Mannheim. Der vollelektrische Lastwagen von morgen fährt leise: 60 Dezibel, was etwa einer normalen Unterhaltung oder einem Fernseher in Zimmerlautstärke entspricht. Im Innern ein Cockpit mit berührungsempfindlichen Monitoren. Futurisches Design, null Emission.
Ab Oktober wird der erste vollelektrische Lastwagen von Mercedes-Benz – der eActros – im pfälzischen Wörth serienmäßig gefertigt. Die Batteriepakete werden im Kompetenzcenter für emissionsfreie Mobilität (KEM) des Mannheimer Werks montiert und per Lastwagen in die Pfalz transportiert.
Für das Unternehmen sei der eActros „eine Zeitenwende“, sagt Bruno Buschbacher, Betriebsratsvorsitzender am Standort Mannheim. „Mit dem eActros wird ein innovatives Fahrzeug auf den Markt gebracht, das hoffentlich Anklang bei Kunden findet und seinen Beitrag dazu leistet, Transporte klimafreundlicher zu machen.“
Zeitenwende, Transformation – beide Begriffe beschreiben den tiefgreifenden Wandel. Fahrzeuge mit Verbrennermotoren werden in den kommenden Jahren mehr und mehr von der Straße verschwinden. Schon allein wegen den Klimaschutzvorgaben der EU.
„Wir verfolgen konsequent unsere Vision eines CO2-neutralen Transports. Dabei konzentrieren wir uns auf die wirklich lokal CO2-neutralen Technologien Batterie und wasserstoffbasierte Brennstoffzelle, die auch auf lange Sicht das Potenzial bieten, sich am Markt durchzusetzen“, erklärt Martin Daum, Vorstandsvorsitzender der Daimler Truck AG, laut Mitteilung. Er geht davon aus: Je leichter die Ladung und je kürzer die Distanz, desto eher wird die Batterie zum Einsatz kommen. Je schwerer die Ladung und je länger die Distanz, desto eher wird die Brennstoffzelle das Mittel der Wahl sein.
Neue Technologien werden auch das Erscheinungsbild traditionsreicher Werke verändern. Hinter den Kulissen laufen schon seit Monaten Gespräche zwischen Management und Betriebsrat, wie sich einzelne Standorte künftig ausrichten. In Mannheim erwartet man bald eine Einigung. Die Gespräche seien bereits weit fortgeschritten, heißt es bei Daimler. Am Standort – im Lkw-Motorenwerk und bei Evobus – arbeiten insgesamt rund 8400 Menschen.
Im Nachbarwerk Wörth steht das Zukunftspaket bereits. Dort werden Vorbereitungen getroffen für die künftige Serienproduktion von batterieelektrischen und Brennstoffzellen-Lastwagen.
„Sichere Beschäftigung“
Für die Arbeitnehmerseite ist bei der Transformation vor allem eines wichtig: Dass möglichst viele Jobs erhalten bleiben. Es bedürfe einer größeren Fertigungstiefe für zukunftsfähige Produkte, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Buschbacher. Er fordert regelmäßige Investitionen und eine „klare Identität“ für den Mannheimer Standort. Die gesamte Arbeiternehmervertretung werde sich „mit aller Kraft für gute Produkte, sichere Beschäftigung und zukunftsorientierte Weiterbildung“ einsetzen. „Damit helfen wir, Mannheim zu modernisieren und fit für morgen zu machen.“
Qualifikation und Weiterbildung sind insofern wichtig, als die Transformation neue Berufsbilder mit sich bringt. Wer früher Kfz-Schlosser gelernt hat, lernt heute etwa Mechatroniker und hat die Zusatzqualifikation Hochvolt. Nur diese Fachkräfte dürfen an batteriebetriebenen Fahrzeugen arbeiten.
Schon seit mehr als zwei Jahren wird bei Evobus in Mannheim der elektrische Stadtbus E-Citaro gebaut. Während in den „gewohnten“ Citaro der Verbrennungsmotor eingesetzt wird, bekommt das elektrische Modell eine Baugruppe aus Batteriepaketen. Später erhält der Bus noch Batteriemodule auf dem Dach. Der E-Citaro hat im Gegensatz zum Dieselmodell ein intelligentes Klima- und Thermomanagement – außerdem keine Antriebswelle und auch keine Abgasanlage.
Breite Serienfertigung
Daimler Truck soll schon bald aus der Daimler AG ausgegliedert und an die Börse gebracht werden. Der Hersteller hat den Plan, bis 2039 in Europa, Japan und Nordamerika nur noch Neufahrzeuge anzubieten, die im Fahrbetrieb CO2-neutral sind. Bereits 2022 soll das Fahrzeugangebot in den Hauptabsatzregionen Europa, USA und Japan um Serienfahrzeuge mit elektrischen Antrieben ergänzt sein. Ab 2027 will das Unternehmen das Portfolio zusätzlich um Serienmodelle mit wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb aufstocken. Der Prototyp namens GenH2 Truck wird bereits getestet. Langfristiges Ziel ist der CO2-neutrale Transport auf den Straßen bis zum Jahr 2050.
Andreas Moch, Standortverantwortlicher für das Mannheimer Mercedes-Benz-Werk, hat vor Kurzem die Abspaltung von Daimler Truck begrüßt. „Wir sind davon überzeugt, dass wir als unabhängiges Unternehmen noch stärker sein werden und unsere Kunden noch besser bedienen können.“ Gleichzeitig stellte er für Mannheim klar: „Wir sind und bleiben ein wichtiger Bestandteil der Daimler Truck AG.“
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