Die Mannheimer Popakademie ist am Mittwoch in der Alten Feuerwache ihrem guten Ruf wieder gerecht geworden. Ein viel unterhaltsamerer Festakt zum Jubiläum einer staatlichen Institution inklusive feierlicher Verabschiedung der Gründungsdirektoren Hubert Wandjo und – vorab – Udo Dahmen ist schwer vorstellbar. Von der Begrüßung durch Wandjo-Nachfolger Michael Herberger über die kenntnisreichen Würdigungen durch Kunstministerin Petra Olschowksi oder Oberbürgermeister Peter Kurz bis zur lokal kolorierten Laudatio von Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie ließen fast alle Redenden die Erfolgsgeschichte des „Leuchtturms“ in der Hafenstraße facettenreich Revue passieren.
Abschied von den „Kuschelkatzen“
Flankiert von Live-Musik und Grußbotschaften aus dem Spektrum von Udo Lindenberg und (äußerst anrührend) Alice Merton bis zu erfolgreichen Ex-Musikbusiness-Studierenden. In seiner Abschiedsrede verriet Wandjo auch, dass man im Stuttgarter Ministerium mit Blick auf vergleichbare Häuser stets über die Harmonie in der Doppelspitze aus ihm und Dahmen gestaunt habe: „Ihr seid ja richtige Kuschelkatzen.“ Der Abschied mündete aber direkt in einen Neustart: Mit einem Festival startete das Land sein Dialog-Projekt „Popländ“, an dem das Duo Dahmen/Wandjo mitarbeitet. Die Popakademie konnte dabei ihre musikalische Vielfalt eindrucksvoll demonstrieren: Kompetenter Mainstream von Überraschungsgast Joris, Adina oder ok.danke.tschüss mischte sich mit dem Virtuosentum der Schlagzeugmafia, Indie-Pop von Get Well Soon mit Alex Mayr oder – tags darauf – dem Ansatz des Trios Engin, das in eingängigen Indie-Rock türkische Texte einfließen lässt.
Am Donnerstagmorgen eröffnete Staatssekretär Arne Braun das Auftakttreffen des auf ein Jahr angelegten „Dialogs Popkultur“ in der Popakademie, der nach dem Start in Mannheim in den anderen drei Regierungsbezirken fortgesetzt wird – mit Kreativen, Veranstaltenden und möglichst der Kommunalpolitik. Das Finale ist in einem Jahr in Stuttgart geplant.
„Popkultur muss die Anerkennung bekommen, die sie verdient. Dazu gehören natürlich die Frage der politischen Unterstützung und Förderprogramme“, erklärt Braun im Gespräch mit dieser Redaktion die Grundüberlegung hinter „Popländ“. Denn: „Kultur, dazu gehört Pop natürlich auch, ist unglaublich wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft.“ Ziel des Prozesses sei es, im Dialog herauszufinden: „Wie tickt die Szene? Welche Probleme gibt es, wie können wir helfen? Geht es um Proberäume, um Auftrittsmöglichkeiten, Vernetzung, zu viel Bürokratie oder um Anerkennung?“
Was braucht die Szene im Land?
Wie dann die Hilfe konkret aussehen kann, soll bis zum Ende des Dialogs erarbeitet werden. Da könne es laut Braun um Formate gehen, mit denen man Menschen erreiche. Um die nötige Infrastruktur in den Kommunen „auch abseits der normalen Bühnen. Ich bin ein Fan davon, Räume zu öffnen, die ganz andere Sachen möglich machen, wenn man sie kulturell bespielt.“ Oder auch um die Frage, wie der Pop der Zukunft aussieht oder das Thema „Identifikation und Pop“ – „in Zusammenarbeit mit Dahmen und Wandjo.“
Die Popakdemie-Gründer gehören zu einem Kuratorium, in dem Leute aus verschiedensten Bereichen zusammenkommen und den kompletten Prozess begleiten sollen. Ziel sei es, so Braun, „Leitplanken und Maßnahmen für die Popförderung zu entwickeln“. Natürlich gelte dabei der Finanzierungsvorbehalt. Viel Hoffnung auf Umverteilung der Mittel von der traditionellen Subventionskultur auf die freie Musikszene macht der Staatssekretär zwar nicht: „Aber wenn wir die Bedürfnisse der Popkultur gut begründen können, wird es Möglichkeiten geben.“
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