Berlin. Noch heizt die Hälfte aller Haushalte mit Erdgas, ein Viertel mit Heizöl. Doch spätestens in 20 Jahren müssen alle Heizungen in Deutschland klimaneutral betrieben werden. Ab 2045 ist das Heizen mit fossilen Brennstoffen wie Erdgas, Heizöl und Kohle verboten, schreibt das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) vor. Um privaten Eigentümern den Umstieg auf erneuerbare Energien zu versüßen, stellt die Bundesregierung Fördergelder in Milliardenhöhe bereit. Die Antragstellung für die neue Heizungsförderung beginnt in Kürze. Was jetzt zu beachten ist, erklären Experten:
Für wen lohnt es sich jetzt, die Förderung zu nutzen?
Es lohnt sich für alle privaten Eigenheimbesitzer, die ihre Heizungsanlage in den nächsten Jahren austauschen wollen. Hier sollte man nicht lange warten, da es bis 2028 sogar noch einen zusätzlichen Geschwindigkeitsbonus für den Austausch älterer Heizungen gibt. Wer eine Heizung besitzt, die älter als 20 Jahre ist, sollte erst recht prüfen, ob ein Tausch nicht lohnt. „Die Förderung ist ein echter attraktiver Anreiz“, sagt der Energiereferent Henner Schmidt vom Immobilienverband Deutschland (IVD).
Welche Förderungen gibt es im Einzelnen?
Generell wird der Heizungstausch mit 30 Prozent der Investitionssumme gefördert. Darüber hinaus sind für weitere Zuschüsse alle privaten Eigentümer von Eigenheimen, die sie selbst nutzen, und Selbstnutzer in Wohnungseigentümergemeinschaften in Mehrfamilienhäusern anspruchsberechtigt, die eine neue klimafreundliche Heizung einbauen oder sich an ein Wärmenetz anschließen lassen.
Wer als Selbstnutzer weniger als 40 000 Euro Haushaltsjahreseinkommen hat, bekommt weitere 30 Prozent Förderung. Zudem gibt es einen Klimageschwindigkeitsbonus von 20 Prozent für Selbstnutzer, die ihre Heizung bis Ende 2028 austauschen - danach sinkt dieser Bonus alle zwei Jahre um drei Prozent.
Für spezielle Wärmepumpen, die mit Erd-, Wasser- oder Abwasserwärme arbeiten, gibt es einen weiteren Bonus von fünf Prozent. Werden mehrere Förderungen kombiniert, wird die Förderung bei maximal 70 Prozent des maximal förderfähigen Investitionsbetrags gedeckelt. Maximal werden 23 500 Euro ausbezahlt.
Mit welchem Höchstsatz darf man rechnen?
Maximal wird eine Investitionssumme von 30 000 Euro für ein Eigenheim oder die erste Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus gefördert. Wer eine Biomasseheizung wählt, erhält 2500 Euro extra. Konkret bedeutet dies: „Wenn Geringverdiener sich eine neue Heizungsanlage für 30 000 Euro einbauen, bekommen sie 21 000 Euro - also 70 Prozent - vom Staat als Förderung dazu. Bei einer Biomasseheizung kommen 2500 Euro hinzu - also 23 500 Euro. Wer nur 20 000 Euro ausgibt, bekommt maximal einen Zuschuss von 14.000 Euro (plus 2500 Euro für Biomasse). Wer 50 000 Euro für seine Heizungsanlage ausgibt, bekommt maximal 21 000 Euro (plus 2500 Euro für Biomasse), da sich der Zuschuss am maximal förderfähigen Betrag von 30.000 Euro orientiert“, rechnet Schmidt vor. „Wer mehr als 40 000 Euro im Jahr verdient, erhält für seine Heizung, die 30 000 Euro oder mehr kostet, einen Zuschuss von 30 Prozent, plus eventuell als Selbstnutzer Geschwindigkeitsbonus 20 Prozent - also 15 000 (plus 2500 Euro für Biomasse) Euro.“
Was gilt für Heizungen in Mehrfamilienhäusern?
Privatleute, die ein Mehrfamilienhaus besitzen oder einer Eigentümergemeinschaft angehören, können die Förderung ab dem 3. Mai 2024 beantragen. Sie bekommen für die erste Wohnung einen maximal förderfähigen Investitionsbetrag von 30 000 Euro anerkannt, für die zweite bis sechste Wohnung 15 000 Euro und für jede weitere Wohneinheit 8000 Euro.
„Konkret bedeutet dies für Eigentümer, die die Wohnung nicht selbst nutzen, einen Zuschuss von 9000 Euro für die erste Wohnung, für die zweite bis sechste Wohnung je 4500 Euro und ab der achten Wohnung je 2400 Euro Zuschuss“, so Schmidt. Ab August können Privatpersonen Förderungen für vermietete Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen beantragen.
Was gilt für den Klimageschwindigkeitsbonus?
Der Sonderbonus von 20 Prozent wird allgemein für den Austausch von alten Heizungen gewährt, die mit Öl oder Kohle geheizt werden, für Nachtspeicherheizungen und Gasetagenheizungen sowie für Gas- und Biomasseheizungen, die älter als 20 Jahre sind. Die neue Heizung darf nicht mit fossilen Energien gespeist werden.
Und wo bekommt man die Förderung?
Die Förderung können Eigentümer ab dem 27. Februar 2024 bei der bundeseigenen Bank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) beantragen. Seit Jahresbeginn kann man sich schon dafür auf deren Internetseite registrieren lassen. Das Besondere: Wer bereits seit Jahresbeginn und vor Ende August 2024 eine neue Heizung eingebaut hat, kann die Förderung rückwirkend noch bis zum 30. November beantragen, so Schmidt.
Muss man sich beeilen, um einen Zuschuss zu erhalten?
Wie jede Förderung ist auch der Heizungszuschuss ein Windhundverfahren. Wer zuerst kommt, erhält die Förderung zuerst. Wenn der Fördertopf leer ist, gibt es keine Zahlungen mehr, erläutert eine KfW-Sprecherin. Das Wirtschaftsministerium stellt für 2024 insgesamt elf Milliarden Euro zur Verfügung, für die nächsten Haushalte gibt es bereits finanzielle Planungen, sagte eine Sprecherin dieser Redaktion. Die Fördermittel seien „auskömmlich“ ausgelegt. Wer eine Förderungszusage erhält, hat danach 36 Monate Zeit, den Umbau umzusetzen.
Was muss man vor dem Einbau dringend klären?
Eigentümer sollten vorher bei ihrer Kommune erfragen, wie die Wärmeplanung für das eigene Wohngebiet aussieht. Ob ein Fernwärmenetz geplant ist oder eine Versorgung mit Wasserstoff. Dies müssen Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern bis spätestens 1. Juli 2026 bekannt geben. „Daran sollte sich dann auch die eigene Planung orientieren“, rät Schmidt.
Welche Heizungsart ist künftig die beste?
Wer seine Heizung erneuern will, muss vorher einen Energieberater klären lassen, welche Heizungsart die beste für das Haus ist. Der Expertenrat muss dem Förderungsantrag beigefügt werden. „Es kann eine elektrische Wärmepumpe sein, aber es gibt auch noch Alternativen, mit erneuerbaren Energien zu heizen“, sagt Schmidt. Dazu zählen: Biomasseheizungen, Stromdirektheizungen oder Solarthermie, auch Fern- und Nahwärme. „Da niemand genau weiß, wie sich die Energiepreise in Zukunft entwickeln, kann auch niemand mit Sicherheit sagen, welche Heizung künftig die günstigste ist“, so Schmidt.
Welche Vorteile haben Wärmepumpen?
„Eine Wärmepumpe ist in den allermeisten Fällen die effizienteste und umweltfreundlichste Heizung“, sagt Rainer Lang, Ingenieur beim Heizgerätehersteller Vaillant. „Sie bezieht rund drei Viertel der eingesetzten Energie kostenlos aus der Umgebungsluft, dem Boden oder dem Grundwasser. Wenn sie mit Ökostrom betrieben werden, sind Wärmepumpen sogar gänzlich emissionsfrei.“ Dies gelte auch für Neubauten. „Auch in vielen älteren, oft weniger isolierten Bestandsgebäuden ist eine Wärmepumpe häufig eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Lösung. Rund 70 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland sind auch ohne größere bauliche Maßnahmen für Wärmepumpen geeignet.“
Was kostet eine Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus?
Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe, bei der die Wärme aus der Außenluft geholt wird, kostet für ein Einfamilienhaus inklusive der für den Einbau notwendigen Installationsarbeiten rund 30 000 Euro, sagt der Ingenieur Lang. Eine Erdwärmepumpe, bei der man die Wärme aus dem Erdreich hole, koste aufgrund der einmalig zu setzenden Erdbohrung etwa 40 000 bis 50 000 Euro.
Warum kann es sinnvoll sein, mit dem Austausch noch zu warten?
„Die Wärmepumpen werden technisch immer besser und günstiger, auch für Wärmenetze und Biogas entstehen gerade neue Angebote“, sagt Energieberater Schmidt, „da kann sich etwas Warten durchaus lohnen.“ Gleichzeitig wisse niemand, wie lange der Fördertopf reiche. Zudem könne der Anschluss an ein Fern- oder Nahwärmenetz die bessere und günstigere Alternative sein.
Wie hoch ist der langjährige Einspareffekt?
Einspareffekte sind individuell unterschiedlich und hängen von zahlreichen Faktoren ab. Dazu zählen der Energiebedarf eines Gebäudes, der energetische Zustand des Hauses und das individuelle Heizverhalten. „Im Hinblick auf einen steigenden CO2-Preis und damit höhere Kosten für Gas und Öl dürfte Heizen mit Wärmepumpen in Zukunft wirtschaftlich immer interessanter werden“, sagt Ingenieur Lang. In Kombination mit einer Photovoltaikanlage könne sogar eigenerzeugter Strom genutzt werden.
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