Jakob von Weizsäcker hat Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz gefordert. Die Gunst der Stunde dafür sei gut, sagte der 1970 in Heidelberg geborene Chefvolkswirt im Bundesfinanzministerium bei den „Mannheimer Reden“. Im voll besetzten Schauspielhaus des Nationaltheaters Mannheim (NTM) führte er am Dienstagabend an, dass sich sowohl die Niedrigzinsphase als auch die Tatsache, dass der Staat, die Kapitalunternehmen und auch die Bürger in den vergangenen Jahren gespart hätten, positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung in Zukunft auswirken würden.
Der von der Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung, Elisabeth Niejahr, moderierte Abend stellte im Titel die Frage, ob uns „Ein neues goldenes Zeitalter der Arbeit“ bevorstehe. Nach Ansicht von Weizsäcker gelingt dies, wenn wir verstärkt in Bildung investieren. Der 49-jährige Großneffe des früheren deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker wies darauf hin, dass der „nicht so dynamischen Einkommensentwicklung“ in den vergangenen 20 Jahren“ nun positive Jahre folgen könnten. Schon in den letzten fünf Jahren, hätten sich die Einkommen deutlich besser entwickelt: „Jetzt kommt vielleicht die Zeit, in der die Arbeit knapp wird.“
Gewinner und Verlierer
Unterdessen ergab sich im Anschluss an seinen Power-Point-Vortrag mit der früheren Wirtschaftsjournalistin Niejahr auch Dissens. Nicht nur Niejahr ließ auf der Bühne deutlich werden, sie finde die Darstellung von Weizsäckers zu positiv. Auch aus dem Publikum, etwa vom ehemaligen Rektor der Hochschule Mannheim, Dietmar von Hoyningen-Huene, gab es diese Anmerkung. Das Wirtschaftssystem, so sagte er, habe sicherlich „großartige Gewinner“ hervorgebracht, aber eben auch „sehr viele Verlierer“.
Christof Hettich, Vorstandsvorsitzender des Heidelberger Bildungs- und Gesundheitsunternehmens SRH und Mitbegründer der „Mannheimer Reden“, wies darauf hin, dass in Deutschland zu wenig investiert würde. Früher, sagte er, seien drei der zehn wichtigsten Pharmaunternehmen aus Deutschland gekommen. „Heute ist keines mehr dabei“, sagte Hettich, der auch dem Staat vorwarf, Investitionen mit dem Ausgeben von Geld zu verwechseln. Von Weizsäcker erwiderte: „Die Vorstellung, dass ein Land in allem der Beste sein muss, ist heute falsch.“ Richtig sei aber, dass wir uns nicht ausruhen sollten. „Wir sollten nicht satt sein, sondern hungrig.“
NTM-Intendant und Gastgeber Christian Holtzhauer hatte dem theoretischen Thema noch Unterhaltsames hinzuzufügen. Es sei „ein guter Theaterabend“ gewesen, schloss er. Und Bert Brecht zitierend fügte er hinzu: Am Ende sei der Vorhang zu und alle Fragen offen.
Die „Mannheimer Reden“ sind ein Forum des NTM und der SRH. Ins Leben gerufen haben sie 2017 der ehemalige Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski und Christof Hettich. Sie stehen unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters der Stadt Mannheim, Peter Kurz (SPD). Medienpartner ist der „Mannheimer Morgen“. Zu den bisherigen Rednern gehörten Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), die Soziologin Jutta Allmendinger oder der Mannheimer Filmproduzent und Ufa-Chef Nico Hofmann. Jakob von Weizsäcker und Elisabeth Niejahr bestritten die achte Ausgabe der Reihe, mit der die Macher eine Wertedebatte anstoßen möchten.
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