Heidelberg. „Anima-L“ lautet der Titel der aktuellen Ausstellung der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg - und bringt in seiner Doppeldeutigkeit den vielschichtigen Inhalt der gezeigten Werke zum Ausdruck: „Animal“ ist das englische Wort für Tier, „Anima“ der lateinische Ausdruck für die Seele. Nicht nur durch den Titel, sondern auch durch den Bedeutungsgehalt der ausgestellten Werke regt die Ausstellung zum Nachdenken über ein Verhältnis an, das zu den Bedingtheiten unserer Existenz gehört, nämlich die Beziehung zwischen Mensch und Tier.
Wird dieses widersprüchliche Verhältnis kulturgeschichtlich jeweils unterschiedlich ausgestaltet, hat es bei den Künstlerinnen und Künstlern der Prinzhornsammlung noch eine zusätzliche Dimension - denn bei dieser Sammlung handelt es sich um Werke von Insassen psychiatrischer Einrichtungen, die von dem Psychiater und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn (1886-1933) systematisch gesammelt wurden. Er interessierte sich für Kunstwerke, die entstehen, wenn die durch gesellschaftliche Konventionen geschaffenen Einstellungen aufgrund psychischer Störungen brüchig werden.
Sammlung Prinzhorn
- Universitätsklinikum Heidelberg, Voßstraße 2
- Bis 30. März. Öffnungszeiten: Di-So 11-17 Uhr, Mi 11-20 Uhr
Unter den 200 Arbeiten, die in der aktuellen Ausstellung zu sehen sind, befinden sich sowohl Arbeiten, die in den historischen Bestand der Prinzhorn-Sammlung gehören, als auch solche, die in den vergangenen Jahren neu hinzukamen. Dabei ist die Ausstellung in unterschiedliche Bereiche gegliedert, die verschieden Aspekte der Tierdarstellungen in den Fokus nehmen: Haustiere, Tiersymbolik, Hybridwesen, die Teufelsschlange und die Austreibung aus dem Paradies, oder Tiere in Bibel.
Die Spannbreite der Darstellungen reicht vom freundlichen Gegenüber in Gestalt eines kleinen Hundes auf hohen Beinen von Martina Kügler (1945-2017), bis zur Horrorgestalt auf dem Ausstellungsplakat, einem Ziegenbock mit der Teufelsfratze, die seinem anonymen Schöpfer (1926) Angst und Schrecken einjagte. Eine gleiche Funktion erfüllte möglicherweise auch der „Höhlenkater“ von 1914, den Oskar Herzberger (1844-1917) in Szene setzte.
„Ganze Kosmologien werden um das Thema Tier entwickelt“, erzählt Kuratorin Ingrid von Beyme. „Zum Beispiel bei August Natterer (1868-1933), bei dem ein Hase die Weltachse schmiert, oder bei Paul Goesch (1885-1940). Alle seine Madonnendarstellungen tragen die Züge der Hohenzollernprinzessin Victoria von Bentheim.
Vögel sind in vielen Bildern der Anstaltsinsassen ein Symbol der Freiheit. In diesem Kontext steht dann auch Nathan der Weise, der bei August Klett (1866-1928) als weißer Storch erscheint. Allerdings sind die Vögel, wie die meisten Tierwesen in der Ausstellung, meist doppeldeutig und der Teufel schaut dabei oft um die Ecke, wie zum Beispiel bei den Raben, die sich über einen roten Fuchs hermachen. Bildern wie diesem merkt man die inneren Kämpfe an, die ihre Künstlerinnen und Künstler führten und mit hoher authentischer Wirkung ins Bild setzten. Es ist ein Kampf ums Dasein. Sehr bemerkenswert zu sehen ist dies auch bei Hans Wühr, bei dem der Rumpf eines fischverschlingenden Menschen selbst zum Fisch wird, der einen Menschen verschlingt.
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