Handelsstreit - Hersteller klagt über gestiegene Zellstoffpreise und verlangt neue Konditionen bei den Handelsketten

Essity will mehr Geld fürs Toilettenpapier - und fordert Edeka heraus

Von 
Sabine Rößing
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Ob es auch künftig Zewa-Produkte in den Edeka-Regalen gibt – und zu welchem Preis, darüber laufen offenbar harte Verhandlungen zwischen Hersteller Essity und dem Handelskonzern Edeka. © Christoph Blüthner

Im stark konzentrierten deutschen Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) ist es selbst für große Nahrungsmittel- und Konsumgüterhersteller nicht einfach, gestiegene Preise an die Verbraucher weiterzureichen. Nur wenige, zumeist global aufgestellte Produzenten wagen die Kraftprobe. Zu groß ist das Risiko, auch mit namhaften Produkten aus den Regalen der Supermärkte zu fliegen - und das womöglich auch noch von Flensburg bis München.

Schlagzeilen macht deshalb in diesen Tagen der Konditionen-Streit zwischen LEH-Marktführer Edeka und Essity. Der schwedische Hygieneprodukte-Hersteller hat seinen Hauptsitz in Stockholm und einen großen Standort in Mannheim. In dessen klangvolles Markenportfolio, mit dem der Konzern im Vorjahr weltweit 11,6 Milliarden Euro umsetzte, gehören unter anderem Zewa-Haushalts- und Tempo-Taschentücher.

Weltweiter Mangel

Der Konzern bekommt in diesen Tagen die Folgen eines weltweiten Zellstoffmangels zu spüren. Die Holzpreise hatten im Herbst massiv angezogen, boomende Online-Bestellungen treiben zusätzlich den Bedarf an Karton-Verpackungen, Energie- und Logistikkosten steigen satt.

Durch die Decke gegangen seien die Zellstoffpreise, argumentierte der Essity-Chef für das globale Konsumgütergeschäft, Volker Zöller, in Interviews. Um nicht weniger als 20 Prozent müsse der Konzern die Preise erhöhen. Das Problem: Die Schweden wollen offenbar auch laufende Verträge nachbessern. Dazu werde er mit Großhändlern und Handelsketten in Kontakt treten, hatte Zöller angekündigt.

Dagegen wehrt sich die Edeka: „Wir versuchen momentan, das unredliche Verhalten einiger Konsumgüterhersteller zu revidieren,“ zitiert die „Lebensmittel Zeitung“ den Edeka-Chef Markus Mosa. Dass die Hamburger in Konditionenstreitigkeiten nicht so einfach kleinbeigeben, haben sie in der Vergangenheit schon bewiesen. So beschäftigte eine Auseinandersetzung mit dem Fruchtsaft-Produzenten Eckes-Granini die Gerichte, nachdem Edeka die Traditionsmarke in Folge eines Konditionenstreits durch eine Eigenmarke ersetzt hatte.

Aufmerksamkeit erregten die Edekaner auch im Zwist mit Ketchup-Hersteller Heinz-Kraft. Der US-Konzern wollte die Preise zweistellig erhöhen und stellte vorübergehend die Belieferung ein. Die Edeka hob kurzerhand ein eigenes Produkt in die Regale. Öffentlichkeitswirksam stritt Deutschlands größter Lebensmittelhändler schließlich auch mit dem US-Multi Pepsico (Pepsi, Lipton-Eistee).

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Ton wird ruppiger

In vielen Edeka-Märkten ist das Zewa-Sortiment inzwischen offenbar nur noch eingeschränkt erhältlich. Dem Vernehmen nach droht der Handelsfilialist mit juristischen Schritten. „Wir rechnen nicht damit, dass sich die Lage in den nächsten Monaten entspannt. Preiserhöhungen sind daher unausweichlich“, formuliert eine Essity-Sprecherin.

Mit dieser Haltung stehen die Schweden nicht allein. Auf breiter Front stöhnen Landwirte und Nahrungsmittelhersteller über explodierende Herstellungs- und Transportkosten. Dünger, Saatgut und Pflanzenschutzmittel steigen im Preis, Hersteller fahren wegen hoher Energieausgaben die Produktion herunter, Bauern legen Flächen still. Grundprodukte wie Palmöl oder Soja verteuern sich kontinuierlich. Konsumgüterhersteller wie Danone, Nestlé oder Unilever haben bereits angekündigt, diesen Preisschub durchreichen zu wollen.

Kein Wunder, dass der Ton zwischen Handel und Industrie in diesen Tagen so ruppig sein soll wie schon lange nicht mehr. „Wir stehen kontinuierlich in Gesprächen mit unseren wichtigen Lieferanten“, antwortet eine Edeka-Sprecherin ausweichend auf die Frage, ob es aktuelle Verhandlungen zu Preis-Nachforderungen gebe.

Man erwarte für 2022 herausfordernde Jahresgespräche, ließ der Konzern wissen. Dem stimmt Essity zu. Manche Produzenten pochen darüber hinaus auf Preisklauseln, welche die Verkaufspreise an Rohstoff- und Energiekosten koppeln würden.

Entlastung im Bereich der Herstellungskosten erhofft sich Essity derweil durch die Ende September 2020 in Mannheim in Betrieb gegangene Produktionsanlage. Stroh anstelle des teuren Holzes wollen die Schweden hier als Rohmaterial für die Zellstoffproduktion einsetzen. Die neue Fabrik soll jährlich 35 000 Tonnen produzieren. 40 Millionen Euro hat das Unternehmen in die neue Fabrik investiert.

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