Mannheim. Holzboden, Sessel und flackerndes Kerzenlicht: Wer zum ersten Mal die neuen Räume der Beratungsstelle Pro Familia in der Oststadt betritt, fühlt sich direkt wohl. Lediglich die Taschentuchbox auf einem kleinen Beistelltisch in einem der Beratungszimmer lässt erahnen: Hier wird nicht nur gemeinsam gelacht, sondern werden auch Tränen vergossen.
Denn die Gespräche, die das elfköpfige Team aus Sozialpädagoginnen und Therapeutinnen mit Männern und Frauen führt, drehen sich oft auch um ernste und emotionale Themen wie Scheidung, Trennung mit Kind oder ungewollte Schwangerschaften. „Als Beraterin ein eigenes Zimmer zu haben ist eine Erleichterung“, sagt Katrin Büntig. Bei ihr dreht sich alles um Paare, die schon Eltern sind, sich trennen oder eine Krise überwinden wollen.
Ein neues Domizil
Seit kurzem ist die Beratungstelle Pro Familia umgezogen: Von der Tullastraße in die Mollstraße 49a. Termine gibt es nur mit telefonischer Absprache unter 0621 27720. Digital ist die Beratungsstelle unter mannheim@profamilia.de und über die Webseite www.profamilia.de/mannheim erreichbar.
Öffnungszeiten: Mo und Di, 9 bis 13 Uhr, Mittwoch 8.30 bis 10 Uhr und von 14 bis 16 Uhr. Do und Frei von 9.30 bis 13 Uhr.
Kursangebot: Kurs für Eltern, die an Trennung denken oder sich gerade trennen, das Kind ist im Fokus, sowie PEKIP-Kurse, sexualpädagogische Workshops und Fortbildungen dazu. lia
13 Jahre lang hatten sich die Beraterinnen wie Büntig in der alten Beratungsstelle in der Tullastraße 16a oftmals für ihre Sitzungen ein und denselben Raum geteilt. Eine eigene, auf das Spezialgebiet angepasste Einrichtung war da undenkbar. Seit knapp einem Monat läuft das nun anders, denn die Beratungsstelle ist umgezogen: in die Mollstraße 49a. Dort kann nun jede der fest angestellten Beraterinnen ungestört Gespräche führen - und das Büro selbst gestalten. Im Raum von Kollegin Beate Wille gibt es zum Beispiel einen kleinen Maltisch, an dem auch die Kleinsten sich beschäftigen können, während die Erwachsenen sich beraten lassen. „Wir bieten Hilfestellung bei Schwangerschaftsabbrüchen und eine Liste von Gynäkologen. Und zeigen auch auf, welche sozialen Hilfen es für werdende Mütter gibt“, sagt Wille, die lange die Pro-Familia-Stelle geleitet hat.
Pro Familia in Mannheim: Räumliche Trennung der Angebote
Sie und ihre Kolleginnen sind sich einig: Hier in der Mollstraße ist der Zugang zur Beratungsstelle nun leichter geworden. Grund dafür sind zwei Ebenen mit je eigenem Eingang. Auf der Ersten bieten vier Räume samt Wartebereich und Empfang mehr Privatsphäre bei Einzel-Gesprächen. Die zweite und untere Ebene ermöglicht es erstmals wieder, parallel Schulklassen vor Ort in die Beratungsstelle mit dem sexualpädagogischen Angebot über Liebe, Sex und den Körper aufzuklären.
Während also die Schulklassen über einen separaten Eingang die Stelle betreten, bleibt das Herz der Beratungsstelle im ersten Stock davon unberührt. Hier findet der Erstkontakt statt. „Der Umzug war uns schon jahrelang ein Anliegen, schließlich war die alte Beratungsstelle zu klein“, sagt Geschäftsführerin Andrea Foerster. Vier Immobilien und viele Hürden später habe es dann endlich geklappt. Das Geld für den Umzug der staatlich geförderten Beratungsstelle kommt zum einen von Spenden. Zum anderen von einem großen schwedischem Einrichtungshaus, das die Einrichtung spendiert hat.
Viele Anfragen von Mannheimer Schulen im Bereich Sexualpädagogik
Tatsächlich beraten die Mitarbeiterinnen hier zu so unterschiedlichen Themen, wie es Anliegen gibt: Neben Familien-, Paar- und Schwangerschaftsberatung reicht das Angebot von Fortbildungen für Erziehende oder Lehrkräfte für kindliche Sexualität über PEKIP-Kurse für frischgebackene Eltern bis hin zu ganzen Schulklassen.
Was die Beraterinnen freut: Dass aufgedrehte Teenager für ihren Kurs an anderen wartenden Klienten nicht mehr vorbeilaufen müssen, die manchmal lieber unerkannt bleiben wollen. Wie oft das früher vorgekommen ist, also wie stark der Durchgangsverkehr in der Beratungsstelle war und ist, zeigen die Zahlen der Anfragen für das sexualpädagogische Angebot aus dem vergangenen Schuljahr, die Sexualpädagogin Meijada El-Haji nennt: 68 Schulklassen hat sie in dieser Zeit aufgeklärt. „Trotzdem hatten wir doppelt so viele Anfragen, die wir nicht übernehmen konnten“, sagt El-Haji. Sie arbeitet mit einer Kollegin im Team und verrät: Das sexualtherapeutische Angebot für Schulen ist in Mannheim so gefragt, dass sie mittlerweile Anfragen dafür erhalten, ganze Jahrgangsstufen zu betreuen.
Pro Familia in Mannheim: Plüsch-Vulva und Plüsch-Penis helfen bei Aufklärung
Im Schrank in ihrem Büro im Untergeschoss liegt sich Kursmaterial, das bei der Aufklärung über den eigenen Körper helfen soll: etwa eine glitzernde Plüsch-Vulva oder - ganz neu im Schrank - ein bunter Plüsch-Penis, Anfassen erwünscht. Am großen Tisch in der Mitte im offenen Untergeschoss nehmen aber nicht nur pupertierende Schulkinder Platz, sondern auch frisch gebackene Eltern oder sogenannte Familienhelfende. Sie werden vom Jugendamt bezahlt und sollen Familien in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt unterstützend zur Seite stehen. Den richtigen Umgang mit einem Neugeborenen und das Wissen über Rechtliches vermitteln ebenfalls die Sozialpädagoginnen in Fortbildungskursen.
Tatsächlich bekommt man im hellen Untergeschoss vom Beratungsbetrieb obendrüber kaum etwas mit. Und auch die zwei Gruppenräume sind voll mit Flipcharts und haben viel Fläche für Begegnung. Praktisch, dass man am Ende des Besuchs einfach die zweite Tür nach draußen nutzen kann - und schon steht man wieder mitten in der Oststadt.
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