Gastronomie

Warum das Schulessen teurer werden könnte

Einst zu Corona-Zeiten auf sieben Prozent gesenkt, wird der Steuersatz für Speisen in der Gastronomie zum neuen Jahr wieder auf 19 Prozent steigen. Von der Erhöhung sind aber nicht nur Restaurants betroffen

Von 
Daniel Weidmann
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Caterer, die für Schulen, Kitas oder Kantinen kochen, gelten als Dienstleister – für die bald wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden. © Fredrik Von Erichsen/dpa

Berlin. Die knappe Haushaltskasse des Finanzministers hat die Hoffnung vieler Gastronomen zerstört, weiterhin ihre Speisen mit einer vergünstigten Mehrwertsteuer anbieten zu können: Einst zu Corona-Zeiten auf sieben Prozent gesenkt, wird der Steuersatz zum neuen Jahr wieder auf 19 Prozent steigen.

Mehrfach hatte die Branche Alarm geschlagen. Dennoch hatte die Ampelkoalition zuletzt die Wiedereinführung des regulären Satzes beschlossen. Damit kommen nicht nur auf Restaurantbesucher höhere Kosten zu, sondern auch auf Familien.

Wird auch das Schulessen teurer?

„In unserem Fall betrifft es das gesamte Schulcatering“, sagt Keyan Forouhideh. Er ist Geschäftsführer eines Cateringbetriebs in Schleswig-Holstein und Hamburg und fürchtet die drohende Steuerlast ebenfalls. „Da wir in den Schulen immer eine Dienstleistung erbringen, werden wir mit der Gastronomie gleichgesetzt“, so der 59-Jährige, der auch den Verband Deutscher Schul- und Kita-Caterer vertritt. Damit verweist er auf ein entscheidendes Kriterium, das die Höhe der Mehrwertsteuer bestimmt.

Wenn auch in der Schule das Essen teurer wird, können sich manche Familien das Angebot nicht mehr leisten. © Sebastian Gollnow/dpa

„Hintergrund ist, dass man Lebensmittel aus sozialen Gründen ermäßigt besteuern will“, sagt Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung dieser Redaktion. Die reduzierte Mehrwertsteuer greife nicht mehr, wenn beim Verkauf von Essen auch Dienstleistungen erbracht werden. „Bei Currywurstbuden oder Backstuben ist das Hauptkriterium, ob Sitzplätze angeboten werden“, so Bach zu der Frage einer genauen Abgrenzung.

Experten für Anstieg des Steuersatzes

Ein anderer Grenzfall zwischen Verkauf und Dienstleistung sind Lieferdienste. Obwohl sie mit Zubereitung und Lieferung einer Mahlzeit schon erhebliche Dienstleistungen erbringen, fallen auch sie über den Jahreswechsel hinaus unter den Steuersatz von sieben Prozent.

Trotz dieser Unschärfen befürwortet der Wirtschaftsexperte die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer: „Arme Menschen gehen nur selten essen, da ihnen das Geld fehlt.“ Restaurants seien also keine Orte, an denen mit niedriger Mehrwertsteuer ein sozialer Ausgleich geschaffen werden könne. „Und Gaststätten breit zu begünstigen, ist nach der Pandemie nicht mehr sinnvoll. Um den Erhalt der Dorf- oder Kiezkneipe sollen sich die Gemeinden kümmern.“

Gaststättenverband mit Steueranstieg unzufrieden

Eine Analyse, die der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) nicht teilt. Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges prangerte gegenüber dieser Redaktion die Unterscheidung von Restaurants, Cafés, Schulen und Kitas auf der einen und Lieferdiensten und Supermärkten auf der anderen Seite an: „Das ist weder nachhaltig noch gerecht.“ Caterer für Kitas, Schulen, Betriebskantinen, Krankenhäuser und Pflegeheime benötigten dringend Planungssicherheit. Sie fordert eine einheitliche Besteuerung von sieben Prozent.

Für Anbieter von Essen in Schulen und Kitas gilt ebenfalls ein wieder erhöhter Mehrwertsteuersatz. © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Neben Restaurants sind Einrichtungen betroffen, an denen vor Ort gekocht oder ausgeschenkt wird. So auch die Schulen, die Caterer Keyan Forouhideh versorgt. Derzeit koste ein Mittagessen 4,80 bis 5,50 Euro, was sich allerdings je nach Zuschüssen des Bundeslandes unterscheide. „Es gibt Bundesländer, die quersubventionieren“, so der Caterer.

Soziale Frage im Bildungsbereich

In Schleswig-Holstein und Hamburg allerdings müsse er mit den Elternhäusern direkt abrechnen: „Wir merken jetzt schon, dass die ersten Elternhäuser nicht mehr in der Lage sind, das Essen zu bestellen“, beklagt Forouhideh, der bundesweit kostenfreies Schulessen fordert. Mit der geplanten Mehrwertsteueranhebung allerdings werde sich die Situation noch weiter verschärfen: „Die zwölf Prozent müssen wir eins zu eins weitergeben - das dürfte unstrittig sein.“

Kritiker der Steuererhöhung, wie Dehoga-Geschäftsführerin Hartges, stellen für den Bildungsbereich die soziale Frage: „Es ist so wichtig, dass das Essen in der Kita und Schule gesund und finanzierbar bleibt, damit Kinder auch hier lernen können, was gute Ernährung bedeutet - unabhängig vom sozialen und finanziellen Background.“ Ihrer Ansicht nach steht eine Steuererhöhung „im krassen Widerspruch zu den Zielen der Ernährungsstrategie der Bundesregierung“.

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Die Ernährungsstrategie soll „besondere Verbrauchergruppen wie Kinder, Einkommensschwache sowie Menschen mit Einwanderungsgeschichte gezielt in den Fokus nehmen“, wie es vom Landwirtschaftsministerium heißt. Dem Vorwurf, mit der geplanten Steuererhöhung dieses Vorhaben auszuhebeln, begegnet das zuständige Finanzministerium jedoch mit dem Hinweis auf geltende Ausnahmen.

Studenten von Preissteigerung nicht betroffen

Denn Betroffene dürften im Bildungsbereich nur dann steigende Kosten erwarten, wenn die Einrichtung von Caterern versorgt wird. Kitas, Mensen, Schulen und Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, seien demgegenüber umsatzsteuerfrei, wie es auf Anfrage aus dem Finanzministerium heißt.

Neben Schulen und Kitas, die sich nicht von externen Dienstleistern verpflegen lassen, darf also noch eine weitere Gruppe auf weiterhin niedrige Essenspreise hoffen: „Die Verpflegung von Studierenden in der Mensa ist in der Regel umsatzsteuerbefreit, somit werden sich die Mensapreise für Studierende aufgrund eines zukünftig erhöhten Umsatzsteuersatzes nicht weiter verändern“, heißt es vom Studierendenwerk.

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