Mannheim. Alles rächt sich im Leben - auch das Bahngleis. Wer Deutschland bis vor einiger Zeit noch für einen topmodernen Staat gehalten hat, der muss langsam, aber sicher, abschwören. Symbolisch dafür steht etwa die Schieneninfrastruktur auf der Riedbahntrasse zwischen Mannheim und Frankfurt. Diese befindet sich - mit Verlaub - in einem ähnlich abgerockten Zustand wie die Viererkette der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.
Dass die Strecke ab Juli 2024 für fünf Monate zum Zwecke einer Generalsanierung komplett gesperrt werden muss, kommt einem Offenbarungseid gleich. Und stellt die Fahrgäste aus der Region nach Corona-, Energie- und Inflationskrise vor eine weitere riesige Herausforderung. Wie widerstandsfähig muss man eigentlich heute sein? Wer nach einem Schuldigen dafür suchen möchte, muss unweigerlich Bahnvorstände aus den vergangenen Jahren angreifen, die Mahnungen und Warnungen geflissentlich überhört haben. Statt den wichtigen Korridor mit Zusatzschienen zu stärken, vegetierte die Infrastruktur vor sich hin, ohne dass sich jemand kümmerte.
Und das wohlgemerkt auf einer Verkehrsachse, die für die Region, für Deutschland und - im Hinblick auf den Warentransit zwischen Nordsee und Mittelmeer - auch für Europa die Funktion einer Hauptschlagader besitzt. Man kann schon jetzt erahnen, wie viele Kunden die Bahn während der fünfmonatigen Sperrung verlieren wird, weil die Alternativrouten in der Pfalz und entlang des Odenwalds für sie keine Option darstellen.
Andererseits: Man darf den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) für einen eitlen Politiker halten, aber man muss auch konstatieren, dass der Landauer die Dinge mit Verve anpackt - auch wenn das 49-Euro-Ticket bisher eine Mogelpackung ist. Wissing stellt sich gerade vielen Sünden der Vergangenheit, die mit seinen Vorgängern aus der CSU nach Hause gehen. Er spricht von einem Hochleistungsnetz, das zwischen Frankfurt und Mannheim entsteht. Nehmen wir ihn beim Wort.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Riedbahnsperrung zeigt: Deutschland ist nicht mehr modern
Stephan Alfter vergleicht die Verkehrsinfrastruktur zwischen Mannheim und Frankfurt mit der Abwehr der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und geht von einem Kundenverlust der Bahn aus