Prozess - Mannheimer Landgericht verzichtet wegen Untreue in vier Fällen auf Gefängnis, verhängt aber Bußgeld in Höhe von 50 000 Euro

Ex-Bilfinger-Manager erhält Bewährungsstrafe und muss 50000 Euro zahlen

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
Lesedauer: 
Symbolbild. © Volker Hartmann

Mannheim. Vom „Streicheln des Egos“ spricht der Vorsitzende Richter der Großen Wirtschaftsstrafkammer Andreas Lindenthal, als er das Urteil gegen den Ex-Chefeinkäufer des Industriedienstleisters Bilfinger verkündet: Wegen Untreue in vier Fällen verhängt das Mannheimer Landgericht eine auf Bewährung ausgesetzte Haftstrafe von zwei Jahren plus 50 000 Euro Bußgeld - zu zahlen an soziale Einrichtungen.

In dem Mitte September gestarteten Prozess galt als Hauptvorwurf zu klären, ob der einstige Abteilungsleiter für seinen Traum einer Honorarprofessur an der Mannheimer Universität auf Firmenkosten Vorlesungsmaterialien bei einer Münchner Wirtschaftskanzlei in Auftrag gegeben hat oder ob die Spezialfolien auch für firmeninterne Schulungen gedacht waren. Kostenpunkt der teuren wie strittigen Power-Point-Präsentation: knapp eine halbe Million Euro.

Für die Kammer steht als „klares Ergebnis“ der Beweisaufnahme fest: Die akademischen Unterlagen boten „keinen Nutzen für betriebliche Fortbildung“, sondern dienten ausschließlich der privaten Lehr-Nebentätigkeit der einstigen Bilfinger-Führungskraft. Außerdem habe es für den Großauftrag weder eine schriftliche noch mündliche Genehmigung seitens des für solche Summen zuständigen Vorstandes gegeben.

Mehr zum Thema

Gerichtsprozess

Urteil im Prozess um Frontalzusammenstoß mit drei Toten erwartet

Veröffentlicht
Von
dpa
Mehr erfahren

Seine Ausführungen zum Urteil leitet der Vorsitzende Richter mit „Vorbemerkungen zur Persönlichkeit“ des heute 60-Jährigen ein: „Die Kammer hat einige narzisstische Züge festgestellt. Karriere, Renommee und Ansehen waren dem Angeklagten äußerst wichtig.“ Der Umstand, dass die Position als Einkaufschef „keine Luft mehr nach oben zuließ“, habe wohl den Drang befördert, in Zusammenhang mit dem von Bilfinger und anderen Unternehmen gesponserten Uni-Stiftungslehrstuhl für Einkaufsmanagement eine weitere Karriere als Nebentätigkeit zu starten. Bei seinen finanziellen Verschleierungsmaßnahmen mit „durchaus krimineller Energie“, so Lindenthal, habe sich der erfolgreiche Abteilungsleiter „für unangreifbar“ gehalten.

Gefängnis ja oder nein? Mit dieser Frage habe sich die Große Wirtschaftsstrafkammer intensiv beschäftigt. Als Gründe für Bewährung nennt der Vorsitzende Richter, dass der 60-Jährige vorher nie straffällig war und inzwischen den Untreue-Schaden komplett ausgeglichen hat. Außerdem habe es Bilfinger dem Chef-Einkäufer vor sieben Jahren (so lange liegen die Vorwürfe zurück) mit „laxen Kontrollen“ leicht gemacht, sich auf Firmenkosten zu bereichern. Das Gericht verweist darauf, dass ein untergebener Mitarbeiter die beiden Rechnungen für Vorlesungsfolien von jeweils knapp 250 000 Euro ohne gezielte Prüfung zur Auszahlung freigab.

Am Vormittag hat die Staatsanwältin eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten gefordert, während der Verteidiger für Freispruch beziehungsweise eine Bewährungsstrafe plädierte.

Freie Autorin

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen