Mannheim. Wenn Frauen Kinder bekommen, scheiden sie oft jahrelang aus dem Berufsleben aus und arbeiten oft auch nach dem Wiedereinstieg nur noch Teilzeit. Das macht sich später bei der Rente negativ bemerkbar. Der Einkommensverlust von Müttern nach der ersten Geburt ist in Deutschland allerdings deutlich höher als bislang angenommen. Das hat eine neue Studie des ZEW Mannheim gemeinsam mit der Universität Tilburg ergeben.
Wie groß sind denn die Einkommensverluste?
Mütter verdienen im vierten Jahr nach der Geburt durchschnittlich fast 30.000 Euro weniger als gleichaltrige Frauen ohne Kinder. Bisherige Schätzungen gingen von rund 20.000 Euro aus und lagen damit etwa 30 Prozent zu niedrig.
Sind die Gehaltseinbußen bei allen Müttern gleich hoch?
Nein. „Werden Frauen unter 30 Jahren erstmals Mutter, erleiden sie Einkommensverluste und verpassen auch wichtige Karriereschritte in der besonders prägenden frühen Berufsphase. Das hat natürlich auch Folgen für ihren weiteren Werdegang“, sagt ZEW-Forscher Lukas Riedel. Nach Riedls Darstellung sind die Einbußen aber bei Frauen, die zu einem späteren Zeitpunkt Kinder bekommen, zunächst größer, weil sie dann schon verdienen und sich im Arbeitsmarkt etabliert haben. Deshalb verzeichnen sie in absoluten Zahlen stärkere Einbußen im Einkommensniveau, beispielsweise durch reduzierte Arbeitszeiten. Dennoch haben sie einen Vorteil: „Langfristig gelingt es ihnen aber besser, ihre Karriere nach der Geburt wieder aufzunehmen“, sagt Riedel. Der Grund dafür: „Je älter und damit berufserfahrener die Mutter, desto geringer sind nach einigen Jahren die Verluste gegenüber dem Einkommen vor der Geburt“, so der ZEW-Wissenschaftler.
Jüngere Mütter verpassen dagegen durch die Geburt auch Lohnwachstum. Deshalb sind ihre relativen Verluste – so die Studie – größer und weisen in der Zeit nach der Geburt zudem einen deutlich negativen Trend auf. „Sie können den Karriererückstand nach der Geburt also oft nicht mehr aufholen“, sagt Riedel. Die Einbußen werden dabei sowohl in absoluten Zahlen als auch relativ zum Einkommen vor der Geburt betrachtet. Es kann sogar ein relativer Verlust von über 100 Prozent entstehen, wenn das entgangene Lohnwachstum berücksichtigt wird.
Warum waren die bisherigen Schätzungen niedriger?
Das ZEW führt dies auf methodische Schwächen zurück. Anders als viele Studien hat das Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstitut nicht Mütter untereinander, sondern Mütter mit gleichaltrigen Frauen ohne Kind verglichen. „So können wir die Einkommensentwicklung im Fall ohne Geburt realistisch abbilden sowie die weiter fortgeschrittenen Karrieren älterer Mütter berücksichtigen“, sagt Valentina Melentyeva, Koautorin von der Universität Tilburg. Riedel ergänzt: „Dieses Vorgehen erlaubt nicht nur, die Einkommensverluste nach der Geburt abhängig vom Alter der Mütter zu schätzen. Zusätzlich lassen sich so auch unterschiedliche Ursachen für die Gehaltsunterschiede analysieren.“
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