Kommentar Noch kein Ende der Kulturkrise

Jörg-Peter Klotz zum Neuen Deutschen Jazzpreis

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Jörg-Peter Klotz
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Der 15. und vorerst letzte Neue Deutsche Jazzpreis in Mannheims Alter Feuerwache wirft gleich mehrere Schlaglichter auf die Probleme und Hürden, die speziell der freien Musikszene in den nächsten Monaten drohen. Allen voran durch Quarantäne. Betroffen waren vier der 18 eingeladenen Musikerinnen und Musiker. Dadurch musste ein Trio absagen. Und gut vernetzte Jazz-Bands können Ausfälle sehr viel besser kompensieren als Pop- und Rockbands, die sich in Tourbussen leicht gegenseitig anstecken können. Da ist die nächste Absagewelle schon abzusehen. Damit ist klar: Das Ende der Maßnahmen bedeutet noch lange nicht das Ende der Krise in der Veranstaltungsbranche.

Dazu kommt: Die Freude über den Wegfall von Maskenpflicht und 3G-Kontrollen seit Sonntag ist bei Veranstaltern und Kreativen sowieso nicht ungetrübt: Den Umfragen zufolge hätten mehr als 60 Prozent der Bevölkerung gern möglichst viel Sicherheit – und dieses „Team Vorsicht“ könnte ab jetzt verstärkt wieder zuhause bleiben. Deshalb kündigen einzelne Häuser wie das Mannheimer Capitol schon an, die Maskenpflicht für ihr Haus aufrecht erhalten zu wollen.

Das Publikum sollte sich die Freude an der Kultur durch den Wegfall von Pflichten jedenfalls nicht nehmen lassen. Und wer sich mit Maske sicherer und wohler fühlt, darf sie natürlich überall weiterhin tragen. Je nach Veranstaltung wird man da in der nächsten Zeit sicher nicht zur Minderheit gehören, eher im Gegenteil. Aus Angst vor dummen Sprüchen sollte niemand kapitulieren, sie sind, nun ja, dumm. Umgekehrt gehört zur vielbeschworenen Selbstverantwortung, dass man schniefend und hustend besser nirgendwohin geht.

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Gleichzeitig muss die Politik die Lage in der freien Kultur im Auge behalten: Viele Infektionen im Tourbus, Angst beim Publikum und die Terminkalender von drei Jahren in einem machen 2022 zum eigentlichen Krisenjahr der Veranstaltungswirtschaft. Schutzmaßnahmen wie die weitgehende Aussetzung von Insolvenzen sollten jetzt nicht vorschnell auslaufen, damit nicht auf den womöglich letzten Metern der Pandemie noch eine Pleitewelle ins Rollen kommt.

Zu guter Letzt sollte die von Krise und Krieg gebeutelte Wirtschaft die Kultur nicht aus dem Auge verlieren. Dass es zum Beispiel für den verdienstvollen Neuen Deutschen Jazzpreis 2024 nicht weitergeht, weil sich für einen Etat im niedrigen fünfstelligen Bereich nicht genug Förderer finden, kann in einer Metropolregion nicht angehen.

Ressortleitung Stv. Kulturchef