75 Ideen für ein besseres Mannheim – Teil 2 - Viele Fußball-Clubs vagabundieren seit Jahren über das Stadtgebiet und können sich auch deshalb nicht weiterentwickeln

Mannheim, wie wär’s … mit einer Heimat für jeden Verein?

Von 
Andi Nowey
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Mannheim. „Wir haben zwischen 30 und 40 Mitglieder und leben von den Beiträgen, dem Verkauf am Spieltag und von dem einen oder anderen Gönner, der uns mal etwas zusteckt“, sagt Elvir Tatar. Der 42-Jährige ist zweiter Vorsitzender, Kassenwart und Spieler beim 2005 gegründeten FK Bosna i Hercegovina (kurz: FK Bosna) Mannheim. „Von unseren Einnahmen geht alles drauf für den Spielbetrieb und die Platzmiete.“

Der FK Bosna Mannheim hat kein eigenes Sportgelände und muss Jahr für Jahr woanders unterschlüpfen, um seinen Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Viele Jahre war der Platz des Polizei SV Mannheim am Sellweiden die sportliche Heimat, „dann hat sich der PSV neu organisiert und wir mussten uns einen neuen Platz suchen“, so Tatar. Inzwischen tritt der FK Bosna Mannheim in der Kreisklasse A zu seinen Heimspielen im VfR-Jugendzentrum an – eine Lösung, die den Verein am Leben erhält, die die Sehnsucht nach einem eigenen Sportgelände, auf dem der Club seine eigene Identität prägen und ausleben kann, aber nicht wegwischt.

„Die Bedingungen beim VfR sind top und man kommt uns sehr entgegen. Aber es ist einfach anders, als wenn man sein eigener Herr ist. Man muss alles fragen und abstimmen und natürlich sind die Kosten für die Miete auch belastend“, erklärt Tatar. Versuche, bei der Stadt Ansprüche für einen eigenen Platz geltend zu machen, wurden bereits unternommen, „aber auch nicht sehr intensiv“, so der FK-Funktionär. Die Vereinsarbeit, das Auftreten als Spieler und das Organisatorische nehmen die Verantwortlichen, die zu einem Großteil selbst auflaufen, zu sehr ein. Ein eigenes Sportgelände könnte aber gleichbedeutend mit einem Aufbruch sein. „Dann könnte man auch darüber nachdenken, eine Jugendabteilung aufzubauen. Auch eine zweite Mannschaft wäre denkbar, denn für auswärtige Spieler ist es attraktiver, wenn der Verein einen eigenen Platz hat. Dann könnte man auch mehr Ehrenamtliche generieren“, so Tatar.

Man sehnt sich nach der Initialzündung beim FK Bosna, um nicht irgendwann einem ähnlichen Schicksal zu erliegen, wie andere Clubs. Viel zu oft haben sich in der Vergangenheit Vereine, denen eine jahrzehntelange Tradition und damit auch eine eigene sportliche Heimat gefehlt haben, als Strohfeuer im Fußballkreis entpuppt. Erst kürzlich hat der 1. FC Turanspor Mannheim, der zwanzig Jahre lang ein Nomadenleben bestritten hat, die Segel gestrichen. Viele Spieler und Funktionäre des aufgelösten Clubs sind inzwischen beim FC Hochstätt Türkspor untergekommen, der allerdings mit denselben Problemen zu kämpfen hat.

In Seckenheim, Schönau, Waldhof, Edingen und Rheinau war der FC Hochstätt Türkspor in der Vergangenheit bereits zur Untermiete, seinem Vereinsnamen konnte er bislang nur mit dem eigenen Vereinsheim im Karolingerweg gerecht werden – nicht aber mit Fußball auf eigener Gemarkung. Aktuell trainiert der Club auf dem Gelände der Post SG Mannheim in Neckarau, da an der Bezirkssportanlage in Seckenheim Umbaumaßnahmen laufen. „Ein eigener Platz ist seit Jahren unser größter Traum. Deshalb haben wir mit der Jugend bislang wenig bis nichts gemacht“, sagt FC-Vorsitzender Nuri Tanis und sieht in dem Verein großes Potenzial schlummern. „Mit einem eigenen Sportgelände könnten wir unsere Tätigkeiten im Sportbereich verzehnfachen.“

„Es ist einfach belastend“

Seit 28 Jahren erfüllt der FC Hochstätt Türkspor einen sozialen Auftrag, den er sich bei der Vereinsgründung im Jahr 1993 für diesen Stadtteil selbst verschrieben hat. „Wir wollen eine Anlaufstelle für die jungen Leute im Stadtteil sein, damit sie nicht auf andere, falsche Gedanken kommen“, verdeutlicht Tanis. Das gehe aber nur schwer, wenn der Verein sich Jahr für Jahr quer übers komplette Stadtgebiet orientieren muss.

Erst kürzlich hatte der Club intensiv mitgeholfen und die Menschen auf der Hochstätt mobilisiert, um die Impfkampagne im Stadtteil zu unterstützen. „Es ist einfach belastend, wenn man seit über 20 Jahren nicht weiß, auf welchem Weg man sich in der nächsten Saison befindet, auf welchem Kopfkissen man dann schläft“, sagt Tanis. Die Untermiete verschlingt bei dem Club, der etwa 90 Mitglieder hat, jährlich einen unteren fünfstelligen Betrag.

Ebenfalls auf fremden Geläuf sind derzeit der Landesligist FK Srbija Mannheim (beim ASV Feudenheim) und der neu gegründete SV Sandhofen (beim MFC Phönix Mannheim) eingemietet.

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