Angst vor Corona

Mehr und mehr Mannheimer mit Maske oder Mundschutz

Von 
Steffen Mack
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Nadja Fuß, Inhaberin vom Stoffladen Naschl packt Nähpakete für freiwillige Näher. © Schmelzer

Mannheim. Kirstin Fuchs hat etwas sehr Begehrtes. „Bei uns im Keller steht jetzt ein ganzer Karton voller Schutzmasken“, erzählt die Feudenheimerin. „Sie sind heute angekommen, ein Arbeitskollege meines Mannes hat sie uns aus China geschickt. Er meinte, die bräuchten wir hier jetzt unbedingt.“ Einkaufen in der Hauptstraße des Mannheimer Stadtteils ist die Frau dann allerdings ohne Maske gegangen. „Ich bin noch nicht davon überzeugt“, sagt Fuchs. Soweit sie wisse, würden damit ja in erster Linie andere vor ihr geschützt. Und sie tropfe weder aus Nase oder Mund noch spucke sie.

Eine andere Frau, die ebenso wie Fuchs in der Mittagssonne vor einem Drogeriemarkt Schlange steht, hat dagegen eine Schutzmaske auf. „Ich bin Krankenschwester“, und in Geschäften oder im öffentlichen Nahverkehr trage sie ihre Maske auch privat. Was den Nutzen angehe, habe sie eine etwas andere Meinung: „Ich glaube, beide Seiten sind so besser geschützt: andere vor mir und ich vor anderen.“

Dazu fragt der „MM“ per Handy-Mail Alexandra Heininger, Leiterin der Krankenhaushygiene im Klinikum, wie sinnvoll Masken für Privatleute sind. Sie antwortet umgehend: „Aus medizinischer Sicht ist es vor allem sinnvoll, dass die Menschen – wo immer möglich – zu Hause bleiben und soziale Kontakte vermeiden.“ Masken böten nur einen mäßigen Schutz vor Ansteckung. Es könne jedoch sinnvoll sein, bei einer möglichen eigenen Erkrankung eine zu tragen, um andere Menschen nicht zu gefährden. Für nachweislich Corona-Infizierte bleibe indes strikte Quarantäne ein absolutes Muss.

Auch im Rathaus verweist man darauf, dass medizinisch nicht zugelassene Masken vor allem andere schützten, weniger den Träger selbst. Und mit professionellen Schutzmasken sollten vorrangig Mediziner und Pflegekräfte ausgestattet werden,so Stadtsprecher Ralf Walther per Mail. „Wir appellieren jedoch an alle, die Erkältungssymptome haben, einen Mundschutz zu tragen.“

Kristina Heller, die zur Mittagszeit ebenfalls in der Feudenheimer Hauptstraße einkauft, trägt exakt aus diesem Grund eine Schutzmaske: „Ich habe sie nur auf, weil ich erkältet bin.“ Sie wolle andere vor einer Ansteckung schützen. Sonst wäre sie hier ohne Mundschutz unterwegs. So geht es auch Monika Herkert, die einige Meter weiter vor einer Bäckerei steht. Sie trage ihre Maske ausschließlich wegen ihrer Erkältung. Dass es anderen damit allein um den Selbstschutz gehe, sei „Unsinn“. Sie finde, zu diesem Zweck sollten die Schutzmasken Menschen vorbehalten bleiben, „die sie wirklich brauchen: in Altenheimen, Arztpraxen oder Krankenhäusern“.

Petra Stacha ist ebenfalls mit Maske unterwegs. Aber das sei keine medizinische, „die ist aus dem Baumarkt“. Sie habe sie vor Jahren zum Aufräumen im Keller bekommen, weil sie unter Asthma leide. Auch jetzt gehe es ihr um den Schutz ihrer Atemwege. „Wenn mich jemand beim Sprechen anspuckt, das machen heute ja leider viele.“

Auffällig – aber vermutlich nur Zufall - ist, dass hier im Feudenheimer Zentrum um diese Zeit nur Frauen mit Mundschutz zu sehen sind, kein einziger Mann. Gefragt, warum er keinen trägt, antwortet Gerd Benzinger: „So wie ich das mitbekommen habe, nützt das gar nichts.“ Viel wichtiger sei, Abstand zu halten und sich gründlich die Hände zu waschen. Dann rollt eine Straßenbahn langsam an die Haltestelle heran. Wenn man richtig gezählt hat, sitzen darin 13 Fahrgäste. Eine Frau hat einen Schal um den Mund, eine andere hält eine Maske vor sich in der Hand. Die übrigen elf haben weder noch. In der Bäckerei sagen die Verkäuferinnen, ihrem Eindruck nach hätten derzeit vielleicht „zwei von 100“ einen Schutz vor dem Mund.

In zwei anderen Geschäften ist dagegen zu hören, die Zahl der Menschen mit Masken nehme in diesen Tagen deutlich zu. „Und noch mehr haben einen Schal um den Mund“, berichtet Cornelia Schacht, die im Zigarren- und Zeitschriftengeschäft arbeitet. Sie ist von ihren Kunden nur durch Plexiglas und ein Mindestabstand-Zeichen auf dem Boden geschützt. „Ich hätte auch gern ein Maske“, sagt Schacht und lacht: „Ich würde mir ja eine nähen, aber leider kann ich das nicht.“

Sehr gut nähen kann dagegen Ulrike Schmelzer, die sich gemeinsam mit ihrem Mann Christian an den „MM“ gewandt hat. „Wir haben uns überlegt, was man diesen Tagen Gutes tun kann.“ Und da hätte sie sich entschieden, andere von ihrem Hobby profitieren zu lassen. Medizinische Masken sollten professionellen Helfern - etwa in Krankenhäusern - vorbehalten bleiben, aber die von ihr gefertigten seien nicht nur zum Schutz anderer vor einem selbst geeignet. Sie könnten auch besonders gefährdeten Menschen helfen, etwa Älteren, Verkäufern oder Physiotherapeuten. Gerade macht das Paar eine Lieferung mit 100 Masken für ein Pflegeheim fertig. Für eine Maske braucht Schmelzer „je nach Modell“ 20 bis 30 Minuten. Da das Material sehr teuer sei, hofft die Neckarstädterin auch auf Sponsoren. „Ein größeres Unternehmen hat gerade schon zugesagt.“ Auch helfende Hände seien willkommen, „man muss dazu auch nicht nähen können, schneiden und verpacken reicht“. Ihre Mailadressen: maskenhelfen@web.de.  

 

Corona

Mannheimer tragen vermehrt Masken

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