Die Weltkrisen-Kugel dreht sich immer schneller. Erst Corona - und jetzt der Krieg in der Ukraine. „Wir spüren wegen der Ukraine nichts. Die Kunden plündern noch nicht ihre Konten“, sagt Helmut Augustin, stellvertretender Vorstandsvorstandsvorsitzender der Sparkasse Rhein Neckar Nord. Aber noch ist Putins Angriffskrieg zu frisch, um abschätzen zu können, wie er sich aufs Tagesgeschäft auswirkt. Andererseits sind die Sparkassen-Manager krisenerprobt. „Wir haben auch zwei Jahre Pandemie überstanden“, sagt Vorstandschef Stefan Kleiber.
Ein „anständiges“ Ergebnis
Vor diesem Hintergrund klingt es fast schon wie hanseatisches Understatement, dass Kleiber das abgeschlossene Geschäftsjahr 2021 als „anständig“ bezeichnet. Immerhin hat die Sparkasse einen Gewinn von vier Millionen Euro in diesem schwierigen Geschäftsumfeld erzielt. Der Ertrag bewegt sich damit auf dem Vorkrisen-Niveau. „Soll ich jetzt sagen: alles super, alles klasse?“, lautet Kleibers rhetorische Frage. Er spielt damit darauf an, dass nicht alles toll läuft. Vor allem die niedrigen Zinsen setzen der Sparkasse zu, weil diese sie einen „hohen einstelligen Millionenbetrag“ kosten.
Der Vorstand hat - anders als 2021 - wieder zur analogen Pressekonferenz in die Mannheimer Zentrale eingeladen. „Auch wenn man es uns nicht ansieht, wir sind 200 Jahre alt geworden“, witzelt Kleiber. Die Presse darf den Jubiläumsfilm anschauen, mit dem Mannheimer Comedian Bülent Ceylan als Protagonisten, der sich im Kurpfälzer Singsang - ohne Honorar - als Sparkassen-Fan outet. Das fällt ihm nicht schwer, weil seine Kinder Stiftung unter dem Dach der Stiftergemeinschaft der Sparkasse Rhein Neckar Nord angesiedelt ist.
Der Film, 14 Minuten lang, ist anders als die knallige Kinowerbung der Sparkassen eher ruhig gehalten. „Das geht nicht anders, dieser Film ist keine Werbung, sondern soll die Vergangenheit kritisch aufarbeiten. Dazu gehören die Nazi-Zeit ebenso wie der Mannheimer Sparkassen-Skandal 1998“, erklärt Kleiber.
Damals ging es um die Existenz der Sparkasse, als Glücksritter in Größenwahnsinn verfielen. Eine solch toxische Aura geht von Kleiber, Augustin und Thomas Kowalski, dem Mann fürs Kundengeschäft, nicht aus. „Das Geld der Sparkasse bleibt ja in den Kommunen. Wir sind nicht auf Gewinnmaximierung aus und irgendwelchen Aktionären verpflichtet, denen wir eine hohe Dividende zuweisen müssen, um als erfolgreich zu gelten“, kann sich Kleiber einen kleinen Seitenhieb auf klassische Banken nicht verkneifen.
Ein großes Problem bleiben für die Sparkasse die hohen Einlagen, das Volumen wuchs um 4,5 Prozent auf knapp über vier Milliarden Euro. Zwar erhebt die Sparkasse ab einem Freibetrag von 100 000 Euro Negativzinsen, doch diese können die Verluste nicht ausgleichen. „Die Zinsen steigen ja wieder ein wenig, ich hoffe, dass sich dieser Trend fortsetzt, die Europäische Zentralbank kann die hohe Inflationsrate nicht einfach tatenlos hinnehmen. Dann sind wir das Thema Negativzinsen hoffentlich bald los“, sagt Kleiber.
Trotz der in der Kurpfalz exorbitant gestiegenen Immobilienpreise ist die Nachfrage nach Baukrediten ungebrochen. Die Sparkasse konnte neue Darlehen in Höhe von 207 Millionen abschließen. „Die Nachfrage übersteigt das Angebot nach wie vor deutlich. Viele unserer Kunden könnten sofort finanzieren, ihnen fehlt aber die passende Immobilie“, sagt Kleiber.
Das Kreditvolumen wuchs mit 3,7 Milliarden Euro um fast acht Prozent. „Das Wachstum bei den Geschäftskunden war mit knapp elf Prozent noch ausgeprägter. Offensichtlich blicken die Unternehmen trotz Corona optimistisch in die Zukunft und investieren wieder mehr“, sagt Kleiber.
Seinen Charme verloren hat dagegen in Corona-Zeiten offensichtlich das Bargeld. Fast zehn Millionen Mal bezahlten die Kunden mit Karte. „Das ist offensichtlich ein Trend, der mit der Pandemie zusammenhängt. 2020 waren es rund neun Millionen Kartenzahlungen und 2019 noch 7,5 Millionen“, sagt Kowalski.
Die Kunden bezahlen aber nicht nur häufiger mit der Karte. Auch die Digitalisierung nimmt bei der Sparkasse langsam Fahrt auf. Von den rund 150 000 Konten sind inzwischen 110 000 fürs Online- und Mobile Banking freigeschaltet, 23 000 mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der App-Nutzer wuchs um 19 Prozent auf 41 000.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Sparkassen-Kunden sind Aktien-Muffel