Kommentar

Schreibt! Lest! Jetzt erst recht!

Stefan M. Dettlinger zu „Erzähl mir was“ und zum Welttag des Buches

Von 
Stefan M. Dettlinger
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Stefan Dettlinger © Rinderspacher

Was wird doch geunkt und geklagt auf der Welt. Seit Jahren und Jahrzehnten lamentiert der Mensch (je älter desto mehr), die Menschen (je jünger desto mehr) würden nicht mehr lesen und schreiben (können), und überhaupt: Der Untergang der Literatur und des Buches seien nah, die Ausdrucksmöglichkeiten, Kenntnisse in Rechtschreibung und Grammatik würden dramatisch abnehmen. Und so weiter. Und so fort. Ein Wunder, dass nicht gleich vom Ende der Schriftkultur die Rede ist, die es immerhin schon seit fast 8000 Jahren gibt. Alles Unsinn?

Am heutigen Welttag des Buches, an dem diese Redaktion auch den zweiten Schreibwettbewerb „Erzähl mir was“ startet, müssen wir feststellen: Wir lesen und schreiben mehr denn je: Studien, Nachrichten, E-Mails, Computerprogramme, Notizen, Zeitung, Buchhaltungen, Konzepte, Reden, To-do-Listen, Präsentationen und – ja, auch dies – Geschichten und ganze Bücher.

Die Zahl an Neuerscheinungen nimmt laut Börsenverein des deutschen Buchhandels zwar ab. Doch zum einen gibt es Selbstverleger. Und dann ist der Umsatz der Branche seit dem Höhepunkt 2009 mit 9,7 Milliarden Euro stabil. Der Markt klagt. Tatsache ist aber, dass er in zehn Jahren nur leicht geschrumpft ist (auf 9,3 Milliarden) – auch, weil E-Book-Dateien günstiger zu haben sind als Papier in Leineneinband.

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All das müssen wir zudem vor dem Hintergrund der digitalen Revolution betrachten, die sich seit Start von Internet und Mobilfunk in den 1990ern vollzieht. Davor wurde auf Papier gelesen. Heute wird auch auf Papier gelesen. Selbst der Börsenverein sagt, laut Studien sei der Käuferanteil stabil geblieben oder gar leicht gestiegen, obwohl der Anteil an Buchlesern zurückgehe. Mehr als jeder fünfte Deutsche und etwa jeder dritte Leser soll mehr als 18 Bücher lesen. In einem Jahr!

Wo wären wir, würden wir nicht schreiben, nicht lesen? Es gäbe keine Geschichte und keine Geschichten. Der Mensch, der durch seine Zivilisierung der Welt und Natur abhandengekommen ist, tritt ihr fremd gegenüber und beschreibt diesen Umstand. Schreiben ist eine Stellungnahme zur Welt. Diese Stellungnahme ist von jeher eine Art Größenwahn, geht sie doch davon aus, von allgemeinerem Interesse zu sein. Schreiben ist eine Form lautloser, friedlicher Kommunikation, die Sender und Empfänger Zeit zum Denken und Reflektieren lässt. Und dabei ist es egal, ob wir mit Platon, Goethe oder Joanne K. Rowling kommunizieren – oder den Verfassern der Novellen, die nun für den Wettbewerb „Erzähl mir was“ entstehen: mit Ihnen!

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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