Mobilität

Uber in Mannheim: Das sagen Taxibranche und Fahrtenvermittler

Seit gut sechs Wochen bietet der Fahrdienstanbieter Uber seine Dienste auch in Mannheim an. Wie das Unternehmen den Start bewertet und was Taxiunternehmen vom Konkurrenten halten

Von 
Christian Schall
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Uber in Mannheim: Das sagen Taxibranche und Fahrtenvermittler zur neuen Konkurrenz © Christopher Blüthner

Berlin/Mannheim. Seit gut sechs Wochen bietet der Fahrdienstanbieter Uber seine Dienste auch in Mannheim an. Auf Nachfrage erklärt das Unternehmen, mit den ersten Wochen sehr zufrieden zu sein: „Es war einer der erfolgreichsten Starts unseres Vermittlungsservices in Deutschland.“ Weil Uber selbst keine Fahrten anbieten darf, vermittelt das Unternehmen die Kundenanfragen - entweder an Mietwagenunternehmen, die im Auftrag von Uber fahren, oder an klassische Taxis. Nutzer können, wenn sie eine Fahrt über die App bestellen, zwischen diesen beiden Optionen wählen.

Doch auf eine Unterstützung der hiesigen Taxis kann Uber offenbar nicht setzen. Denn viele der an die Mannheimer Taxi-Zentrale angeschlossenen Fahrer nehmen die Anfragen nicht an. Dazu bedarf es nicht einmal eines Boykottaufrufs oder Ähnliches, wie der geschäftsführende Vorstand Michael Reitmeier erklärt: „Die Fahrer machen es von sich aus nicht. Ich kann es natürlich nicht ausschließen, dass es jemand mal ausprobiert.“

Mehrere Kilometer Leerfahrten

Uber arbeitet nach Angaben des Sprechers „in Mannheim bereits vertrauensvoll mit einigen Taxis zusammen“ und hat „gute Gespräche mit weiteren Taxifahrern und -unternehmern geführt“. Über Uber könne man zusätzliche Erlösquellen erschließen sowie Auslastung und Umsatz erhöhen. In Berlin arbeite man mit mehr als 1000 Taxifahrern zusammen. Auch dies habe eine gewisse Anlaufphase gebraucht.

Die Aussicht auf eine höhere Auslastung ist für Reitmeier nicht lukrativ: „Unser Computerprogramm vermittelt automatisch Anfragen an den zuständigen Halteplatz.“ Seien dort keine Taxis verfügbar, werde der nächstgelegene freie Wagen angefordert. „Das ist ökonomisch und verhindert lange Wartezeiten.“ Nach Angaben der Taxi-Zentrale stehen fast 300 Fahrzeuge zur Verfügung.

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Ganz anders läuft das bei den Mietwagenfirmen, die für Uber fahren. Ist eine Fahrt beendet und gibt es keinen Folgeauftrag, muss das Auto an den Firmensitz zurückfahren. Am Straßenrand zu warten wie klassische Taxis ist nicht erlaubt. Diese sogenannte Rückkehrpflicht hat der Gesetzgeber eingeführt, um klassische Taxis zu schützen. Ob sich die Firmen immer daran halten, ist schwer zu prüfen: „Für den Vollzug und die Kontrolle sind die Länder bzw. die von den Ländern bestimmten Genehmigungsbehörden zuständig“, teilte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums mit.

In Mannheim hat die Mietwagenfirma nach Informationen dieser Redaktion ihren Sitz am östlichen Stadtrand. Etwa 20 Fahrzeuge soll die Flotte umfassen. Kommt also etwa eine Fahrtanfrage mit Start am Hauptbahnhof, muss der Mietwagen erst eine Leerfahrt von rund sechs Kilometern zurücklegen. Je nach Zielort kann der Rückweg zum Betriebssitz genauso lang sein.

„Ich glaube nicht, dass das wirtschaftlich tragfähig ist“, meint Reitmeier. Daher sieht er den neuen Konkurrenten gelassen: „Sie werden uns vielleicht etwas wegnehmen, aber die ersten Kunden kehren schon wieder zu uns zurück, weil ihnen die Wartezeiten zu lang sind.“

Weniger Taxis, mehr Mietwagen

In Berlin, wo Uber seit mehreren Jahren auf dem Markt ist, machen sich die Folgen dagegen bemerkbar. Seit der Konkurrent dort aktiv ist, „ist die Zahl der Taxi-Konzessionen kontinuierlich eingebrochen - mehr als 2500 Taxis sind vom Markt verschwunden, und parallel ist die Zahl der Mietwagengenehmigungen um 3000 gestiegen“, sagt Hayrettin Simsek, der Zweite Vorsitzende der Innung des Berliner Taxigewerbes. In der Hauptstadt gebe es Taxibetriebe, die nach ihrer Gründung maximal 20 Monate existierten.

„Gesetzeskonform agierende Taxi- und Mietwagenbetriebe würden keine zwei Jahre durchhalten und die diktierten Fahrpreise (Dumpingpreise) keinesfalls plausibel in ihre Buchhaltung bringen“, so Simseks Vorwurf. Die versprochene höhere Auslastung ist für ihn bei einer Vermittlungsgebühr bis zu 30 Prozent nur „wirtschaften auf eigene Kosten und Gefahr“.

Uber hält dagegen, „sehr planbar, transparent und ohne Risiko“ zu sein. Taxifahrer müssten keine Grundgebühr, sondern nur eine prozentuale Service-Gebühr pro tatsächlich vermittelter Fahrt zahlen.

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Ein vom Bundesverkehrsministerium veröffentlichter Bericht (Stand: 31. Dezember 2020) bestätigt den Trend aus Berlin. Demnach nehme seit Mitte der 1990er Jahre die Anzahl der allein im Taxenverkehr tätigen Unternehmer ab, die der allein im Mietwagenverkehr tätigen Unternehmer steige tendenziell.

Doch eine Gesetzesänderung ist nicht in Sicht. Das Gesetz zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts stammt vom 16. April 2021, also noch von der Vorgängerregierung. „Der Gesetzgeber hat bis 2026 eine Evaluierung vorgesehen. Vor diesem Hintergrund sind erneute Änderungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) in der aktuellen Legislaturperiode nicht geplant“, teilte der Ministeriumssprecher mit.

Auf lokaler Ebene könnten die Behörden eingreifen, denn sie legen die Taxitarife fest. Die Stadt Leipzig beispielsweise hat einen Mindesttarif für Mietwagenfahrten eingeführt, so wie es das Personenbeförderungsrecht vorsieht. In Mannheim ist vorerst kein Mindestpreis geplant. Voraussetzung dafür wäre, so ein Sprecher der Stadt, „dass der Einfluss der Mietwagendienste auf den Verkehr so groß ist, dass nachweislich die Verkehrsinteressen der Stadt Mannheim gefährdet werden“. Dafür gebe es derzeit keine Hinweise. Die Situation werde aber genau beobachtet.

Auch Reitmeier sagt: „Einen Mindesttarif halte ich im Moment nicht für nötig.“ Trotz seiner derzeitigen Gelassenheit sieht er das Uber-Modell sehr kritisch: „Sie wollen den Markt beherrschen. Erst zerstören sie, und dann schlagen sie zu.“

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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