Mannheim. Bis auf ein paar vereinzelte Plätze ist die Alte Feuerwache ausverkauft. Warum? Zwei Autoren des Fußball-Fan/Kultur-Magazins „11 Freunde“ lesen Artikel vor, erzählen Anekdoten und zeigen Video-Clips. Dass Chefredakteur Philipp Köster mit Edelfeder Stephan Reich regelmäßig auf Deutschland-Tour geht und volle Häuser rockt, immer wieder auch in Mannheim, unterstreicht den Singularitätscharakter der monatlich erscheinenden Publikation. Denn selbst in besten Zeiten von „Kicker“, „Stern“, „Spiegel“ oder „Landlust“ wäre so etwas undenkbar gewesen – Ausnahmen wie „Süddeutsche“-Kolumnist Axel Hacke bestätigen die Regel.
Ausgezeichneter Fußballjournalismus, der sich in besten Zeiten wie eine gute Kolumne liest
Das mag daran liegen, dass sich das 2000 von Köster mitgegründete Magazin oft durchgängig wie eine gute Kolumne liest: originell, tiefgründig und unterhaltsam, mitunter sehr lustig und ohne Angst vor subversiven Boshaftigkeiten. So war es jedenfalls zu den besten Zeiten des Magazins. Die liegen schon etwas zurück – seit Gruner & Jahr (G&J) 2010 51 Prozent der Anteile des in Berlin ansässigen „11 Freunde“-Verlags übernahm, findet sich etwas weniger verbales Lametta hinter den spektakulären Titelseiten. 2023 ersetzte die „Spiegel“-Gruppe G&J als Mehrheitseigner. Seit kurzem werden zentrale Inhalte wie große Interviews mit alten Fußball-Recken und Spielern der Stunde auch auf „Spiegel Online“ präsentiert.
Die Lacher kommen ständig, Themen sind dabei eher zweitrangig
Davon, dass das Magazin selbst in seinem Grimme-Preis-gekrönten Live-Ticker mitunter schwächelt, merkt man bei „11 Freunde live“ absolut nichts. Da wirken auch leicht angejahrte Geschichten von Köster und Reich frisch wie bei Drucklegung. Das spielfreudige Duo hat auf der Bühne nichts von verquasten Fußball-Nerds und hält den Ball so konsequent in der effizienten Zone, wie Xabi Alonsos Bayer Leverkusen. Nämlich dort, wo es die Zwerchfelle im Publikum strapaziert wie Elfmeter von Harry Kane die Tornetze. In der Alten Feuerwache ist die Lacher-Frequenz jedenfalls höher als bei mancher Comedy-Show.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.
Die Themen sind dabei eher zweitrangig: Ein großartig geschriebener Reich-Text über ein geplatztes Interview mit AS-Rom-Ikone Marco Delvecchio am Rande eines deutschen Hallenturniers funktioniert genau so gut wie Kösters grandiose Polemik gegen die überschätzte Zweite Liga aus der Pro-&-Contra-Rubrik „Liebe und Hass“ oder seine etwas zu oft eingestreuten Selbsterfahrungen beim ungeliebten TV–Talk-Format „Doppelpass“.
Hübsche Videos mit Tollpatschigkeiten ab der Kreisliga aufwärts und (Panini)-Bild-Einspieler räumen aber am meisten ab. Der Mannheimer Ausgleich bei der 1-1-Eigentorparade der Waldhof-Buben beim MSV Duisburg wird jedenfalls weniger bejohlt.
Keine Lehrstunden, wie man Fußball ordnungsgemäß liebt
Da Köster dankenswerterweise auf missionarische Lehrstunden verzichtet, wie „richtige Fans“ den Fußball ordnungsgemäß zu lieben haben, vergehen zwei unterhaltsame Stunden schnell wie ein Flugkopfball.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-kultur-11-freunde-live-erntet-in-mannheim-mehr-lacher-als-viele-comedy-shows-_arid,2195849.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html