Berlin. In diesen Tagen läuft auch auf der Schiene der Ferienverkehr an. Pünktlich dazu beschert das Wetter den Reisenden extreme Hitze. In der Vergangenheit wurde viel über ausgefallene Klimaanlagen oder Stellwerke im Hochsommer gelästert. Doch inzwischen hat die Deutsche Bahn dieses Problem weitgehend im Griff. Fast alle Züge im Fern- und Regionalverkehr würden über Klimaanlagen verfügen, sagt eine Sprecherin. „Und die funktionieren immer zuverlässiger.“
Bei der Klimatechnik im ICE und im Intercity hat das Unternehmen nach den vielen Ausfällen im vergangenen Jahrzehnt kräftig aufgerüstet. Vor allem sind die moderneren Anlagen leistungsfähiger und schalten sich auch bei sehr hohen Temperaturen nicht mehr ab. „Sie erfüllen den Komfortanspruch bis zu einer Außentemperatur von plus 40 Grad Celsius und sind funktionsfähig bis 54 Grad Celsius“, versichert die Sprecherin.
Die letzten IC1-Exemplare werden aus dem Verkehr gezogen
Allerdings kommt es immer noch zu für die Fahrgäste unangenehmen Ausfällen der Klimaanlagen. Problemkinder sind noch manche alte Züge. Sie wird noch auf wenigen Verbindungen eingesetzt, etwa zwischen Berlin und Amsterdam oder bei der Anbindung zur Ferieninsel Sylt. Aber auch damit ist bald Schluss. Im kommenden Jahr zieht die Deutsche Bahn (DB) die letzten Exemplare des IC 1 aus dem Verkehr. „Im Vergleich zum Sommer 2019 hat die DB in diesem Jahr mehr als dreimal so viele Fernverkehrszüge mit modernster, leistungsfähigerer Klimaanlagentechnik im Einsatz“, so die Sprecherin.
Der einzige nennenswerte Konkurrent im Fernverkehr, Flixtrain, verfügt bisher überwiegend über vergleichsweise alte Züge ohne Klimaanlage. Das könnte sich ändern. Das Unternehmen hat die Bestellung von bis zu 65 neuen Zügen angekündigt. Sie dürften mit Klimatechnik ausgestattet sein.
Fahrgäste sollen an Bahnhöfen mit Wasser versorgt werden
Doch die extreme Hitze trifft die Reisenden auch an den Bahnhöfen. Immerhin sind Temperaturen von bis zu 40 Grad noch in dieser Woche vorhergesagt. An den 18 Metropolstationen hat die Bahn daher schon Wasservorräte angelegt, damit durstige Fahrgäste versorgt werden können. Sie werden bei Bedarf vom DB-Servicepersonal an mobilen Infopoints verteilt, die dort aufgestellt werden können, wo sie in der jeweiligen Situation am sinnvollsten sind.
Bei größeren Betriebsstörungen in Verbindung mit außergewöhnlicher Hitze stellt die DB an großen Bahnhöfen Mineralwasser für Reisende bereit. Die Verteilung erfolgt durch das Servicepersonal vor Ort. „Bei erhöhtem Bedarf werden zusätzliche Mitarbeitende eingesetzt und Schichten verlängert“, teilt die Bahn mit. Die DB stehe dabei in engem Kontakt mit der Bahnhofsmission sowie medizinischen und karitativen Hilfsdiensten, um betroffene Reisende bestmöglich zu unterstützen. Wenn erforderlich, werde kurzfristig weitere Hilfe organisiert.
Schienenverkehr besonders von Klimawandel betroffen
Der Schienenverkehr ist besonders stark vom Klimawandel betroffen. Das hat das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung der Deutschen Bahn schon vor Jahren bescheinigt. Die Reisenden bekommen diese Folgen mittlerweile in allen Jahreszeiten leidvoll zu spüren. Die Zahl der Hitzetage hat sich seit 1961 fast verdoppelt.
Hohe Temperaturen können Schienen und Gleisbett mitunter zu schaffen machen, da sich Stahl bei extremen Temperaturen dehnt.
Die Hitze wirkt sich auch auf die Fahrwege und die Steuerungstechnik aus. „Hohe Temperaturen können Schienen und Gleisbett mitunter zu schaffen machen, da sich Stahl bei extremen Temperaturen dehnt“, teilt die Bahn mit. Damit die Gleise der Belastung in einer Spanne von minus 20 Grad Celsius bis plus 60 Grad Celsius standhalten, werden sie mit einer Temperatur von 23 Grad verschweißt. Das sorgt dafür, dass Schwankungen nach oben und unten vom Gleisoberbau aufgenommen werden können.
Auch die Leit- und Sicherungstechnik reagiert mitunter empfindlich auf Wetterkapriolen. „Damit es zu keinen hitzebedingten Ausfällen kommen, hat die DB Tausende Anlagen mit Klimaanlagen und Lüftern ausgerüstet“, sagt die Sprecherin. Sie würden regelmäßig gewartet, überprüft und modernisiert. In besonders wichtigen Stellwerken wachen Sensoren über die Temperaturen. Werden bestimmte Schwellenwerte überschritten, erfolgt eine automatische Meldung, damit die Störungen frühzeitig behoben oder verhindert werden können.
Böschungen werden per Satellit überwacht
Es ist nicht nur das Sommerwetter, das immer wieder Probleme bereitet. Die Bahn kämpft auch mit anderen extremen Wetterereignissen. „Die DB arbeitet aktuell unter anderem daran, ihre Vegetationsstrategie zu erweitern und an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen“, berichtet die Sprecherin. Denn während und nach starken Stürmen wird der Verkehr immer wieder durch umgestürzte Bäume oder abgebrochene Äste behindert. Auch Fluten und Hochwasser bringen den Verkehr immer wieder zum Erliegen.
Gegen diese Wetterphänomene selbst kann das Unternehmen wenig tun. Nur die Folgen lassen sich abmildern. Dabei steht gerade die Vegetation rund um die Gleisanlagen im Fokus der Bahn. Per Satellit überwachen die Experten das Grün an den Böschungen. So können Störungen schneller entdeckt und beseitigt werden.
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