Walldorf. Cawa Younosi, Personalchef von SAP Deutschland, ist bekannt dafür, ungewöhnliche Ideen umzusetzen. Jetzt hat er einen neuen Einfall.
Es geht um eine Art betrieblicher Gesundheitsförderung für Frauen, an die die meisten Unternehmen wohl überhaupt nicht denken: SAP will schon bald in allen Toiletten kostenlose Tampons auslegen. In Büros werde fast nie über Menstruation gesprochen. „Es bringt nichts, ein Tabuthema totzuschweigen“, sagt Younosi vor dem Club der kurpfälzischen Wirtschaftsjournalisten in Walldorf. In diesem Club treffen sich regelmäßig Wirtschaftsjournalisten und Unternehmenssprecher aus der Region.
Seit 2018 ist Younosi Personalchef von SAP Deutschland und damit verantwortlich für rund 24 000 Beschäftigte. Er zählt zu den bekanntesten Personalmanagern Deutschlands - und hat bei SAP unter anderem Führungspositionen in Teilzeit eingeführt.
Seine Überzeugung: Nur zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen gerne zur Arbeit. „Unser Ziel ist, dass die Beschäftigten sagen: Was ich bei SAP bekomme, bekomme ich woanders nicht. Es geht um die Unternehmenskultur.“ Diese soll zudem helfen, junge Talente anzulocken und zu halten. Fachkräfte sind hart umkämpft.
Kellner und Kioskbesitzer
Kostenloses Mittagessen und Gratis-Getränke sind Standard für die Beschäftigten. Sie können arbeiten von wo aus sie wollen, Abstimmung mit der Führungskraft vorausgesetzt. Seit Gründung von SAP gilt Vertrauensarbeitszeit. Eine strenge Arbeitszeiterfassung passe nicht zu SAP und schaffe zudem Bürokratie, erklärt Younosi. Hintergrund ist das jüngste Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt, das die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in allen Unternehmen, unabhängig von der Größe, bekräftigt hat.
Der Lebenslauf des Managers ist alles andere als gewöhnlich. Younosi, 46 Jahre alt, stammt aus Afghanistan. Als Jugendlicher flüchtet er aus seiner Heimatstadt Kabul. Irgendwann setzt ihn sein Vater in ein Flugzeug nach Deutschland. Er schlägt sich durch in der Schule und später auch. Während des Jura-Studiums in Bonn jobbt Younosi als Kellner, Handyverkäufer und Kioskbesitzer. Seine Karriere startet er als Arbeitsrechtler bei der Deutschen Telekom. 2009 der Wechsel zu SAP.
Seit dem Jahr 2018 ist der Vater eines Sohnes Personalchef von SAP Deutschland und seit einiger Zeit Leiter von „People Experience“ - einer globalen Dachorganisation, die alle Personalleitungen von SAP weltweit zu einem Team zusammenführen soll.
Die Corona-Pandemie hat auch das Arbeitsleben bei Europas größtem Softwarekonzern verändert. „Die Beschäftigten haben sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren wohl zuhause eingerichtet und können ihre Arbeit genauso gut von dort aus verrichten“, erklärt Younosi. Wenn man die Stunden zusammenzählt, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur noch zwei Tage die Woche im Büro. An der Produktivität will SAP keinen Unterschied spüren. „Wohl aber, wie alle anderen Unternehmen mit hohem Anteil an Homeoffice auch, in der Innovationskraft.“
Die Folge: „Wir müssen ihnen Gründe liefern, um ins Büro zu kommen.“ Vor Kurzem gab es zum Beispiel einen „Mobility Day“ am Stammsitz Walldorf. Beschäftigte konnten dort von einem Hersteller ihre Fahrräder kostenlos warten lassen. Dazu gab es viele Fahrräder und Autos zum Anschauen.
Nach und nach baut SAP den Standort für die neue Arbeitswelt um, nächstes Jahr wird das Hauptgebäude kernsaniert. Es gibt große Büros, kleine Büros, Besprechungszimmer mit Schaukelstühlen und Deckenkinos. Eltern-Kind-Büros mit Spielzimmer sind geplant. Wegen der Nachhaltigkeit sollen ab dem Jahr 2025 nur noch Elektroautos zur Dienstwagenflotte gehören.
„Eine Führungskraft muss Leidenschaft für das Führen haben“, ist Younosi überzeugt. Es dürfe nie um irgendwelche Privilegien gehen. Vielmehr um emotionale Intelligenz, Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern und lösungsorientiertes Denken. Beim Softwarekonzern werden übrigens die Führungskräfte von den Mitarbeitern benotet - und nicht andersherum.
Katzen-Fans melden sich
Mit einem neuen Benefit hat SAP auf sich aufmerksam gemacht: der „Wau Wau“-App. Beschäftigte sollen sich damit eine Betreuung für ihren Hund organisieren können. Allerdings sind auch Katzen-Besitzer auf der Plattform aktiv geworden. „Ich wusste nicht, dass Katzen auch Betreuung brauchen“, sagt Younosi. „Vielleicht sollten wir die App in ,Wau-Miau’-App umbenennen.“
Cawa Younosi ist eifrig auf sozialen Netzwerken unterwegs, allein auf LinkedIn folgen ihm 80 000 Menschen. Er postet dies, er postet das, alles, was ihm gerade wichtig erscheint. Im Hintergrund arbeitet kein Team, Younosi schreibt alle Einträge selbst. Christian Klein, Vorstandssprecher von SAP, hat mehr Follower - auf LinkedIn fast 160 000. „Trotzdem können wir gut miteinander“, sagt Younosi und lacht.
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