wieso ist das Image der Person wichtiger als diesen Menschen zu helfen?“ Bei Amy Winehouse titelten Boulevard-Blätter: „Tot aus Liebeskummer?“ Dafür kritisiert Sina Martens auch die Presse, die alles so ausschlachte, dass sie am meisten davon profitiere – eben auch bei Britney Spears, die als Minderjährige in Interviews gefragt wurde, ob sie noch Jungfrau sei.

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Von
Martin Vögele und Jörg-Peter Klotz
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„Britney hat das, was alle Mädchen durchmachen müssen im großen Stil in der Öffentlichkeit durchgemacht“, erklärt Sina Martens. Die Nachricht, für die das Stück, die Leidensgeschichte von Britney Spears, als Metapher dient, ist klar: Die „Horror-Karriere“ ist kein Einzelfall und auch im deutschen Theater kommt es weiter zu Diskriminierung des weiblichen Geschlechts. Die Schauspielerin verpackt das alles emotional in einem Wechsel zwischen Britney und ihr selbst. Mit Ausrastern im einen und Gelassenheit im nächsten Moment. Eine Vorführung, die zunächst schockt und gleich darauf animiert, die Ungleichheit aus der Welt schaffen zu wollen.

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