Bauruine

Warum es wieder Hoffnung für die Käufer im Postquadrat gibt

Das Sparkassen-Konsortium will die 140 Wohnungen in der Schwetzingerstadt fertig bauen lassen. Doch gibt es noch Hindernisse. Ein Käufer ärgert sich - und erzählt wie viel Geld ihn die Verzögerung kostet

Von 
Walter Serif
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Keine schöne Visitenkarte für Mannheim: Das Postquadrat in der Schwetzingerstadt, das seit der Insolvenz des Projektentwicklers eine Bauruine ist. © Bernhard Zinke

Mannheim. „Am Bahnhof geht die Post ab“ - für Mannheimer wie Robert Schulze klingen diese Worte natürlich wie blanker Hohn. Das Zitat stammt aus der Überschrift eines Beitrags von 2019 im Magazin des Mannheimer Stadtmarketings. Es geht um - wie es dort heißt - ein „Filetstück der Mannheimer Stadtentwicklung: das ehemalige Gelände der Bahnpost am Mannheimer Hauptbahnhof“.

Robert Schulze, der in Wirklichkeit anders heißt, wollte auch ein Teil vom Filet abbekommen und hat sich im 20 590 Quadratmeter großen mittleren Teil des Geländes eine Eigentumswohnung gekauft. Die Investition im Postquadrat Mannheim hat sich für den 40-Jährigen nicht gelohnt. „Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in Deutschland möglich ist“, sagt er und verteilt auch einen Seitenhieb an die politische Führung. „Ich bin enttäuscht von der Stadt Mannheim, sie hat uns im Stich gelassen.“

Käufer von 140 Wohnungen warten auf Einzug im Postquadrat

Eine halbe Million Euro hat Schulze investiert. Einziehen konnte er wie die anderen Käuferinnen und Käufer der rund 140 Eigentumswohnungen bisher nicht. Seit fast zwei Jahren ruhen die Arbeiten auf der Großbaustelle, weil der Projektentwickler Eyemaxx Real Estate im November 2021 Insolvenz angemeldet hat. Das Unternehmen ist mehrheitlich an der Stadtquartier Postquadrat Mannheim GmbH beteiligt.

Das Bauprojekt Postquadrat von der Reichskanzler-Müller-Straße aus gesehen. © Christian Schall

Dass der Bau in der Schwetzingerstadt fortgesetzt und fertiggestellt wird, diese Hoffnung hatte im Dezember 2022 Insolvenzverwalter Andreas Kleinschmidt von der Wirtschaftskanzlei White & Case genährt. Damals sagte er dieser Redaktion: „Wenn alle mitmachen, gibt es gute Chancen, dass die Wohnungen tatsächlich fertiggestellt werden können.“

Kleinschmidt schränkte aber als alter Profi seine Prognose gleich wieder ein: Selbst nach einer Einigung aller Parteien könne durchaus noch ein ganzes Jahr - Stichwort Personal- und Materialmangel - vergehen, bis die Eigentümer einziehen könnten. Der Baufortschritt der Wohnungen ist unterschiedlich, er reicht von 60 bis 80 Prozent.

Sparkassen-Konsortium will Postquadrat fertig bauen

Acht Monate später ist die Hängepartie noch nicht beendet. Aber es gibt wenigstens wieder ein Fünkchen Hoffnung, denn es ist inzwischen eine Grundsatzentscheidung gefallen: „Das Sparkassen-Konsortium hat sich geeinigt und will einen Fertigbau finanzieren. Hierzu ist ein Bauunternehmen zu beauftragen, das vorher aber ein verlässliches Angebot vorlegen muss. Hier stehen wir derzeit“, sagt der Insolvenzverwalter.

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Nach Informationen dieser Redaktion haben die zwei Bauunternehmen Diringer und Scheidel (Mannheim) und Heberger (Schifferstadt) Interesse, geben sich selbst aber auf Anfrage einsilbig oder beantworten diese erst gar nicht. „Wir müssen warten, bis dies vorliegt, dann kann es erst weitergehen“, sagt Kleinschmidt, der weiß, dass die Eigentümer am Rande der Verzweiflung sind. „Es ist schlimm, dass das so lange dauert. Aber es liegt nicht in meiner Hand und ich kann mich daher auch nicht darauf festlegen, wann weitergebaut wird.“ Immerhin will er es nicht ausschließen, dass der Bau noch 2023 weitergehen könnte.

Baubeginn am Postquadrat noch 2023? 

Dass sich auf der Baustelle in diesem Jahr noch etwas groß rührt, bezweifelt Thomas Schneider, Geschäftsführer der Würzburger Firma Uhl. „Das halte ich für mehr als unrealistisch. Sollten in den nächsten Wochen tatsächlich die Weichen für den Weiterbau gestellt werden, rechne ich mit einer Wiederaufnahme der Baustelle frühestens im Frühjahr 2024. Zumindest was unser Gewerk betrifft“, sagt er.

Nach seinen Angaben hat Uhl im Postquadrat bereits Aluminium-Fenster und Fassaden mit einem Auftragsvolumen von vier Millionen Euro montiert. Der Restauftrag beläuft sich auf eine Million Euro.

Käufer verlieren jeden Tag Geld

Robert Schulze kostet jedenfalls jeder Tag, der noch ins Land zieht, viel Geld. 475 000 Euro hat er für die Wohnung und 25 000 Euro für den Stellplatz gezahlt. Für den Kredit muss er 1500 Euro im Monat zahlen. Die gleiche Summe geht für die Miete drauf. „Mannheim ist teuer“, sagt Schulze. Die alte Bleibe hatte er ja gekündigt, um ins Postquadrat umziehen zu können.

Deshalb steht seine Küche, die er für 20 000 Euro gekauft hat, seit zwei Jahren im Lager. Dafür muss er 200 Euro im Monat zahlen. Macht alles zusammen 3200 Euro im Monat. Der Mannheimer, der bei der Ludwigshafener BASF arbeitet, erzählt, dass er dort nicht der einzige ist, der im Postquadrat investiert hat.

Noch geht es nicht um meine Existenz. Wenn ich aber jetzt noch einmal 100 000 Euro aufnehmen müsste, wäre ich am Ende.
Käufer einer Wohnung im Postquadrat

„Noch geht es nicht um meine Existenz. Wenn ich aber jetzt noch einmal 100 000 Euro aufnehmen müsste, wäre ich am Ende. So viel Geld gibt mir keine Bank mehr. Außerdem sind die Zinsen jetzt zu hoch.“ Angesichts allen Ärgers ist es ein Wunder, dass Schulze noch nicht durchgedreht ist. „Es ist natürlich deprimierend, aber ich bin ein positiver Mensch. Es gibt Dinge, die ich beeinflussen kann. Und Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Die hake ich ab. Sonst ruiniere ich mir die Gesundheit.“

Auch das Wort "Betrug" fällt

Natürlich würde er Eyemaxx auch gerne verklagen. „Aber das bringt jetzt auch nichts mehr.“ Und der Mannheimer denkt auch an die Handwerker, deren Rechnungen nicht bezahlt wurden. „Da mussten einige Konkurs anmelden. Da war doch Betrug im Spiel.“ Auch der Insolvenzverwalter will das nicht ausschließen: „Natürlich muss ich prüfen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Offene Rechnungen sind nicht per se Betrug. Klar ist aber auch, dass am Ende nicht genug Geld da war, um alle Verbindlichkeiten zu bedienen. Wir schauen uns alle Vorgänge sorgfältig an“, sagt Kleinschmidt.

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Uhl-Geschäftsführer Schneider ist enttäuscht, dass er von Kleinschmidt seit der Insolvenz nichts gehört hat. „Das finde ich für ein Projekt an einer solch exponierten Stelle in Mannheim schon äußerst merkwürdig“, sagt er. Natürlich will auch er wissen, ob und wie es weitergeht. „Wir haben die Arbeiten gestoppt, nachdem wir nicht mehr bezahlt wurden und es dann zur Insolvenz kam“, so der Geschäftsführer. Uhl ist auf einem „sehr hohen sechsstelligen Betrag sitzen geblieben“. Schneider würde gerne wissen, wie es mit diesen „Altlasten“ weitergeht.

Gläubiger müssen warten

Nach Angaben von Kleinschmidt ist die Insolvenzmasse bei Eyemaxx noch nicht absehbar. In welcher Höhe eine Insolvenzquote gezahlt werden kann, steht daher gegenwärtig nicht fest. Hoch wird sie aber nach seiner Einschätzung voraussichtlich nicht sein. Den ersten Zugriff auf die Erlöse haben demnach die gesicherten Banken - die Gläubiger kommen wie die Firma dann erst später dran.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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