Ab Sommer 2026 haben alle Erstklässler Anspruch auf einen Ganztagsplatz in der Grundschule. Nur drei Jahre später gilt dieser Rechtsanspruch für alle Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur vierten Klasse. Für die Kommunen ist das eine Mammutaufgabe. Vor allem im Süden der Republik, wo die Ganztagsschule keine Tradition hat. Weil die nämlich vorsah, dass die Frau ab 12.30 Uhr zu Hause und für die Kinder da war.
Heute arbeiten Frauen halbtags, ganztags, machen Karriere, ja, das ist für viele immer noch verwunderlich, und die Arbeitgeber leben, so hat man den Eindruck, oft noch immer auf einem anderen Stern. Doch nicht nur aus arbeitsmarktpolitischer, sondern auch aus bildungspolitischer Sicht ist die Halbtagsgrundschule nicht die beste Lösung. Den jüngsten Beleg lieferte in dieser Woche eine neue Studie zur Lesekompetenz, jedes vierte Kind, so der erschütternde Befund, kann praktisch nicht lesen.
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Überrascht hat das eigentlich niemanden, es ist nur eine Bestätigung vorhergehender Studien. Der einzige Schluss, der sich daraus ziehen lässt: Wir brauchen mehr Bildung. Und der geeignete Ort dafür ist die Ganztagsgrundschule. Denn die bietet Raum und Zeit für Vertiefung, einen dem Biorhythmus angepassten Wechsel von Unterrichtsblöcken und Pausen sowie Zugang zu außerschulischen Angeboten, Sport-AGs, Musik-AGs. Gut ist das für alle Kinder und natürlich vor allem für Schülerinnen und Schüler, auf die zu Hause zwar ein Elternteil wartet, aber sonst nicht so viel. Der Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozio-ökonomischer Lage der Familien ist unumstritten.
Fundamentalisten werden einwenden, aber wo bleibt da die Familie und warum sollte man dem Staat die Erziehung überlassen? Ganz einfach: Weil der Staat von Gesetz wegen eine Erziehungsaufgabe hat. Dabei erzieht und bildet die Schule, die Lehrkraft das Kind nicht allein, sondern im Rahmen eines Bildungsplans und zusammen mit den Eltern (wobei es an dieser „Bildungspartnerschaft“ im Alltag oft mangelt, aber das ist ein anderes Thema).
Jedenfalls kommt dem Ausbau der Ganztagsbetreuung eine immens wichtige Bedeutung zu. Diese spiegelt sich jedoch nicht in den Geldern wider, die Bund und Länder den Kommunen – die ja für den Ausbau zuständig sind – zur Verfügung stellen. Kleine Rechenaufgabe: 400 Millionen Euro Investitionsmittel verteilt auf mehr als 2000 baden-württembergische Grundschulen ergibt was? Definitiv zu wenig!
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ganztagsgrundschulen im Südwesten: Mehr Geld bedeutet mehr Bildung
Stefanie Ball will Bund und Länder bei der Finanzierung des Ganztagsschulausbaus stärker in die Pflicht nehmen